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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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II. GEWALT GEGEN KINDER<br />

1. TÄTER UND TÄTERINNEN<br />

Warum werden Menschen zu TäterInnen? Welche<br />

Personengruppen sind besonders gefährdet? Was<br />

sind die Motive der TäterInnen? Welche Strategien<br />

wenden sie an? Gibt es den/die „typische/n<br />

TäterIn“? – so lauten einige der zentralen Fragen,<br />

mit denen sich die Wissenschaft in den letzten<br />

Jahren befasst hat.<br />

Welche Antworten gefunden wurden, ist Thema der<br />

nachfolgenden Ausführungen.<br />

1. 1. Hintergründe für physische Gewalt<br />

Gerade „mildere“ Formen der Gewaltanwendung –<br />

wie etwa Ohrfeigen – stellen in weiten Kreisen der<br />

Gesellschaft ein nach wie vor toleriertes Erziehungsmittel<br />

dar. Diese Akzeptanz wird auch als wesentlicher<br />

Grund für die Häufigkeit von körperlicher<br />

Gewalt an Kindern gesehen. Mitunter entsteht sogar<br />

der Eindruck, dass die Zahl der öffentlich bekannt<br />

gewordenen Misshandlungsfälle steigt. ExpertInnen<br />

meinen dazu, dass nicht die Gewalt, sondern<br />

vielmehr das Problembewusstsein in der<br />

Bevölkerung zugenommen hat. Sie werten dies als<br />

Anzeichen dafür, dass körperliche Übergriffe von<br />

Erziehungsberechtigten immer weniger gut geheißen<br />

werden.<br />

Zur Frage, wer eher misshandelt – Mütter oder Väter,<br />

zeigt sich in österreichischen Studien ein in etwa<br />

ausgeglichenes Verhältnis. Studien aus dem Ausland<br />

ergeben hingegen, dass (leibliche) Väter eher Gewalt<br />

gegen ihre Kinder anwenden als Mütter. In älteren<br />

Studien überwiegen zumeist misshandelnde Mütter.<br />

Bei genauerem Blick auf die untersuchten Fälle zeigt<br />

sich aber, dass alleinerziehende Mütter in den Stichproben<br />

überproportional vertreten sind, d.h., die<br />

Ergebnisse verzerrt sind.<br />

ForscherInnen betonen daher, dass eine Gegenüberstellung<br />

von misshandelnden Müttern und<br />

Vätern aus wissenschaftlicher Sicht nur zielführend<br />

ist, wenn beide zu gleichen Teilen Zeit und Verantwortung<br />

in ihre Kinder investieren – was derzeit<br />

kaum der Fall ist.<br />

Zahlreiche Studien bestätigen, dass viele Väter und<br />

Mütter, die ihre Kinder misshandeln, selbst von ihren<br />

Eltern misshandelt oder körperlich bestraft wurden.<br />

Neben der Tatsache, dass Gewalterfahrungen in der<br />

25<br />

Kindheit dazu beitragen, dass kulturelle Normen, die<br />

die Anwendung von Gewalt billigen oder sogar fördern,<br />

weiter getragen werden, ergibt sich noch eine<br />

weitere Konsequenz: Kinder als Opfer von Gewalt<br />

lernen, dass Gewalt in bestimmten Situationen als<br />

Mittel eingesetzt werden kann, um ein bestimmtes<br />

Ziel zu erreichen.<br />

Eine wichtige Rolle dabei, ob die Gewalterfahrungen<br />

in der Kindheit wieder in Gewalt an den eigenen<br />

Kindern münden, spielen die persönlichen Bindungen<br />

der betroffenen Person. So kann z.B. eine funktionierende<br />

Partnerschaft zu einer Bewältigung der<br />

eigenen Gewalterfahrungen beitragen. Umgekehrt<br />

zeigt sich, dass z.B. Mütter, die Gewalt durch ihren<br />

Partner erfahren, ihre Kinder häufiger misshandeln,<br />

die Gewalt also weiter geben.<br />

Das Misshandlungsrisiko ist vor allem bei sehr<br />

jungen Eltern (25- bis 30-Jährige) sehr hoch.<br />

Begründet wird dies damit, dass sie oft mehr<br />

Belastungen und größerem Stress ausgesetzt sind<br />

als ältere Eltern.<br />

Zahlreiche Untersuchungen stellen einen<br />

Zusammenhang zwischen belastenden sozioökonomischen<br />

Lebensverhältnissen und Gewalt in der<br />

Familie her. Sie belegen, dass TäterInnen häufig in<br />

Armut leben, arbeitslos sind, schlecht bezahlten<br />

Tätigkeiten nachgehen. An der Aussagekraft der<br />

Ergebnisse gibt es jedoch begründete Zweifel.<br />

ForscherInnen argumentieren, sie seien verzerrt,<br />

weil in Mittelschichtfamilien eher versucht würde,<br />

(soziale) Probleme selbst zu lösen und die<br />

Intervention einer Behörde nur sehr selten<br />

gewünscht werde. Somit würden aber auch Fälle<br />

von Gewalt in der Familie weniger oft bekannt.<br />

Diese Kritik führt zur Schlussfolgerung, dass die<br />

soziale Schicht kein signifikantes Merkmal für das<br />

Vorkommen familiärer Gewalt ist.<br />

Wenig untersucht sind die Hintergründe für die<br />

Vernachlässigung von Kindern. Einige Untersuchungen<br />

weisen jedoch auf bestimmte Risikofaktoren<br />

hin, nämlich:<br />

extreme Armutsverhältnisse und soziale Randständigkeit,<br />

psychische Erkrankungen der Eltern,<br />

geistige Behinderung der Eltern,<br />

Alkohol- und Drogenprobleme der Eltern.

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