Forschung & Lehre 8 | 2013

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654 RECHT Forschung & Lehre 8|13 Entscheidungen Kündigung eines Chefarztvertrages Ein auf Lebenszeit beamteter Hochschullehrer klagte gegen die Kündigung seines Chefarztvertrages durch das rechtlich verselbstständigte Universitätsklinikum. Der Kläger war 1984 als C4-Professor auf einen Lehrstuhl für Klinische Chemie berufen worden. Im Zuge der rechtlichen Verselbstständigung der Universitätsklinika in Baden- Württemberg wurde 1998 zunächst eine „Vereinbarung“ und 2007 ein „Dienstvertrag“ zwischen den Beteiligten abgeschlossen, welcher eine Einbeziehung der bisherigen Nebentätigkeiten in die Dienstaufgaben und hierfür eine Beteiligung des Klinikdirektors an diesen Einnahmen vorsah. Bereits im Januar 2007 war der Kläger in einem anonymen Schreiben an den Beklagten der Vorteilsannahme und Bestechlichkeit bezichtigt worden. Im Rahmen des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens erfolgte im Dezember 2007 eine polizeiliche Durchsuchung am Universitätsklinikum. Nach Anhörung sprach das beteiligte Universitätsklinikum im Januar 2008 eine „Verdachtskündigung“ aus. Da der Kläger weiterhin Beamter des Landes Baden-Württemberg sei, oblägen ihm nach wie vor Verpflichtungen in Forschung und Lehre. Insoweit wurde ihm bis auf weiteres ein Büro im Dachgeschoss der Frauenklinik zur Verfügung gestellt. Hilfsweise wurde dem Kläger überdies zum nächstmöglichen Termin ordentlich gekündigt. Im September 2009 fasste der Vorstand des Universitätsklinikums den Beschluss, dem Kläger, hinsichtlich der Rechte und Pflichten, die nicht aus seiner Beamtenstellung resultierten, vorsorglich und hilfsweise erneut ordentlich zu kündigen. Die Kündigung betraf die mit dem Dienstvertrag bestätigte Stellung als Leiter der Abteilung Klinische Chemie und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten. Das hochschulrechtlich erforderliche Einvernehmen der Medizinischen Fakultät hierzu sollte unverzüglich eingeholt werden. Im unmittelbaren zeitlichen Nachgang erklärte der Vorstand der Medizinischen Fakultät das zur Kündigung erforderliche Einvernehmen. Die vom gekündigten Hochschullehrer eingelegte Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wurde von diesem an das Verwaltungsgericht verwiesen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Hochschullehrers gegen die Kündigung seines Chefarztvertrages stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung des Universitätsklinikums wurde vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg abgewiesen. Das Gericht stellt in seinem Urteil insbesondere darauf ab, dass mit der Kündigung die Abberufung des Klägers als Abteilungsleiter verbunden war. Nach der einschlägigen landesrechtlichen Regelung war hierzu das Einvernehmen der Medizinischen Fakultät erforderlich. Dieses lag aber weder bei der Beschlussfassung des Klinikumsvorstands Foto: mauritius-images über die Kündigung noch zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe an den Kläger vor. Dieser Verfahrensmangel sei auch nicht zu einem späteren Zeitpunkt geheilt worden. Der Kläger könne das Fehlen des Einvernehmens der Wirksamkeit der gegenständlichen Kündigung entgegenhalten, weil das Einvernehmenserfordernis auch seine subjektiven Rechte auf Wissenschaftsfreiheit sichern soll. Dieser schwerwiegende Verfahrensmangel könne auch nicht durch einen nach der Kündigung nachträglich gefassten Beschluss des Fakultätsvorstands zur Einvernehmensherstellung geheilt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts komme es weiterhin nicht allein auf die förmliche Erteilung des Einvernehmens an. Wegen der zentralen Bedeutung, die dem Einvernehmenserfordernis für die Verwirklichung des Grundrechts auf Wissenschaftsfreiheit der am Universitätsklinikum tätigen medizinischen Hochschullehrer zukomme, müsse sich der Fachbereich Medizin in einer Form und Verfahrensweise mit der Erteilung des Einvernehmens befassen, die dem grundrechtswahrenden Gehalt dieser Verfahrensbestimmung zugunsten der medizinischen Hochschullehrer gerecht werde. Insbesondere müsse eine Abwägung der zu berücksichtigenden Belange vorausgehen. Das Gericht postulierte ferner, dass die Wahrnehmung der Aufgaben in der Krankenversorgung zur amtsgemäßen Verwendung eines medizinischen Universitätsprofessors gehöre und insofern Bestandteil seines abstrakt-funktionellen Amtes sei. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2012, 9 S 2752/11 rechtskräftig; die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht durch Beschluss vom 27.03.2013, 6 B 50/12 verworfen. LESERSERVICE Dirk Böhmann Die Entscheidungen der Rubrik „Recht“ können in vollem Wortlaut bestellt werden bei: Forschung & Lehre, Rheinallee 18-20, 53173 Bonn, Fax: 0228/9026680, E-Mail: infoservice@forschungund-lehre.de
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