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Forschung & Lehre 8 | 2013

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648 FORSCHUNG <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> 8|13<br />

Ergründet<br />

und entdeckt<br />

Reisekrankheit: Verwirrung in der Schaltzentrale<br />

Frauen haben ein höheres<br />

Risiko als Männer, reisekrank<br />

zu werden. Besonders<br />

oft kämpfen Kinder zwischen<br />

zwei und zwölf Jahren mit<br />

der Übelkeit, Babys und<br />

Menschen über 50 werden<br />

hingegen nur sehr selten reisekrank.<br />

Diese und weitere<br />

Ergebnisse haben jüngst Mediziner<br />

zum Thema Reisekrankheit<br />

zusammengetragen.<br />

Warum Frauen so anfällig<br />

sind, ist demnach noch ein<br />

Rätsel. Der Grund, warum<br />

Babys nicht reisekrank werden,<br />

liegt den Forschern zufolge<br />

daran, dass bei Babys<br />

der Gleichgewichtssinn noch<br />

nicht vollständig ausgeprägt<br />

ist. Sinneskonflikte sind in<br />

diesem Stadium also alltäglich<br />

und werden vom Gehirn<br />

nicht als Bedrohung wahrgenommen.<br />

Menschen über 50<br />

profitieren dagegen in der<br />

Regel vom Alterungsprozess.<br />

Mit den Jahren bilden sich im<br />

Innenohr unter anderem die<br />

Otolithen zurück. Diese kleinen<br />

Kristalle ermöglichen es<br />

dem Gleichgewichtsorgan,<br />

Schwerkraft und Beschleunigung<br />

zu registrieren. Ist die<br />

Wahrnehmung nicht mehr so<br />

fein, sinkt das Risiko für die<br />

Reisekrankheit. Ob Seekrankheit,<br />

Flugkrankheit,<br />

Übelkeit im Auto oder in der<br />

Bahn und sogar Übelkeit im<br />

Kino: alle haben den gleichen<br />

Ursprung. Bei der Seekrankheit<br />

z.B. ist der Grund<br />

für das Unwohlsein nicht nur<br />

das ungewohnte Auf und Ab<br />

auf einem Schiff, sondern eine<br />

Verwirrtheit des Gehirns,<br />

das von den Sinnesorganen<br />

unterschiedliche Informationen<br />

über die Bewegung erhalte.<br />

Der Mensch habe drei<br />

Systeme, die ihn über die Bewegung<br />

des eigenen Körpers<br />

im Raum informierten: die<br />

Augen, das Gleichgewichtsorgan<br />

im Innenohr und das<br />

sog. propriozeptive System,<br />

u.a. Druckrezeptoren an der<br />

Fußsohle oder Sensoren in<br />

der Haut, die zum Beispiel<br />

den Luftzug einer Bewegung<br />

spürten. Lieferten alle drei<br />

Systeme die gleiche Information<br />

an das Gehirn, sei alles<br />

in Ordnung. Erhalte das Hirn<br />

aber widersprüchliche Signale,<br />

schalte es auf Alarmbereitschaft.<br />

Der Körper reagiere<br />

„Seekrank sitz’ ich noch immer am Mastbaum (...)“, Holzstich,<br />

unbezeichnet, aus: Heinrich Heines Werke, hrsg. von H. Laube, o.J.<br />

Foto: picture-alliance<br />

darauf, als wenn er vergiftet<br />

worden sei und wehre sich<br />

mit Übelkeit und Erbrechen.<br />

Die Wissenschaftler sprechen<br />

deshalb von einer Vergiftungstheorie.<br />

Streng genommen<br />

sei die Reisekrankheit<br />

deshalb auch keine Krankheit,<br />

sondern ein Schutzmechanismus<br />

des Körpers. Welcher<br />

evolutionäre Sinn hinter<br />

diesem Mechanismus stecke,<br />

bleibe allerdings unklar. Klar<br />

sei hingegen, dass der<br />

menschliche Körper für Reisen<br />

per Schiff, Flugzeug oder<br />

Auto eigentlich nicht gebaut<br />

sei. Auf dem Markt werden<br />

verschiedenste Hilfsmittel<br />

angeboten – von Ingwer-Tee<br />

bis zu Akupressur-Bändern<br />

am Handgelenk; medizinische<br />

Belege für die Wirksamkeit<br />

dieser Mittel gibt es den<br />

Forschern zufolge jedoch<br />

kaum. Die Suche nach Mitteln<br />

gehe jedoch weiter, besonders<br />

die Bundeswehr investiere<br />

in die <strong>Forschung</strong>,<br />

aber auch die Kinobranche,<br />

da vielen Zuschauern vor allem<br />

bei 3D-Filmen schlecht<br />

werde (Frank Schmäl; www.<br />

dpaq.de / ZOIEP; dpa, 15.7.<br />

13).<br />

Rauchen und Trinken<br />

US-Forscher haben in einem<br />

Versuch mit Ratten<br />

einen biologischen Grund für<br />

die These gefunden, dass Rauchen<br />

die Lust auf Alkohol<br />

steigert. Beim Menschen ist<br />

dieser Zusammenhang noch<br />

nicht konkret bewiesen. Nager,<br />

die Nikotin ausgesetzt<br />

waren, versuchten im Experiment<br />

tatsächlich deutlich häufiger<br />

aus hingestellten Schälchen<br />

mit Alkohol zu trinken<br />

als Artgenossen ohne Tabakeinfluss.<br />

Eine Erklärung für<br />

dieses Verhalten sehen die<br />

Wissenschaftler in der Dopamin-Ausschüttung<br />

im Gehirn.<br />

Sie steuert unter anderem das<br />

Belohnungssystem. Nikotin<br />

bremse die Belohnungswirkung<br />

auf der einen Seite aus –<br />

und aktiviere auf der anderen<br />

Seite zusätzlich noch Stresshormon-Rezeptoren.<br />

Beides<br />

steigere die Lust auf die<br />

nächste Droge: Alkohol. Die<br />

Wissenschaftler schließen<br />

nicht aus, dass dieser Mechanismus<br />

auch für Menschen<br />

gilt. In früheren Studien haben<br />

Wissenschaftler bereits<br />

zahlenmäßig belegt, dass Alkoholmissbrauch<br />

unter Rauchern<br />

rund zehnmal häufiger<br />

vorkommt als unter Nichtrauchern<br />

(William Doyon et al.,<br />

DOI:10.1016/j.neuron.<strong>2013</strong>.06.006;dpa,22.7.13).

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