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Forschung & Lehre 8 | 2013

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8|13 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> SICHERHEIT STATT FREIHEIT? 621<br />

kommen im Sicherheitsbereich generell…<br />

Gesetze sind nichts wert, wenn<br />

sie nicht durchgesetzt werden. Wer<br />

strenge Gesetze verabschiedet, ohne<br />

uns Aufsichtsbehörden die reale Umsetzungsmöglichkeit<br />

und die nötigen Ressourcen<br />

bereitzustellen, der macht den<br />

Datenverarbeitern wie der Bevölkerung<br />

etwas vor. Letztlich wird das zu Rechtsverweigerung<br />

und Rechtsstaatsverdrossenheit<br />

führen.<br />

F&L: Rechtsexperten der Universität<br />

Amsterdam warnen in der Studie<br />

„Cloud Computing in Higher Education<br />

and Research Institutions and the USA<br />

»In kommerziellen Customer-Clouds<br />

von der Stange hat sensible <strong>Forschung</strong><br />

überhaupt nichts verloren.«<br />

Patriot Act“ vor den Risiken des Cloud<br />

Computings für Universitäten und <strong>Forschung</strong>seinrichtungen.<br />

Sie befürchten,<br />

die intellektuelle Freiheit der Wissenschaftler<br />

und Studierenden werde dadurch<br />

aufs Spiel gesetzt. Teilen Sie diese<br />

Auffassung?<br />

Thilo Weichert: Nein. Cloud Computing<br />

kann so betrieben werden, dass Datenschutz,<br />

Urheberschutz, <strong>Forschung</strong>sgeheimnisse<br />

und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse<br />

gewahrt bleiben. Die<br />

Cloud-Angebote, insbesondere die USamerikanischen,<br />

von heute sind aber –<br />

insofern haben die Experten recht –<br />

noch sehr unterbelichtet. Hier muss<br />

noch viel geforscht und entwickelt werden.<br />

Für Forschende sollte der öffentliche<br />

Diskurs wichtig sein. Den sollte<br />

man aber nicht über Trapdoors in der<br />

Cloud, sondern in der wissenschaftlichen<br />

Szene führen.<br />

F&L: Existiert in den Universitäten und<br />

<strong>Forschung</strong>seinrichtungen in Deutschland<br />

ein Bewusstsein für Datenschutz<br />

und mögliche Angriffsflächen? Sind sie<br />

ausreichend geschützt?<br />

Thilo Weichert: Das ist sehr unterschiedlich.<br />

Es gibt Uni- und <strong>Forschung</strong>srechenzentren,<br />

die sind in<br />

puncto Datenschutz und Datensicherheit<br />

auf dem höchsten Stand; es gibt<br />

aber auch das genaue Gegenteil. Auch<br />

bei der persönlichen Sensibilität gibt es<br />

gewaltige Diskrepanzen. Das gilt für die<br />

Nutzung von sozialen Netzwerken, von<br />

Lernsoftware, für wissenschaftliche Diskurse<br />

im Netz oder ganz banal für die<br />

Hochschulverwaltungen. Die <strong>Forschung</strong>seinrichtungen<br />

haben in Deutschland regelmäßig<br />

äußerst engagierte Datenschutzbeauftragte.<br />

Aber deren Akzeptanz<br />

bei den Chefs und bei den Systemadministratoren<br />

lässt oft zu wünschen<br />

übrig.<br />

F&L: Würden Sie davon abraten, wissenschaftlich<br />

sensible Daten in der<br />

Cloud zu speichern?<br />

Thilo Weichert: Es kommt darauf an: In<br />

kommerziellen Customer-Clouds von<br />

der Stange hat natürlich sensible <strong>Forschung</strong><br />

überhaupt<br />

nichts verloren. Das<br />

wäre so, als würde<br />

man edlen Wein in<br />

undichte und verschmutzte<br />

Schläuche<br />

füllen. Geht es nur<br />

um Speichern oder Software as a Service,<br />

dann meine ich, muss das nicht in<br />

die Cloud, wenn nur annähernd genügend<br />

Speicher- und Rechenkapazität<br />

vorhanden ist. Will man über <strong>Forschung</strong>snetze<br />

hinweg Daten in einer<br />

Cloud austauschen, dann kann dies absolut<br />

sinnvoll sein – aber dann bitte mit<br />

hinreichenden Sicherungen: Rollenkonzepten,<br />

Verschlüsselungen, Mandantentrennung,<br />

Dokumentation und<br />

Protokollierung, Kontrollen. Bei personenbezogener<br />

<strong>Forschung</strong> sind zusätzliche<br />

Sicherungen nötig, etwa über Pseudonymisierungs-<br />

und Anonymisierungstools.<br />

*Safe-Harbor-Principles sind zwischen der US-<br />

Administration und der Europäischen Union<br />

vereinbarte Anforderungen an eine Selbstzertifizierung<br />

von US-Unternehmen in Sachen Datenschutz,<br />

die eine Übermittlung von personenbezogenen<br />

Daten von Europa an das jeweilige<br />

Unternehmen rechtfertigt.<br />

PNR steht für „Passenger Name Records“ und<br />

beschreibt Fluggastdaten – einschließlich Essenswünsche<br />

und Kreditkartenangaben – die<br />

europäische Fluggesellschaften von allen Passagieren<br />

den US-Sicherheitsbehörden vor Abflug<br />

in die USA für Sicherheitszwecke übermitteln<br />

müssen.<br />

SWIFT ist der Name einer belgischen Firma, die<br />

weltweit das Monopol hat für grenzüberschreitende<br />

Banktransaktionen und deren Daten gemäß<br />

der des US-Terrorist Finance Tracking Program<br />

(TFTP) auf Grundlage eines Abkommens<br />

zwischen der EU und den USA für Zwecke der<br />

Terrorismusbekämpfung gescannt werden dürfen.<br />

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