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Forschung & Lehre 8 | 2013

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8|13 <strong>Forschung</strong> & <strong>Lehre</strong> STANDPUNKT 605<br />

To MOOC or not to MOOC<br />

Dr. Rolf Hoffmann<br />

ist Geschäftsführender Direktor<br />

der German-American<br />

Fulbright Commission.<br />

… diese Frage stellen<br />

sich seit kurzer Zeit<br />

deutsche Hochschulen<br />

und greifen damit eine<br />

Diskussion auf, die in<br />

den USA bereits an<br />

den Pfeilern des Bildungsauftrags<br />

der<br />

Hochschule selbst –<br />

der Aufgabe des ‚College’,<br />

die Persönlichkeit<br />

des jungen Studierenden<br />

in vier Jahren<br />

zu formen – rüttelt.<br />

Die Beweggründe jenseits<br />

des Atlantiks sind<br />

freilich ganz andere als<br />

in Deutschland: Ein Bildungssystem, das ohne exorbitante<br />

Studiengebühren selbst in öffentlichen<br />

Einrichtungen nicht mehr überlebensfähig ist, bei<br />

dem in privaten ‚liberal arts‘ Colleges die Kosten eines<br />

einzigen Studienjahres mitunter höher sind als<br />

das jährliche Durchschnittseinkommen in den<br />

USA, in dem es keine duale Ausbildung gibt und<br />

somit der einzige Weg zum beruflichen Erfolg im<br />

Studium liegt – ein solches Bildungssystem braucht<br />

neue Ideen, um einerseits die Kosten für die Hochschulen<br />

zu senken und andererseits möglichst vielen<br />

jungen Menschen den Weg in die Hochschule<br />

zu zahlbaren Konditionen zu öffnen. E-learning<br />

und Massive Open Online Courses (MOOCs) bieten<br />

sich in einem solchen Bildungsmarkt als neues<br />

Instrument geradezu an. Diese neuen Optionen für<br />

Interessenten und Anbieter bergen allerdings noch<br />

große Unwägbarkeiten, entsprechend erhitzt sind<br />

die Gemüter. So sehen Hochschullehrer ihren pädagogischen<br />

Auftrag und ihr Selbstverständnis als<br />

<strong>Lehre</strong>r im Kreis von Schülern gerade im College-<br />

Bereich gefährdet: wie soll die Persönlichkeit junger<br />

Menschen ohne Präsenz und Campusleben reifen,<br />

wie sollen sich die berühmten ‚social soft skills‘<br />

zu Hause vor dem PC entwickeln?<br />

Entsprechend diffus sind die Nachrichten, die<br />

fast täglich über den großen Teich schwappen. Ein<br />

funktionierendes Geschäftsmodell gibt es wohl<br />

bisher noch nicht, und der US-Bildungsmarkt<br />

steht aus ökonomischen Zwängen vor der vielleicht<br />

größten Herausforderung der letzten Jahrzehnte<br />

für eine ganz neue Art des <strong>Lehre</strong>ns und<br />

Lernens – mit offenem Ausgang für das bestehende<br />

College-System.<br />

All dies scheint – zumindest noch – wenig relevant<br />

für die meisten deutschen Hochschulen. Dennoch<br />

gewinnt die MOOC-Diskussion auch hier an<br />

Fahrt. Die Gründe für das hohe Engagement einzelner<br />

Akteure in deutschen Institutionen – die<br />

sich diametral von denen amerikanischer Akteure<br />

unterscheiden! – scheinen schlüssig: neue didaktische<br />

Modelle im online-learning erhöhen die Qualität<br />

der <strong>Lehre</strong>, vermitteln komplexe Inhalte verständlicher,<br />

öffnen auch kleinen Hochschulen<br />

neue Nischen bei der Rekrutierung und Einbindung<br />

Studierender (gerade im dualen Bereich)<br />

und erreichen potenziell Studierwillige, die sonst<br />

nicht den Weg zur Hochschule finden. Aber ist das<br />

alles wirklich so? In welchem Verhältnis stehen<br />

Aufwand (Kosten der Erstellung eines MOOCs)<br />

und Erfolg (bestandener Abschluss des online-<br />

Kurses) bisher? Wer trainiert den Trainer? Welche<br />

Fächer eignen sich überhaupt für online-Angebote?<br />

Und schließlich: Sind wir wirklich so unabhängig<br />

von kommerziellen Interessen?<br />

All dies sind Prämissen, die es zu überprüfen<br />

gilt, bevor Aktionismus das Tagesgeschehen bestimmt.<br />

Ein ‚Hype‘, wie manche meinen, eine sich<br />

schnell im Sande verlaufende Diskussion wird es<br />

diesmal nicht sein. Ein Blick über die Grenzen<br />

hinweg kann dabei nicht schaden, erst recht nicht<br />

die durch Neugier getriebene probeweise Teilnahme<br />

an einem MOOC. Zumal auch die Internationalisierung<br />

der Hochschulen – und hier besonders<br />

die Studierendenmobilität – ein bedeutendes Aktionsfeld,<br />

wenn nicht gar ein weltweiter Markt, für<br />

MOOCs werden könnte.

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