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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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„Revanche“ und – bei Mangel an moralischen<br />

Barrieren – zu extrem sadistischen Handlungen<br />

kommen.<br />

PatientInnen zu meiden zählt ebenfalls zu den<br />

möglichen Reaktionen: Die PflegerInnen beachten<br />

die PatientInnen nicht, verlassen das Zimmer oder<br />

sperren die Tür ab, hängen die Klingel so hoch,<br />

dass sie nicht mehr erreicht werden kann, etc.<br />

Darüber hinaus äußern alte Menschen mitunter den<br />

Wunsch zu sterben – aus Angst, anderen zur Last<br />

zu fallen, verstärkt durch die Ohnmacht und Hilflosigkeit,<br />

mit der sich Pflegebedürftige der<br />

mächtigen, undurchschaubaren Institution und der<br />

scheinbaren Willkür des Personals ausgeliefert<br />

sehen. Aus dieser Situation heraus kann eine<br />

Dynamik entstehen, die bis zur Tötung aus Mitleid<br />

führt.<br />

Schulung wird von ExpertInnen als eine der Möglichkeiten<br />

gesehen, gewalttätige Übergriffe zu verhindern<br />

bzw. zu reduzieren und die Pflege alter<br />

Menschen, die körperlich Schwerstarbeit ist und<br />

durch die ständige Konfrontation mit Tod und Verfall<br />

besonders hohe psychische Ansprüche an das<br />

Pflegepersonal stellt, zu bewältigen.<br />

2. 3. Gewalt im sozialen Nahraum<br />

Nach internationalen Erhebungen erfahren bis zu<br />

10% aller alten Menschen Gewalt im sozialen Nahbereich.<br />

Körperliche Übergriffe zählen hierbei zu den<br />

häufigsten Gewaltformen.<br />

2. 3. 1. Gewalt gegen pflegebedürftige<br />

alte Menschen in der Familie<br />

Die wenigen vorhandenen Studien über Gewalt<br />

gegen pflegebedürftige alte Menschen machen<br />

deutlich:<br />

Gewalt ist in allen sozialen Schichten anzutreffen.<br />

Das Leben in einem gemeinsamen Haushalt<br />

steigert das Risiko für Übergriffe. Enges<br />

Zusammenleben begünstigt schwelende und<br />

offene Konflikte, was auch für stresshafte<br />

Situationen, die durch das Wohnen mit einem<br />

hilfe- und pflegebedürftigen Menschen entstehen,<br />

gilt.<br />

TäterInnen sind überwiegend erwachsene Kinder<br />

bzw. Schwiegerkinder, seltener die EhepartnerInnen.<br />

Die TäterInnen müssen aber nicht unbedingt<br />

in die Pflege involviert sein.<br />

Töchter üben eher psychische Gewalt aus oder<br />

vernachlässigen die Pflegebedürftigen. Söhne<br />

werden eher physisch gewalttätig.<br />

72<br />

Pflegende Angehörige, die Gewalt anwenden,<br />

fühlen sich fast immer mit der Pflegesituation<br />

überfordert. D.h., die TäterInnen sind gleichzeitig<br />

gewissermaßen Opfer von Überforderung.<br />

Das größte Risiko Opfer von Gewalt zu werden,<br />

tragen Frauen im Alter von 75 und mehr Jahren.<br />

Einschränkend muss allerdings angeführt werden,<br />

dass Frauen in dieser Altersgruppe überwiegen<br />

und sich daher auch länger in einer Situation der<br />

Pflegebedürftigkeit befinden.<br />

Widersprüchliche Ergebnisse gibt es zur Frage, ob<br />

die Gefahr, Opfer zu werden wächst, je schlechter<br />

der Gesundheitszustand eingeschätzt wird. Viele<br />

ForscherInnen sehen hier einen Zusammenhang.<br />

Andere halten dem entgegen, dass der Gesundheitszustand<br />

an sich kein Risiko darstellt. Ausschlaggebend<br />

ist vielmehr die Gebrechlichkeit, die die<br />

Fähigkeit vermindert, sich zu wehren oder der<br />

Situation entfliehen zu können.<br />

3. DAS AUSMASS VON GEWALT<br />

Was das Ausmaß der Gewalt gegen alte Menschen<br />

betrifft, so fehlen, wie auch in anderen Bereichen der<br />

(familiären) Gewalt, repräsentative Zahlen.<br />

Gründe sind:<br />

das Fehlen einheitlicher Definitionen;<br />

die mangelnde Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen;<br />

Grenzen bei der Übertragbarkeit von Daten aus<br />

anderen Ländern auf hiesige Verhältnisse;<br />

das große Dunkelfeld;<br />

die schwierige Unterscheidung, ob die Symptome<br />

von Misshandlungen oder vom Alternsprozess<br />

herrühren;<br />

das Bestreben der Betroffenen, ihre Privatsphäre<br />

zu wahren;<br />

bei ExpertInnenbefragungen: die selektive Wahrnehmung<br />

und Befangenheit durch Berufsethos<br />

und Schweigepflicht;<br />

bei Aktenanalysen: die Dokumentationen in den<br />

Akten orientieren sich zumeist nicht an wissenschaftlichen<br />

Kriterien.<br />

Dennoch wird in manchen Untersuchungen davon<br />

ausgegangen, dass etwa die Hälfte der alten<br />

Menschen irgendeiner Form von Gewalt ausgesetzt<br />

ist. Anzunehmen ist, dass dieses hohe Ausmaß auf<br />

einer sehr weit gefassten Definition beruht, die<br />

verbale Gewalt und Vernachlässigung mit einschließt.

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