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Friedrich Nietzsche zum 100. Todestag - Gesellschaft für kritische ...

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und Mensch, Stand, die Vielheit der Typen,<br />

der Wille selbst zu sein, sich abzuheben<br />

–, das, was ich Pathos der Distanz<br />

nenne, ist jeder starken Zeit eigen.“ 27 Mit<br />

dieser Auffassung meinte <strong>Nietzsche</strong>, auch<br />

die Sklaverei nicht nur <strong>für</strong> die antike Vergangenheit,<br />

sondern auch <strong>für</strong> seine Gegenwart<br />

rechtfertigen zu können. In dem Text<br />

„Der griechische Staat“, der zu den „Fünf<br />

Vorreden zu fünf ungeschriebenen Büchern“<br />

gehört, be<strong>für</strong>chtete er, „daß wir an<br />

dem Mangel des Sklaventums zugrunde<br />

gehen werden“, gehöre doch „<strong>zum</strong> Wesen<br />

einer Kultur das Sklaventum.“ 28<br />

Mit diesen Auffassungen stand der Philosoph<br />

auch der politischen Moderne in fundamentaler<br />

Ablehnung gegenüber, sah er<br />

in ihr doch das verderbliche Wirken der<br />

Sklavenmoral des Christentums verkörpert.<br />

Gegenüber der Französischen Revolution<br />

sprach <strong>Nietzsche</strong> denn auch vom<br />

„letzten großen Sklaven-Aufstand“ 29 und<br />

dem „Sozialisten-Gesindel“ warf er vor,<br />

es untergrabe das „Genügsamkeits-Gefühl<br />

des Arbeiters“. Dieser Einschätzung aus<br />

„Der Antichrist“ folgte dann noch einmal<br />

die Ablehnung des Gleichheitsprinzips:<br />

„Das Unrecht liegt niemals in ungleichen<br />

Rechten, es liegt im Anspruch auf ‚gleiche‘<br />

Rechte ....“ 30 <strong>Nietzsche</strong> störte demnach<br />

am Christentum weniger dessen<br />

Charakter als Religion an sich – wenngleich<br />

sich in seinem Werk am Rande auch<br />

solche Aussagen finden –, sondern dessen<br />

angebliche moralische Botschaft, die<br />

<strong>für</strong> den Philosophen über die Forderung<br />

nach Mitleid mit den Niedrigen auch zur<br />

Forderung nach deren rechtlicher Gleichstellung<br />

führte. Von daher lehnte <strong>Nietzsche</strong><br />

auch alle Errungenschaften der kulturellen<br />

Moderne ab, sei dies die Demokratie,<br />

der Fortschritt, die Gerechtigkeit<br />

oder die Rechtsgleichheit.<br />

<strong>Nietzsche</strong>s Auffassung von der jüdischen<br />

Religion als Wurzel des moralischen<br />

Übels<br />

Im Kontext seiner Kritik an der christlichen<br />

Moral formulierte der Philosoph<br />

auch eine vehemente Absage an die jüdische<br />

Religion, die er konsequenterweise<br />

als Wurzel des moralischen Übels ansehen<br />

mußte, entstand doch das Christentum<br />

historisch und theologisch aus dem<br />

Judentum heraus. In „Der Antichrist“<br />

heißt es entsprechend: „ .... das Christentum<br />

ist einzig aus dem Boden zu verstehn,<br />

aus dem es gewachsen ist – es ist nicht<br />

eine Gegenbewegung gegen den jüdischen<br />

Instinkt, es ist dessen Folgerichtigkeit<br />

selbst, ein Schluß weiter in dessen furchteinflößender<br />

Logik.“ Und weiter bezogen<br />

auf die Auswirkung dieses Einflusses:<br />

„Die Juden sind, ebendamit, das verhängnisvollste<br />

Volk der Weltgeschichte: in ihrer<br />

Nachwirkung haben sie die Menschen<br />

dermaßen falsch gemacht, daß heute noch<br />

der Christ antijüdisch fühlen kann, ohne<br />

sich als die letzte jüdische Konsequenz zu<br />

verstehn.“ Für <strong>Nietzsche</strong> wies das Christentum<br />

somit eine von ihm verworfene<br />

Moral auf, welche letztendlich durch das<br />

Judentum geprägt war. Gerade in diesem<br />

Wirkungszusammenhang erblickte er das<br />

besonders Verwerfliche dieser Religion.<br />

Sie richtete sich <strong>für</strong> den Philosophen ebenso<br />

wie das Christentum gegen das Leben<br />

und die Natur. Weiter heißt es in „Der<br />

Antichrist“: „Die Juden sind das merkwürdigste<br />

Volk der Weltgeschichte, weil<br />

sie, vor die Frage von Sein und Nichtsein<br />

gestellt, mit einer vollkommen unheimlichen<br />

Bewußtheit das Sein um jeden Preis<br />

vorgezogen haben: dieser Preis war die<br />

radikale Fälschung aller Natur, aller Natürlichkeit,<br />

aller Realität; der ganzen inneren<br />

Welt so gut als der äußeren. Sie<br />

Aufklärung und Kritik, Sonderheft 4/2000 47

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