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Gewaltbericht - Kurzfassung - BMWA

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scheidend für das Urteil ist, ist die Frage nach dem<br />

Grund für die Tötung des Partners nur bedingt aussagekräftig,<br />

vor allem während noch laufender Verfahren.<br />

Interessant ist jedoch, dass Notwehr<br />

allgemein als erfolgversprechende Verteidigungsstrategie<br />

angesehen wird, obwohl dies keine<br />

Bestätigung in der Analyse von Begründungen für<br />

„Freisprüche“ findet.<br />

In drei Studien im deutschsprachigen Raum wurde<br />

festgestellt, dass Gewalt von Frauen an Männern<br />

selten spontan begangen wird. Sehr oft gibt es eine<br />

Vorgeschichte von Gewalt – die Frau wurde von<br />

ihrem Partner, mitunter über sehr lange Zeiträume,<br />

misshandelt und entschließt sich irgendwann zur<br />

Tötung des Partners, die dann sorgfältig geplant<br />

wird.<br />

4. VERHALTENSWEISEN UND<br />

BEWÄLTIGUNGSTRATEGIEN<br />

VON MÄNNERN<br />

Wie bei weiblichen Betroffenen stellt sich auch bei<br />

misshandelten Männern die Frage, warum sie bei<br />

ihrer Partnerin bleiben. Festgestellt wurde, dass die<br />

Beweggründe von weiblichen und männlichen<br />

Opfern sehr ähnlich sind:<br />

Sie haben bereits in der Herkunftsfamilie Gewalt<br />

erfahren – Gewalt ist sozusagen „normal“.<br />

Die Übergriffe haben selten stattgefunden und<br />

wurden nicht als gravierend wahrgenommen.<br />

Es mangelt an alternativen Lebenskonzepten.<br />

Zur Frage nach dem Umgang von Männern mit<br />

Gewalt in Partnerschaften zeigt sich, dass Männer<br />

eher defensiv reagieren, als selbst gewalttätig gegen<br />

ihre Partnerin zu werden.<br />

Welche Strategie sie im Einzelfall wählen, hängt<br />

dabei von verschiedenen Faktoren ab:<br />

vom Austausch zwischen Opfer und Täterin<br />

(Möglichkeit über die stattgefundene Gewalthandlung<br />

zu sprechen, über Ursachen und Folgen zu<br />

reflektieren und bestehende Probleme zu diskutieren<br />

und zu lösen);<br />

vom Schweregrad der Verletzung;<br />

vom angenommenen und/oder empfundenen<br />

Erfolg der jeweiligen Bewältigungsstrategie;<br />

von der Billigung der Gewalthandlung (stammt das<br />

Opfer aus einer Familie, in der körperliche Gewalt<br />

angewandt wurde, so wird es Gewalt in einer Partnerschaft<br />

eher tolerieren);<br />

vom Vorhandensein anderer sozialer Beziehungen<br />

als Alternative zur Gewaltbeziehung.<br />

68<br />

Die nachfolgend dargestellten Strategien sollen<br />

einen Überblick über Bewältigungsmöglichkeiten<br />

geben. In der Praxis werden sie von den Betroffenen<br />

oft parallel oder hintereinander eingesetzt.<br />

4. 1. Konsequenzen ziehen<br />

Das Opfer sucht oder fordert eine Veränderung oder<br />

stellt die Beziehung selbst in Frage. Diese Strategie<br />

wird vor allem dann gewählt, wenn die Gewalthandlung<br />

als tiefer Einschnitt in die Beziehung<br />

empfunden wurde, wenn kein Austausch stattfinden<br />

konnte bzw. dieser zu keiner Veränderung führte.<br />

Sie ist allerdings sozial sehr kostenintensiv und verläuft<br />

meist konflikthaft.<br />

Die Konsequenzen können folgende sein:<br />

Rache, Vergeltung und Verweigerung<br />

In diesem Fall revanchiert sich das Opfer für die<br />

erlittenen Verletzungen und Demütigungen. Hier<br />

handelt es sich aber nicht um Kurzschlussreaktionen,<br />

sondern um geplante Racheakte. Diese<br />

reichen vom Verbreiten von Gerüchten, über Liebesentzug,<br />

gewalttätige Attacken bis hin zum Mord.<br />

Auffallend ist, dass viele Opfer aus Angst vor<br />

Stigmatisierung (z.B. als asozial bezeichnet zu<br />

werden) davor zurückschrecken, die Gewalt öffentlich<br />

zu machen.<br />

Trennung, Scheidung, Abbruch und vorübergehende<br />

Auflösung der Beziehung<br />

Diese Strategie zählt zu den kostenintensivsten<br />

Formen der Bewältigung, da sie mit dem Verlust der<br />

Beziehung als Lebensgrundlage und Lebensperspektive<br />

verbunden ist. Für diese Strategie spricht,<br />

dass als Grund für die räumliche Trennung verschiedene<br />

Motive genannt werden können – d.h.,<br />

die Gewalt als Ursache nicht benannt werden muss<br />

und somit auch dem Image von Opfer und Täterin<br />

nicht geschadet wird.<br />

Die Praxis zeigt allerdings, dass misshandelte<br />

Männer seltener als von Gewalt betroffene Frauen<br />

eine Beziehung beenden. Eine wichtige Rolle bei der<br />

Entscheidung für die Trennung spielen die Tiefe der<br />

Beziehung und die subjektive Billigung der Übergriffe.<br />

Je enger die Partnerschaft ist und je legitimer<br />

Gewalt dem betroffenen Mann erscheint, desto<br />

geringer ist seine Bereitschaft, sich zu trennen.<br />

Welche Rolle soziale und ökonomische Gründe bei<br />

der Entscheidung für eine Trennung spielen, wird<br />

von wissenschaftlichen Studien widersprüchlich<br />

beantwortet. Während sie die einen als Gründe für<br />

die Trennung ausweisen, bewerten sie andere als<br />

Gründe, die aus Sicht der Betroffenen gegen die<br />

Trennung sprechen.

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