Das dynamische Paradigma in der Linguistik - Universität Bremen
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ynam.<strong>Paradigma</strong> ____ Dynamische Modellkonzepte____________________51<br />
Die soziale Beziehung zum Mitmenschen wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Reifungs- und Lernphase <strong>in</strong> dieses<br />
selbstreferentielle System <strong>in</strong>tegriert, das quasi e<strong>in</strong>e eigenerzeugte Kopie (besser<br />
Interpretation) zu den (nach <strong>in</strong>neren Maßstäben relevanten) Weltausschnitten ist. <br />
Insbeson<strong>der</strong>e ist die Sprachfähigkeit e<strong>in</strong>e für den Menschen zentrale Komponente dieses<br />
selbstreferentiellen Systems.<br />
2.8 Diskrete <strong>dynamische</strong> Systeme<br />
Bisher s<strong>in</strong>d wir davon ausgegangen, dass die <strong>dynamische</strong>n Systeme als<br />
Def<strong>in</strong>itionsbereiche e<strong>in</strong>en n-dimensionalen Raum: R n bzw. e<strong>in</strong>e Mannigfaltigkeit M,M R n<br />
besitzen. Dies bedeutet aber, dass wir für jedes beliebig kle<strong>in</strong>e Intervall Werte annehmen<br />
müssen, d.h. dass die zugrunde liegenden Größen kont<strong>in</strong>uierlich s<strong>in</strong>d. Diese Voraussetzung<br />
kann problematisch werden, wenn wie <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften nur grobe Messungen und<br />
Beobachtungen durchführbar s<strong>in</strong>d. In diesem Fall muss häufig von e<strong>in</strong>em<br />
Intervallskalenniveau o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>em noch schwächeren Skalenniveau (Ord<strong>in</strong>al- o<strong>der</strong><br />
Nom<strong>in</strong>alskalen) ausgegangen werden. Bei e<strong>in</strong>er Intervallskala, d.h. bei Annahme<br />
gleichmäßiger Abstände o<strong>der</strong> Schritte zwischen den erfassbaren Messpunkten ist e<strong>in</strong>e<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Modellbildung bei fe<strong>in</strong>er Skalierung und statistischer Auswertung auf <strong>der</strong><br />
Basis vieler Messdaten als Approximation zulässig (vgl. auch Kap. 2.5 über stochastische<br />
<strong>dynamische</strong> Systeme), an<strong>der</strong>erseits können viele Überlegungen <strong>der</strong> Theorie (kont<strong>in</strong>uierlicher)<br />
<strong>dynamische</strong>r Systeme (Stabilität, Katastrophen) auf diskrete <strong>dynamische</strong> Systeme übertragen<br />
werden. Mathematisch werden dann Systeme von Differenzgleichungen statt Systemen von<br />
Differentialgleichungen behandelt. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Klasse von Differenzengleichungen s<strong>in</strong>d<br />
MARKOV-Ketten. Diese wie<strong>der</strong>um bilden den H<strong>in</strong>tergrund für die heutigen formalen<br />
Grammatiken; <strong>in</strong>sofern gibt es e<strong>in</strong>e Kont<strong>in</strong>uität zur Theorie <strong>dynamische</strong>r Systeme (vgl. auch<br />
KLIEMANN und MÜLLER, 1976: Kap. 4).<br />
Der Übergang vom Kont<strong>in</strong>uierlichen zum Diskreten kann bei e<strong>in</strong>em Kontrollparameter<br />
direkt erfolgen, <strong>in</strong>dem z.B. e<strong>in</strong>e feste Schrittlänge gewählt wird, mit <strong>der</strong> die Struktur des<br />
<strong>dynamische</strong>n Systems "abgetastet" wird. Die entsprechende Verfahrensstrategie wird von<br />
GILMORE (1980: 488-494) angewendet, um entlang e<strong>in</strong>es Weges s mit e<strong>in</strong>er festen<br />
Schrittlänge die qualitativen Eigenschaften e<strong>in</strong>es <strong>dynamische</strong>n Systems zu bestimmen. (Für<br />
e<strong>in</strong>en topologischen Übergang zu MAR-KOV-Prozessen über MARKOV-Partitionen, vgl.<br />
GUCKENHEIMER und HOLMES, 1983: 284 ff.).<br />
Man kann daher, wenn das System qualitativ (d.h. bezüglich se<strong>in</strong>er kritischen Stellen und<br />
Instabilitäten) bekannt ist, ausgehend von <strong>der</strong> Distribution dieser Stellen e<strong>in</strong> Netzwerk<br />
ableiten, das alle Wege <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Katastrophenmenge <strong>der</strong> Entfaltung charakterisiert.<br />
Wenn wir z.B. Abb. 2.11 als Basis wählen, so erhalten wir den folgenden Graphen <strong>der</strong><br />
möglichen Übergänge.<br />
Inzwischen s<strong>in</strong>d viele weitere Arbeiten von Gerhard Roth erschienen; zuletzt Roth (2004).