2007 Dissertation_Christanell.pdf
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dieser Zeit auch in den Talböden Feuchtwiesen dräniert, die vorher nicht für den<br />
Ackerbau genutzt wurden.<br />
I: Dass (es) überhaupt Ackerbau in dieser Region (gibt) – weil das ist ja eher so eine<br />
Auenlandschaft –, war nur möglich mit den ganzen Drainagen. Das war ja früher ein<br />
Feuchtwiesengebiet, das waren ja alles saure Wiesen mit Erlenwäldern und<br />
permanent überschwemmten Grünlandflächen und eben über Vorflutergräben und<br />
über Dränageleitungen ist es möglich gewesen, überhaupt einen Ackerbau<br />
durchzuführen. P1-A25-39:8<br />
Die Koralpe – der Bergbereich im Bezirk Deuschlandsberg – ist aus kristallinen Schiefern<br />
aufgebaut. An den Süd- und Südosthängen der tiefer gelegenen Rücken der Koralpe wird<br />
von den Gemeinden Eibiswald über Schwanberg, Deutschlandsberg, Bad Gams, Stainz,<br />
St. Stefan ob Stainz, Greisdorf bis Gundersdorf bis zu einer Seehöhe von ca. 550 m<br />
Weinbau betrieben. Die tiefer gelegenen ungünstig exponierten Hänge der Koralpe sind<br />
bewaldet. Flächen über 550 m Seehöhe werden für die Viehwirtschaft genutzt (Köck<br />
2003, 75).<br />
Die Landwirtschaft ist aufgrund landschaftlicher Ausprägung kleinstrukturiert. Einer meiner<br />
Gesprächspartner nannte für die Kleinstrukturierung der landwirtschaftlichen Flächen im<br />
Gebiet um Stainz aber auch politische Gründe:<br />
I: Ich sage immer so, so wie sie am Friedhof die Gräber nebeneinander haben, so<br />
haben die Leute auch die Felder nebeneinander. (…) Ja das kommt vom Kloster, das<br />
waren alles ehemalige Klostergründe, die zum Stainzer Stift gehört haben, zum<br />
Augustinerchorherrenstift. Und wie das dann aufgelöst worden ist, unter Josef dem<br />
Zweiten54, ist das alles aufgeteilt worden. Und die Flächen sind damals bewusst,<br />
natürlich von der herrschenden Schicht, so verteilt worden, dass die Bauern oder<br />
Keuschler wie sie waren, gerade noch so viel gehabt haben, dass sie trotzdem<br />
abhängig geblieben sind. Also dass es grod und grod gereicht hat und deswegen<br />
eben diese vielen, diese 174 Parzellen, die da in der Reihe runter waren. Man sieht’s<br />
jetzt nicht mehr so, weil sie schon zusammengelegt sind und teilweise durch die<br />
Caterpillar-Gleichrührerei schon viel großteiliger sind. Aber früher war das kleinteilig,<br />
dass wirklich oben meistens eben die Wohnkeuschen und unten am unteren Ende der<br />
Parzelle unter Umständen noch ein Keller oder ein Presshaus war. Und das eben<br />
gerade so breit, dass dieser Streifen (…) oben und unten von dem Haus abgegrenzt<br />
war. Eben, 174 Parzellen sind es gewesen, ursprünglich, jetzt sind es weniger. (…)<br />
Hochgrail drüben. P1-A55-33:2 (siehe dazu Foto von Hochgrail in Abbildung 8)<br />
Erscheint die Landschaft im Raum Stainz sehr vielfältig (was sie auch bis dato ist), so<br />
lässt sich in einem Vergleich von Bilder zum selben Standort in verschiedenen<br />
Jahrzehnten erkennen, dass auch diese an Vielfalt und ökologischen Nischen verlor.<br />
Einen solchen Verlust konnte ich anhand von Bildern aus verschiedenen Jahrzehnten, die<br />
mir der soeben zitierte Gesprächspartner gezeigt hat, am Beispiel des Hochgrails in<br />
Greisdorf selbst feststellen. Die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind auch heute<br />
noch kleinstrukturiert, was für einige meiner GesprächspartnerInnen einen wirtschaftlichen<br />
Nachteil bringt, für den soeben zitierten Gesprächspartner aber aus ökologischen<br />
Gründen ein Vorteil ist 55 .<br />
54 Kaiser Josef II. veranlasste, dass zwischen den Jahren 1782 und 1786 von den 2163 Klöstern Österreich-Ungarns<br />
insgesamt 738 Klöster aufgehoben wurden, darunter auch das Augustiner-Chorherrenstift Stainz (Wilfinger 1979, 70). Das<br />
Stiftsgut wurde 1840 von Erzherzog Johann gekauft, der es renovieren ließ und im Raum Stainz als Förderer der<br />
Landwirtschaft sehr beliebt war (Wilfinger 1979, 75).<br />
55 Ein anderer Gesprächspartner hat mich auf die Zunahme von Bodenerosion durch die Zusammenlegung von ehemals in<br />
kleineren Abschnitten geteilten Äckern hingewiesen: I: Wenn man früher, wann man ist mit den Ochsen gefahren, hat man<br />
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