Europa am Scheideweg – Zwischen Verbrüsselung und Vielfalt

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M. Haimbuchner – Regionalisierung statt Zentralisierung St. Gallen: Der Schweizer Kanton ist ein Musterbeispiel für einen praktizierten Föderalismus samt Verwirklichung erfolgreicher Politik- und Verwaltungsinstrumente 45 Bild: geschichteinchronologie.ch
46 EUROPA AM SCHEIDEWEG – ZWISCHEN VERBRÜSSELUNG UND VIELFALT Camerons „Big Society“ Aber nicht nur im deutschsprachigen Teil Europas finden sich Modelle stärkerer Partizipation von Gemeinschaft und Teilhabe am Gemeinsamen. Das Modell „Big Society“ bezeichnet das gesellschaftspolitische Programm des britischen Premierministers David Cameron, welches darauf abzieht, zivilgesellschaftliches Engagement vor allem im Sozial- und Bildungsbereich zu fördern. Im Sinne des „Empowerment“ soll die Macht des Zentralstaates zu Gunsten von Bürgern und Kommunen verringert werden. Cameron ermuntert alle denkbaren gesellschaftlichen Gruppen, vermehrt Aufgaben zu übernehmen, die der Staat nicht oder nicht ausreichend ausübt. Er ruft die Bürger dazu auf, sich frei und mächtig genug zu fühlen, um sich und ihren Gemeinschaften selbst zu helfen, statt nach dem Staat zu rufen. Damit werde es eine „radikale Verschiebung der Macht vom Zentralstaat zu den Bürgern“ geben. Cameron will mit diesem Ansatz sicherlich der extrem individualistischen Grundhaltung, wie sie über den „Thatcherismus“ der Eisernen Lady und Ikone des Neoliberalismus Margaret Thatcher auch den Tories eingepflanzt wurde, entgegenwirken. Margaret Thatcher wird ja der Satz zugeordnet „There is no such thing as society“ („Es gibt keine Gesellschaft“). Der Starke ist der Mächtige allein, diese extrem liberale Position hat die britischen Konservativen in ein Eck gestellt, aus dem David Cameron sie nun herausführen will. „Big Society“ soll aber auch die Antithese zum Sozialismus mit seinem „Big Government“-Konzept sein. Cameron baut auf dem traditionellen Modell der „communitariens“ auf. Bürger, die sich für die Gemeinschaft einbringen, haben im Vereinigten Königreich durchaus Tradition. Im Zentrum der politischen Durchführung des „Big Society“- Konzeptes stehen freiwillige Leistungen durch Einzelpersonen und gesellschaftliche Gruppen, wie beispielsweise Nichtregierungsorganisationen und soziales Unternehmertum, die wesentliche Bereiche bisher staatlicher Verwaltungen im Bildungs-, Pflege- und Gesundheitsbereich übernehmen sollen. Beispielsweise soll die Einrichtung unabhängiger Schulen durch Elterngruppen gefördert werden. Zur Finanzierung einzelner Projekte soll eine eigene „Big Society“-Bank gegründet werden, für die auch privaten Banken Kapital bereitstellen sollen. Viele Kritiker sympathisieren zwar mit der Grundidee der „Big Society“, bezweifeln aber, daß die Bürger ausreichend Zeit und Interesse aufbringen werden, um das zusätzlich Notwendige zu leisten. Auch soziale Verwerfungen wie hohe Arbeitslosigkeit und
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