Gesetz zur Regelung des Vollzuges der Sicherungsve...

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 16. Wahlperiode Drucksache 16/1435
B. Besonderer Teil
Abschnitt 1 (Grundsätze)
Zu § 1 (Ziele des Vollzuges)
Die Norm benennt die drei Ziele des Vollzuges der Sicherungsverwahrung. Vorangestellt ist
in Satz 1 die Pflicht des Staates, die Allgemeinheit vor Straftaten von erheblicher Bedeutung
zu schützen (vgl. BVerfG, NJW 2006, S. 2093, 2095). Die Begrenzung auf den Schutz der
Allgemeinheit nur vor Straftaten von erheblicher Bedeutung stützt sich dabei auf die Regelung
in § 66c Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a StGB-E. Mit erheblichen Straftaten sind solche
im Sinne des § 66 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 StGB-E gemeint, also Straftaten, "durch
welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Sie müssen geeignet
sein, den Rechtsfrieden in besonders schwerwiegender Weise zu stören (BGHSt 24, 160,
162).
Nach Satz 2 zielt der Vollzug auf die Minderung der Gefährlichkeit der Untergebrachten für
die Allgemeinheit, um die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung möglichst bald zur Bewährung
aussetzen oder für erledigt erklären zu können. Die Vorschrift wiederholt klarstellend
die Regelung im Gesetzentwurf der Bundesregierung in § 66c Absatz 1 Nummer 1
Buchstabe b StGB-E. Dieses Vollzugsziel verdeutlicht in besonderer Weise die vom Vollzug
der Freiheitsstrafe zu unterscheidende Legitimationsgrundlage und Zwecksetzung. Während
der Zweck der Freiheitsstrafe vornehmlich in einer repressiven Übelzufügung als Reaktion
auf schuldhaftes Verhalten liegt und dem Schuldausgleich dient, ist der Zweck der Maßregel
allein die künftige Sicherung der Gesellschaft und ihrer Mitglieder vor einzelnen, auf Grund
ihres bisherigen Verhaltens als hochgefährlich eingeschätzten Tätern (BVerfG, a.a.O. Rn.
105). Da sich der Maßregelvollzug aus dem Prinzip des überwiegenden Interesses rechtfertigt,
ist er umgehend zu beenden, wenn die Schutzinteressen der Allgemeinheit das Freiheitsrecht
der Untergebrachten nicht länger überwiegen. Dabei trifft den Staat die Verpflichtung,
im Vollzug von Anfang an geeignete Konzepte bereitzustellen, um die Gefährlichkeit
nach Möglichkeit zu beseitigen (BVerfG, a.a.O. Rn. 107).
Als weiteres Unterbringungsziel bestimmt Satz 3 das Resozialisierungsgebot, dem das Bild
des Grundgesetzes von einem zu freier Selbstbestimmung befähigten Menschen zugrunde
liegt (BVerfGE 98, 169, 200). Es ist im Vollzug der Freiheitsstrafe und im Vollzug der Sicherungsverwahrung
in gleicher Weise zu beachten (BVerfGE 109, 133, 151). Die ausdrückliche
Bestimmung des Resozialisierungsgebotes zu einem der Vollzugsziele soll verdeutlichen,
dass bei der Auswahl und Ausgestaltung der Maßnahmen im Vollzug der Sicherungsverwahrung
neben der Minderung der Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit auch
die dauerhafte Wiedereingliederung der Untergebrachten gewollt ist, die weitergehende
Maßnahmen erfordern kann. Dem Ziel, die Untergebrachten zu einem straffreien Leben in
sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu befähigen, trägt der Entwurf durch zahlreiche Einzelvorschriften
Rechnung.
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