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Forschung & Lehre 8 | 2013

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8|13 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> NACHRICHTEN 609<br />

UNESCO: 57 Millionen Kinder ohne Schule<br />

„Whistleblowing“: DFG reagiert auf Kritik<br />

Die Empfehlungen der<br />

Deutschen <strong>Forschung</strong>sgemeinschaft<br />

(DFG) und der<br />

Hochschulrektorenkonferenz<br />

(HRK) zum Umgang mit wissenschaftlichem<br />

Fehlverhalten<br />

sind von Wissenschaftlern<br />

scharf kritisiert worden. Sie bemängelten<br />

insbesondere die<br />

Passagen zur Vertraulichkeit<br />

des Verfahrens und zum Umgang<br />

mit Hinweisen. In den<br />

Empfehlungen heißt es, die Arbeit<br />

der Ombudspersonen zum<br />

Schutz der Hinweisgeber und<br />

der Betroffenen unterliege<br />

höchster Vertraulichkeit. Diese<br />

sei nicht gegeben, wenn sich<br />

der Hinweisgeber mit seinem<br />

Verdacht zuerst an die Öffentlichkeit<br />

wende. Ein leichtfertiger<br />

Umgang mit Vorwürfen<br />

wissenschaftlichen Fehlverhaltens<br />

könne selbst eine Form<br />

Der Deutsche Bundestag<br />

hat am 27. Juni <strong>2013</strong><br />

nach zweiter und dritter Lesung<br />

die Novelle zum Urheberrecht<br />

verabschiedet, die das<br />

Open-Access-Zweitveröffentlichungsrecht<br />

für öffentlich geförderte<br />

<strong>Forschung</strong> umfasst.<br />

Dabei wurde der Regierungsentwurf<br />

mit den Stimmen der<br />

Regierungsfraktionen gegen<br />

die Stimmen der Opposition<br />

unverändert angenommen.<br />

Urheber dürfen ihre Artikel<br />

wissenschaftlichen Fehlverhaltens<br />

darstellen. Die untersuchende<br />

Einrichtung müsse im<br />

Einzelfall entscheiden, wie sie<br />

mit der Verletzung der Vertraulichkeit<br />

umgehe. Die Unterzeichner<br />

der im Internet veröffentlichten<br />

kritischen Petition<br />

„Kein Redeverbot für akademische<br />

,Whistleblower‘“ befürchten<br />

eine Einschränkung der<br />

Wissenschaftsfreiheit. Es müsse<br />

den Forschern unbenommen<br />

bleiben, den einem Vorwurf zugrundeliegenden<br />

Sachverhalt<br />

zu veröffentlichen.<br />

Die DFG trat dem Vorwurf<br />

entgegen, sie „wolle Hinweise<br />

auf den Verdacht wissenschaftlichen<br />

Fehlverhaltens<br />

erschweren oder gar die<br />

Wissenschaftsfreiheit einschränken“.<br />

Der Grundsatz<br />

der Vertraulichkeit gelte nur<br />

Zweitveröffentlichungsrecht verabschiedet<br />

künftig zwölf Monate nach<br />

Erstveröffentlichung mit Verweis<br />

auf die erste Publikation<br />

im Netz zugänglich machen.<br />

Die Beiträge müssen im Rahmen<br />

einer mindestens zur<br />

Hälfte mit öffentlichen Mitteln<br />

finanzierten <strong>Forschung</strong>stätigkeit<br />

entstanden sein. Dazu gehört<br />

nicht die aus Grundmitteln<br />

finanzierte <strong>Forschung</strong>,<br />

sondern nur die Drittmittelforschung.<br />

Zudem müssen die<br />

Erstbeiträge in einer periodisch<br />

Die 16-jährige Malala<br />

Yousafzai aus Pakistan<br />

hat in einer weltweit beachteten<br />

Rede vor den Vereinten<br />

Nationen in New York das<br />

Recht auf Bildung für Frauen<br />

eingefordert. „Es gab Zeiten,<br />

in denen Frauen die Männer<br />

baten, sich für ihre Rechte<br />

einzusetzen. Aber jetzt machen<br />

wir das selber“, sagte sie.<br />

„Ein Kind, ein <strong>Lehre</strong>r, ein<br />

Buch und ein Stift können die<br />

Welt verändern.“ Extremisten<br />

hätten Angst vor Bildung, der<br />

Schreibstift sei aber mächtiger<br />

als das Schwert. Malala Yousafzai<br />

ist die jüngste Rednerin,<br />

die je vor den Vereinten<br />

Nationen gesprochen hat. Sie<br />

wurde am 9. Oktober 2012 in<br />

Pakistan von einem Taliban<br />

mit vier Schüssen schwer verletzt,<br />

als sie auf dem Weg zur<br />

Schule war. Bereits mit elf<br />

Jahren hatte sie in einem Blog<br />

im Internet darauf aufmerksam<br />

gemacht, dass Mädchen<br />

von den Taliban am Schulbesuch<br />

gehindert werden. Mädchen<br />

und Frauen werden in<br />

Pakistan immer wieder Opfer<br />

von Angriffen, um sie einzuschüchtern<br />

und sie davon abzuhalten,<br />

Schulen und Universitäten<br />

zu besuchen. In Pakistan<br />

können laut BBC 3,3<br />

Millionen Mädchen unter<br />

neun Jahren nicht die Schule<br />

besuchen. Die Zahl der Kinder<br />

ohne Schulbildung in<br />

dem Land ist die zweithöchste<br />

der Welt. Weltweit gibt es<br />

laut Angaben der UNESCO<br />

57 Millionen Kinder, die keine<br />

Bildungsmöglichkeiten haben.<br />

Yousafzai forderte die<br />

Regierungen der Welt dazu<br />

auf, freie Bildung für alle Kinder<br />

zu ermöglichen.<br />

für Ombudsverfahren, nicht<br />

jedoch für Rezensionen oder<br />

sonstige Publikationsformen.<br />

Kritisiert wurden die Empfehlungen<br />

auch von der Redaktion<br />

der Wissenschaftszeitschrift<br />

„Nature“. In einem Editorial<br />

hieß es, die DFG habe dieses<br />

Mal ihre Empfehlungen „überraschend<br />

dürftig formuliert“.<br />

Sie brächte die Universitäten in<br />

eine schwierige Lage. Die<br />

Hochschulen untersuchten<br />

Vorwürfe wissenschaftlichen<br />

Fehlverhaltens, die gegen sie<br />

selbst vorgebracht worden seien.<br />

Und deshalb würden die<br />

Universitäten gebeten, bedingungslos<br />

Whistleblower zu bestrafen,<br />

sollten sich deren Informationen<br />

nicht bestätigen. Die<br />

DFG solle klarstellen, welche<br />

Sanktionen wann und wie eingesetzt<br />

würden.<br />

mindestens zweimal jährlich<br />

erscheinenden Sammlung veröffentlicht<br />

worden sein. Zweitveröffentlicht<br />

werden dürfen<br />

nur die Manuskripte, nicht die<br />

zitierfähige Erstversion.<br />

Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen<br />

und der<br />

Bundesrat hatten beanstandet,<br />

dass die Bestimmung wissenschaftliches<br />

Personal an<br />

Hochschulen weitgehend ausschließe<br />

und die Übergangszeit<br />

zu lang bemessen sei.<br />

KOMMENTAR<br />

Ein großer<br />

Moment<br />

Ironie ist das Ethos unserer<br />

Zeit. Alles und jedes<br />

muss einen zusätzlichen<br />

ironischen Dreh bekommen,<br />

Direktheit ist für viele<br />

unerträglich geworden.<br />

Zu sagen, was man wirklich<br />

meint, wird zum Zeichen<br />

von Naivität, auf die<br />

man herabsieht. Aufrichtig<br />

und einfach sein, ja, sich<br />

selbst nicht so wichtig nehmen<br />

(„Demut“), kommt<br />

nicht vor in den Hipsterkategorien<br />

des 21. Jahrhunderts.<br />

Das ironische<br />

Leben ist nach den Worten<br />

einer Wissenschaftlerin<br />

der Princeton University<br />

eine vorläufige Antwort<br />

auf die Probleme, die entstehen<br />

durch zuviel Komfort,<br />

zuviel Geschichte, zuviele<br />

Möglichkeiten. Man<br />

könne sich bestens verstecken<br />

hinter einer ironischen<br />

Maske, drücke sich<br />

dadurch aber vor der Verantwortung.<br />

Was auch immer die Vereinten<br />

Nationen seit Jahrzehnten<br />

verhandeln, es<br />

wird als irrelevant, weil folgenlos<br />

ironisiert. Die Rede<br />

aber, die ein 16-jähriges pakistanisches<br />

Mädchen unlängst<br />

vor den Vereinten<br />

Nationen hielt, hat diesen<br />

Zynismus für wenige Minuten<br />

auf beeindruckende<br />

Weise unterbrochen und<br />

entlarvt. In einem großen<br />

Moment der Humanität<br />

hat Malala Yousafzai der<br />

Welt mit einfachen und<br />

klaren Worten gesagt,<br />

welch große Lebenschance<br />

gerade für Frauen das Menschenrecht<br />

auf freie Bildung<br />

ist. Dafür hat sie ihr<br />

Leben riskiert und dafür<br />

gebührt ihr größter Respekt.<br />

Felix Grigat

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