Europa am Scheideweg – Zwischen Verbrüsselung und Vielfalt

Jede Menge
Fehlentwicklungen
Die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen
Union: Förderungen für Agrarriesen, Genmais und
Anschlag auf die Nahrungsmittelvielfalt
VON FRANZ GRAF
D
ie gemeinsame Agrarpolitik ist eines der ersten und bedeutendsten
Betätigungsfelder der Politik der Europäischen Union.
Dies ist nicht nur der Fall, weil ein bedeutender Anteil des Budgets
für diesen Bereich vorgesehen ist, sondern da er von überragender
Bedeutung für das Zusammenleben der Menschen ist. Ohne die Sicherstellung
der elementarsten Grundbedürfnisse des Menschen
ist keine geordnete Gesellschaft denkbar. Die Landwirtschaft sichert
aber nicht nur die Versorgung der Bürger mit den dringend
notwendigen Lebensmitteln, sondern erhält auch mühsam die europäische
Kulturlandschaft, die sich in den letzten Jahrtausenden
langsam entwickelt hat. Sie liefert nicht nur die dringend benötigten
Nahrungsmittel, sondern produziert auch eine Vielzahl an Ausgangstoffen
für andere Wirtschaftszweige.
Die Bauern befinden sich heute allerdings in einem gesellschaftlichen
Spannungsfeld. Ihre Lebensrealitäten haben sich in den letzten
Jahrzehnten durch die fortschreitende Mechanisierung und den
Strukturwandel radikal verändert und die Zahl der landwirtschaftlichen
Betriebe hat sich dadurch in den letzten fünfzig Jahre mehr
als halbiert. Durch jede Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) wird ihre wirtschaftliche Existenz auf eine neue Grundlage
gestellt und verändert. Die Subventionen der EU sind für viele Bauern
überlebensnotwendig geworden, während sie ihnen gleichzeitig
laufend weitere Einschränkungen auferlegt. Große, industriell
arbeitende Betriebe wurden durch diese Entwicklung gefördert,
während die klassischen Familienunternehmen massiv unter
Druck geraten sind.
Um die gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Union verstehen
zu können, ist es nötig, die Entwicklungsschritte zu kennen,
133