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Das dynamische Paradigma in der Linguistik - Universität Bremen

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Dynam. <strong>Paradigma</strong> ______ L<strong>in</strong>guistische Anwendungen__________________<br />

<strong>Das</strong> berichtete Ereignis bzw. die Folge von Ereignissen kann zerlegt werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Atlas lokaler Ereignisse, wobei diese Teilprozesse generalisierend auf <strong>dynamische</strong> Prototypen<br />

abgebildet werden können, die den Kern von Propositionen darstellen 10<br />

. Wir gehen davon aus,<br />

dass per def<strong>in</strong>itionem die Erzählung m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong> Ereignis enthält. Im e<strong>in</strong>fachsten Fall kann<br />

dieses <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Satz abgebildet werden. Werden zwei Ereignisse o<strong>der</strong> Phasen e<strong>in</strong>es<br />

Ereignisses berichtet, kann man nach <strong>der</strong>en Beziehung fragen. Wegen <strong>der</strong> globalen<br />

Gestaltbegrenzung ist e<strong>in</strong>e Polarität nahe liegend, etwa im S<strong>in</strong>ne von LEVI-SRAUSS als<br />

Opposition von Mangel versus Behebung des Mangels o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Typologie von GREIMAS<br />

als:<br />

- Konjunktion von Subjekt und Objekt (Fangen) o<strong>der</strong><br />

- Disjunktion von Subjekt und Objekt (Trennung),<br />

- Konfrontation von Subjekt und Anti-Subjekt.<br />

Sollen drei Ereignisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erzählform organisiert werden, so ist e<strong>in</strong>e metastabile<br />

Zwischenzone <strong>in</strong> <strong>der</strong> Polarität o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Gebens/Transfer-Prozess als Grundmuster nahe<br />

liegend. Bei e<strong>in</strong>er größeren Anzahl narrativer Kerne gibt es entwe<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e relative<br />

Zurücksetzung sekundärer E<strong>in</strong>heiten (vgl. die Katalysee<strong>in</strong>heiten <strong>in</strong> BARTHES, 1966) o<strong>der</strong> es<br />

lassen sich Teilerzählungen mit eigener narrativer Struktur herauslösen. Diese wenigen<br />

grundlegenden <strong>dynamische</strong>n Muster können als Basis für e<strong>in</strong>e reiche Komb<strong>in</strong>atorik<br />

verwendet werden, welche allerd<strong>in</strong>gs die <strong>dynamische</strong> Konfiguration nur elaboriert, aber nicht<br />

im Wesentlichen modifiziert. Durch diesen Bezug auf die Kernstruktur <strong>der</strong> Erzählung wird<br />

auch die E<strong>in</strong>heit <strong>der</strong> Erzählform garantiert. Es würde zu weit führen, die Narrationsdynamik<br />

<strong>in</strong> ihren unterschiedlichen Entfaltungsformen detailliert auszuführen. Ich möchte mich darauf<br />

beschränken, den fundamentalen Wechsel im Kern e<strong>in</strong>er Narration als bipolare Instabilität zu<br />

rekonstruieren. Abb. 3.32 zeigt oben e<strong>in</strong>e sich vorne überlappende Fläche, wobei die Punkte<br />

<strong>der</strong> Fläche Attraktoren, d.h. Stabilitätspunkte s<strong>in</strong>d. Die Erzählung verläuft <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit entlang<br />

des Weges P auf dieser Fläche bis zur Kante, wo es zu e<strong>in</strong>em plötzlichen Wechsel (k) kommt.<br />

Die Bewegung entlang des Weges P ist durch e<strong>in</strong> Potential W reguliert, das <strong>in</strong> Abb. 3.32<br />

unten angegeben ist. Die überlappende Fläche oben entspricht e<strong>in</strong>em Ausschnitt aus <strong>der</strong><br />

Katastrophenfläche <strong>der</strong> Kuspe (vgl. WILDGEN, 1985a: 118-136 und <strong>in</strong> diesem Buch Kap.<br />

2.2).<br />

10 Die Liste irreduzibler Ereignistypen, welche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Archetypensemantik (vgl. Wildgen, 1985a und Kapitel 3.3) abgeleitet<br />

wurde, könnte als Grund<strong>in</strong>ventar auch für narrative Prozeßstrukturen (im Rahmen <strong>der</strong> referentiellen Funktion) verwendet<br />

werden. Erste Ideen enthält Petitot, 1982. Diese L<strong>in</strong>ie wurde nach 1987 <strong>in</strong> Liedtke (1991) und Wildgen (M1994)<br />

weitergeführt.<br />

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