Bausteinheft 5 - Sekundarstufe I
Bausteinheft 5 - Sekundarstufe I
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Orientierungsarbeiten<br />
Beobachtung<br />
Funktionen<br />
und Normen<br />
Erw. Leistungsbeurteilung<br />
Notengebung Lernkontrollen<br />
Äussere<br />
Differenzierung Portfolio<br />
Lernberatung Prüfungsangst Fehler<br />
Pädagogische Norm<br />
Neuralgische Punkte<br />
der Notengebung<br />
wüchsigen Getreidefeldern. Damit widerspiegelt die Normalverteilung das Gesetz der<br />
grossen Zahl. Sie ergibt sich, wenn bei Reihenmessungen in der Natur eine Grösse durch<br />
viele verschiedenartige, voneinander unabhängige und zufällig wirkende Faktoren bestimmt<br />
ist. Das ist beispielsweise beim Längenwachstum von Löwenzahnstängeln der Fall. In<br />
ähnlicher Weise scheinen auch gewisse Merkmale beim Menschen durch Zufallswirkungen<br />
bestimmt zu sein: Körpergrösse, Gewicht u.a.<br />
Schulleistungen hingegen sind von einer Reihe verschiedenartiger Faktoren abhängig.<br />
Das «Angebots-Nutzungs-Modell» (vgl. Helmke, 2003) macht deutlich, dass einige der<br />
Faktoren für Unterrichtsqualität nicht zufällig, sondern gezielt auf die Schülerinnen und<br />
Schüler einwirken. Versteht es die Lehrperson zum Beispiel, den Schülerinnen und Schülern<br />
ein motivierendes, lerngerechtes Angebot bereitzustellen, dann wird sie immer wieder<br />
erleben können, dass die Klasse als Ganzes gute Leistungen erbringt. Unterricht will gerade<br />
zufälligen Verteilungen entgegenwirken! Ziel der Lehrerarbeit sollte demzufolge sein,<br />
dass eine schiefe Verteilung entsteht (möglichst viele Schülerinnen und Schüler erreichen<br />
das Kriterium). Wenn nun aber die Lehrperson bei der Leistungsbewertung hauptsächlich<br />
eine Normalverteilung zugrunde legt und entsprechende Notenverteilungen berechnet,<br />
liegt es nahe, dass weniger das Erreichen von Lernzielen als vielmehr das «Besser<br />
sein als die anderen» zum Leitmotiv der Schülerarbeit wird: Dieses Konkurrenzdenken<br />
geht zu Lasten von Kooperation (die sich ja nicht «auszahlt») und erzeugt ein lernhemmendes<br />
Lernklima.<br />
Für das Anlegen der Benotungsskala wählt deshalb die problembewusste Sekundarlehrperson<br />
die «pädagogische Norm», in die Überlegungen aus verschiedenen Bezugssystemen<br />
einfliessen. Die erste Überlegung gilt dem so genannten Sockelwert, jener Leistungsgrenze,<br />
die von den Schülerinnen und Schülern mindestens erreicht wird, um aller Voraussicht nach<br />
erfolgreich weiterzulernen. Haben alle Schülerinnen und Schüler nach Meinung der Lehrperson<br />
diese Leistungsgrenze erreicht, kann sie ganz auf die Vergabe der Noten unterhalb<br />
dieser Grenze verzichten. In einem zweiten Schritt bestimmt die Lehrperson die<br />
Eckwerte (beste und schlechteste Leistung) und weist für die einzelnen Noten möglichst<br />
gleichmässige Intervalle zu (vgl. dazu die ausführlichen Angaben unter «Vorgehen»).<br />
Immer dieselbe Benotungsskala zu verwenden ist nur sinnvoll, wenn wirklich auch alle<br />
Prüfungen dasselbe Anforderungsprofil aufweisen. Ansonsten müssen Skalen entsprechend<br />
den unterschiedlichen Anforderungen flexibel (strenger oder milder) angelegt werden.<br />
Seit Jahrzehnten wird die messtechnische Leistungsfähigkeit von Ziffernoten für die Beurteilung<br />
wissenschaftlich untersucht. Die Ergebnisse fallen sehr zwiespältig aus. Die Errechnung<br />
von Notendurchschnitten mag Gerechtigkeits-, Ansporn- oder Bestrafungsmotive<br />
haben (siehe oben). Sie führt aber in allzu vielen Fällen zu verfälschten Leistungsbehauptungen,<br />
die nicht der Wirklichkeit entsprechen. Aus pädagogischer Sicht müssten<br />
an Stelle von Durchschnitten Beschreibungen des Leistungsverlaufs treten. Damit könnten<br />
Lernende, Eltern und Abnehmer mehr anfangen. Das alles weiss man schon lange.<br />
Dennoch ist die Notenpraxis ungeachtet aller Nachteile eine Erfolgsgeschichte. Noten<br />
sind populär! Der Erfolg dieses in professioneller pädagogischer Sicht heute problematischen<br />
Notenmodells liegt in verschiedenen Vorzügen begründet:<br />
•Das Notensystem ist eine einfache Konstruktion und für jedermann verständlich.<br />
•Die Zuordnung von Ziffern zu Leistungen ist ein ökonomisches, massentaugliches<br />
Verfahren. Wortberichte beispielsweise kosten ein Mehrfaches an Zeit und werden überdies<br />
von Zeugnislesern nicht honoriert, die eine «Kurzmitteilung auf einen Blick» bevorzugen.<br />
• Noten geniessen hohes Vertrauen. Sie erwecken – als Masszahlen gelesen – den Eindruck<br />
von Objektivität und Exaktheit.<br />
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