Das dynamische Paradigma in der Linguistik - Universität Bremen
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ynam.<strong>Paradigma</strong> ____ Dynamische Modellkonzepte____________________18<br />
„Consi<strong>der</strong><strong>in</strong>g the five pr<strong>in</strong>cipal problem areas compris<strong>in</strong>g the subject matter of<br />
mathematical system theory reachability-controllability, observabilityreconstructibility,<br />
realization theory-identification, stability, and optimalityif a report<br />
card were to be issued on how th<strong>in</strong>gs currently stand <strong>in</strong> regard to the completeness of<br />
analytic and computational results for the major questions of nonl<strong>in</strong>ear systems <strong>in</strong> each<br />
area, it would look someth<strong>in</strong>g like this:<br />
Reachability-Controllability B+<br />
Observability-Reconstructibility B<br />
Realization-Identification C+<br />
Stability Theory A<br />
Optimality A-<br />
In e<strong>in</strong>er früheren Arbeit zur l<strong>in</strong>earen Systemtheorie (CASTI, 1977) hatte er die Situation<br />
wesentlich negativer beurteilt. Er schreibt (ibidem: X):<br />
"This is a pretty decent record, especially <strong>in</strong> view of the fact that when my earlier book<br />
was published, the first three subjects on the card would have merited more than a<br />
gentlemanly C. There is good reason to suspect that a similar report issued say, five<br />
years from now, will show all areas to be <strong>in</strong> the B+ category or higher."<br />
Diese Evaluation ist von unserem spezifischen Anwendungsfeld noch unabhängig; es<br />
wird lediglich deutlich, dass die E<strong>in</strong>schätzung des Gesamtpotentials <strong>der</strong> <strong>dynamische</strong>n<br />
Systemtheorie, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> nichtl<strong>in</strong>earen Systemtheorie, sich im letzten Jahrzehnt<br />
grundlegend verän<strong>der</strong>t hat und schon deshalb grundlegende Modellentscheidungen, <strong>der</strong>en<br />
Wurzeln weiter zurückreichen, neu zu evaluieren s<strong>in</strong>d. Die heutigen formalen Modelle <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
L<strong>in</strong>guistik gehen entwe<strong>der</strong> auf Anwendungen von Teilbereichen <strong>der</strong> mathematischen<br />
Systemtheorien <strong>in</strong> den fünfziger Jahren (so die Transformationsgrammatik von HARRIS 1955<br />
und CHOMSKY 1957) zurück o<strong>der</strong> sie basieren auf Entwicklungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> mathematischen<br />
Logik, die von <strong>der</strong> angewandten Mathematik weiter entfernt s<strong>in</strong>d, da sie eher auf e<strong>in</strong>e metamathematische<br />
Tradition zurückgreifen (vgl. MONTAGUE 1970 und die<br />
Nachfolgediskussion).<br />
ad (2): E<strong>in</strong>e <strong>der</strong> frühesten Anwendungen <strong>der</strong> Theorie <strong>dynamische</strong>r Systeme auf die Sprache<br />
stellt MARKOV (1913) dar, dessen Untersuchung von <strong>der</strong> Statistik <strong>der</strong><br />
Buchstabenverkettungen <strong>in</strong> Drucktexten ausg<strong>in</strong>g. Die MARKOV-Ketten s<strong>in</strong>d l<strong>in</strong>eare<br />
<strong>dynamische</strong> Systeme, <strong>der</strong>en stationäre Struktur durch e<strong>in</strong> Übergangsnetzwerk, d.h. durch<br />
e<strong>in</strong>en Graphen mit den Buchstaben als Knoten und <strong>der</strong> syntagmatischen Nachfolgerelation als<br />
Kanten beschrieben werden kann. Den Kanten s<strong>in</strong>d Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten zugeordnet, welche<br />
durch bed<strong>in</strong>gte Häufigkeiten verschiedener Nachfolger e<strong>in</strong>es Buchstabens empirisch ermittelt<br />
werden können. Die statistisch l<strong>in</strong>earen MARKOV-Prozesse s<strong>in</strong>d fundamental für die von<br />
FISHER, SHANNON und WIENER Mitte <strong>der</strong> vierziger Jahre entwickelte<br />
Informationstheorie 6 . Diese Entwicklung wurde von WIENER <strong>in</strong> enger Beziehung zur<br />
statistischen Mechanik und zur Thermodynamik (etwa zum Problem <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong><br />
MAXWELLschen Dämonen und von Prozessen, die dem zweiten Thermo<strong>dynamische</strong>n<br />
Grundgesetz des Strukturverlustes entgegenwirken) gesehen. Die Beschäftigung mit<br />
Rückkoppelungsersche<strong>in</strong>ungen, Katalysatoren u.ä. führte konsequent <strong>in</strong> den Bereich <strong>der</strong><br />
Dynamik nichtl<strong>in</strong>earer Systeme. WIENER (1948/1961) beschreibt, wie diese Entwicklung <strong>in</strong><br />
Amerika bereits seit 1920 spürbar wird (ibidem: 10):<br />
6 Vgl. WIENER (1968: 31): "Fischers Motiv für das Untersuchen dieses Gegenstandes ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> klassischen<br />
Statistik zu f<strong>in</strong>den, das von SHANNON im Problem <strong>der</strong> Verschlüsselung von Information und das des Autors im<br />
Problem von Rauschen und Nachricht <strong>in</strong> elektrischen Filtern." WIENER verweist außerdem auf Arbeiten von<br />
KOLMOGOROFF (um 1941).