Forschung & Lehre 8 | 2013
Forschung & Lehre 8 | 2013
Forschung & Lehre 8 | 2013
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8|13 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> KARRIERE-PRAXIS 659<br />
ger Freiräume man hat, umso<br />
weniger kommt man in die<br />
Verlegenheit, neue Dinge,<br />
Ideen oder Herausforderungen<br />
anzunehmen. Das immer<br />
enger werdende Korsett von<br />
Vorschriften, Akkreditierungen<br />
und Reglementierungen<br />
kann rasch zur Ausrede werden<br />
für jegliche Verweigerung<br />
neuen Dingen gegenüber.<br />
Dafür haben wir nun<br />
wirklich nicht die Zeit und<br />
Mittel, übersetzt sich das<br />
dann.<br />
Foto: mauritius-images<br />
bleiben wie ich bin“-Haltung<br />
nicht abtun: <strong>Forschung</strong>en<br />
zeigen, dass Menschen umso<br />
eher dazu neigen, beim Bewährten<br />
zu bleiben, je komplexer<br />
eine Entscheidungssituation<br />
ist – und das vielleicht<br />
aus gutem Grund. Statt<br />
eine komplizierte Situation<br />
aufwendig zu durchdenken<br />
und zu entscheiden, bleibt<br />
man beim Altbewährten,<br />
eben weil es sich bewährt<br />
hat. Einfacher gesagt: never<br />
change a winning team. In<br />
unsicheren, komplexen Situationen,<br />
die rasch entschieden<br />
werden müssen, kann<br />
die Entscheidung für den Status<br />
quo clever sein: Bevor<br />
man einen Fehler macht,<br />
bleibt man bei dem, was immer<br />
funktioniert hat. In der<br />
<strong>Forschung</strong> beispielsweise<br />
kann der Status quo bias ein<br />
Schutz gegen einen zu häufigen<br />
Paradigmenwechsel sein:<br />
Neue <strong>Forschung</strong>sergebnisse<br />
werden im Geiste des Status<br />
quo bias zunächst vehement<br />
abgelehnt, erst wenn sie hinreichend<br />
ausführlich überprüft<br />
und dokumentiert worden<br />
sind, können sie herrschende<br />
Theorien und Paradigmen<br />
ablösen. Damit ist gesichert,<br />
dass nur gut überprüfte<br />
<strong>Forschung</strong>sergebnisse<br />
sich durchsetzen.<br />
Die mittlerweile immer<br />
weiter schrumpfenden Freiräume<br />
für Forscher und <strong>Lehre</strong>nde<br />
kommen vordergründig<br />
dieser Neigung zum „Das<br />
haben wir immer schon so<br />
gemacht“ entgegen – je weni-<br />
LITERATURTIPPS<br />
Neue Wege<br />
Auf der anderen Seite kann<br />
gerade der immer weiter<br />
schrumpfende Spielraum an<br />
den Hochschulen die Beschäftigten<br />
in <strong>Forschung</strong> und<br />
<strong>Lehre</strong> dazu nötigen, neue<br />
Wege zu gehen und Altbewährtes<br />
hinter sich zu lassen.<br />
Und je schneller sich die<br />
Hochschullandschaft ändert,<br />
umso eher muss man bereit<br />
sein, dieser Änderung zu begegnen<br />
und alte liebgewonnene<br />
Gewohnheiten oder<br />
Strategien hinter sich zu lassen.<br />
Umso wichtiger wird angesichts<br />
dieser Überlegungen<br />
die Frage danach, wie man<br />
dem Status quo bias entkommen<br />
kann – wie sprengt man<br />
die Fesseln der Gewohnheit?<br />
So etwas erfordert Übung,<br />
und Übung erlangt man<br />
durch stetiges Wiederholen.<br />
So kann man damit beginnen,<br />
im alltäglichen Leben<br />
immer wieder etwas zu ändern,<br />
Kleinigkeiten, Gewohnheiten<br />
– man nimmt ein<br />
anderes Stammessen, wechselt<br />
die Marke, probiert einmal<br />
ein neues Kleidungsstück<br />
aus – lauter kleine, alltägliche<br />
Siege gegen unsere Angewohnheit,<br />
sich zu rasch etwas<br />
anzugewöhnen. Bisweilen<br />
wird aus der neuen Erfahrung<br />
auch eine neue, bessere<br />
Angewohnheit, und langfristig<br />
lernt man, dass Veränderung<br />
gar nicht so schlimm<br />
sein muss – eine gute Voraussetzung,<br />
auch größere Dinge<br />
anzugehen und zu ändern.<br />
Hanno Beck: Geld denkt nicht. Wie wir in Gelddingen<br />
einen klaren Kopf behalten. Hanser Verlag,<br />
2012.<br />
Hanno Beck: Die Logik des Irrtums. Wie uns das<br />
Gehirn täglich ein Schnippchen schlägt. Frankfurter<br />
Allgemeine Buch im F.A.Z.-Institut, März 2008