2007 Dissertation_Christanell.pdf
2007 Dissertation_Christanell.pdf
2007 Dissertation_Christanell.pdf
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
7 Möglichkeiten der persönlichen Wetter- und<br />
Witterungsvorhersage über die sinnliche Wahrnehmung<br />
Das Wetter kann – wie ich in diesem Kapitel und seinen Unterkapiteln darstellen werde –<br />
über alle Sinne erfasst werden. Über Sinneswahrnehmungen, Beobachtungen zu<br />
Vorgängen in der Umwelt ist es möglich Aussagen über zukünftige Wetterverhältnisse zu<br />
treffen. Die befragten Bäuerinnen und Bauern wussten über eine Vielzahl von Zeichen in<br />
der Umwelt Bescheid, aus denen heraus man auf zukünftige Entwicklungen des Wetters<br />
oder der Witterung schließen kann. Auf die sinnliche Wahrnehmung von Wetterzeichen in<br />
der Umwelt und Zeichen des eigenen Körpers bei bestimmten Wetterverhältnissen werde<br />
ich in den Kapiteln 7.1 und 7.2 eingehen.<br />
Des Weiteren, wenn auch in weit weniger Umfang, sind meinen GesprächspartnerInnen in<br />
der Weststeiermark Witterungsregeln bekannt, in denen frühere Beobachtungen zu<br />
zyklischen Abläufen des Wetters und der Witterung zumeist in Spruchform gespeichert<br />
wurden. Während das Beobachten von Wetterzeichen zumeist eine kurzfristige<br />
Wettervorhersage erlaubt, dienen Witterungsregeln der Vorhersage von<br />
Witterungsverhältnissen über mehrere Wochen oder Monate. Es sind dies vor allem<br />
einige Lostage, die von meinen GesprächspartnerInnen genannt wurden, und auf die ich<br />
im Kapitel 7.3 eingehen werde.<br />
Ob diese Möglichkeit der persönlichen Wettervorhersage über die eigenen Sinne von den<br />
Bäuerinnen und Bauern auch genutzt wird und nach wie vor relevant ist, wo doch der<br />
Zugang zu Wetterberichten des Fernsehens, des Radios, der Zeitungen oder des<br />
Internets ein leichter ist, darauf werde ich in den folgenden Unterkapitel wiederholt<br />
eingehen.<br />
7.1 Wissen über Wetterzeichen und deren Relevanz für die persönliche<br />
Wettervorhersage<br />
Unter dem Begriff „Wetterzeichen“ verstehe ich Anzeichen in der Natur, aus deren<br />
Beobachtung heraus von Menschen auf den weiteren Wetterverlauf der folgenden<br />
Stunden, Tagen oder auch Wochen geschlossen werden kann. Anzeichen liefern dabei<br />
Wind, Wolken, Nebel und andere Wettererscheinungen, aber auch Tiere und Pflanzen.<br />
Der Meteorologe Horst Malberg trennt in seinem Buch „Bauernregeln – aus<br />
meteorologischer Sicht“ (2003) „Wetterregeln“ und „Tier- und Pflanzenregeln“, diese<br />
Regeln sind bei mir jedoch unter dem Begriff „Wetterzeichen“ zusammengefasst.<br />
Von Wind, Wolken, Nebel oder Tieren auf den zukünftigen Wetterverlauf zu schließen,<br />
scheint in der ersten oberflächlichen Betrachtung nicht sehr kontextspezifisch zu sein.<br />
Wetterzeichen sind jedoch, wie in Folge aufgezeigt wird, häufig mit bestimmten<br />
Orientierungspunkten in der Landschaft bzw. Toponymen verbunden und erst durch die<br />
Verknüpfung von z.B. bestimmten Wolkenformationen an bestimmten Orte, über denen<br />
die Wolkenformationen auftreten, kann die Information von dem/der BeobachterIn<br />
„gelesen“ bzw. gedeutet werden.<br />
Wetterzeichen sind Zeugnisse des lokalen Wissens zu Wetter, die vor allem durch<br />
Überlieferung und eigener Beobachtung – und seltener über Lesen – angeeignet werden.<br />
Im Gegensatz zu Bauernregeln und Lostagen – die häufig in (Bauern-) Kalendern<br />
verschriftlicht wurden und mittlerweile in vielen Tageszeitungen als nette Ergänzung zu<br />
meteorologischen Wettervorhersagen abgedruckt werden, kommen Wetterzeichen in<br />
verschriftlichter Form seltener vor.<br />
135