11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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Zum Stand der Behandlung<br />
verschimmelter Archivbestände<br />
von Robert Fuchs<br />
In Archiven fi ndet sich immer wieder Schimmel in Akten<br />
und anderem Archivgut. Der Befall ist immer auf<br />
eine schlechte Aufbewahrung zurückzuführen. Um<br />
sich klar zu machen, weshalb Archivgut immer wieder<br />
von Mikroorganismen befallen wird, ist es notwendig,<br />
sich die Lebensbedingungen zu verdeutlichen.<br />
Schimmelpilze sind Pfl anzen die einen einfachen<br />
Vegetationskörper (Thallus) besitzen, also keinen<br />
Spross und Wurzel. Es sind keine Pigmente zur Photosynthese<br />
vorhanden und somit ist keine Assimilation<br />
mit CO 2 möglich. Die Morphologie der Schimmelpilze<br />
ist einfach zu beschreiben: sie besitzen ein Mycelgefl<br />
echt aus einzelnen Hyphen, die aus separierten und<br />
unseparierten Zellfäden bestehen können. 1<br />
Abb. 1: Diagramm zur Verdeutlichung des Zusammenhanges von<br />
Objektfeuchte (Wasseraktivität), Temperatur und Wachstumsgeschwindigkeit<br />
von Aspergillus chevalieri (aus: Reiß: Schimmelpilze<br />
s. Anm. 1). Bei 12 °C und einer Objektfeuchte von 95 % wächst<br />
der Schimmel mit 0,1 mm/Tag. Bei 10 °C und einer Objektfeuchte<br />
von 80 % ist kein Wachstum vorhanden. Bei 35 °C und einer<br />
Objektfeuchte von 95 % wächst der Schimmel mit 6 mm/Tag!<br />
Ihre beliebtesten Nahrungsquellen sind Cellulose<br />
aus Kleister und Papier oder Proteine aus Klebstoff<br />
und Pergament. Beste Nahrungsquelle sind Rückstände<br />
eines früheren Befalls, da die Cellulose- oder<br />
Proteinketten der besiedelten Materialien durch die<br />
zuvor stattgefundene „Verdauung“ bereits verkürzt<br />
sind. Sie sind bei einem Wiederbefall leichter abzubauen<br />
und daher bevorzugte Nahrungsgrundlage.<br />
Wie immer wieder zu lesen ist, benötigen die meisten<br />
Schimmelpilze Temperaturen zwischen mindestens<br />
18 und 25 °C und eine relative Luftfeuchte von<br />
65 %. Doch eigentlich ist die Objektfeuchte der ausschlaggebende<br />
Punkt und nicht die Raumfeuchte. Damit<br />
Papier befallen werden kann, muss lokal eine bestimmte<br />
Wassermenge vorhanden sein. Diese nennt<br />
man Objektfeuchte oder wissenschaftlich Wasseraktivität<br />
aW. Für ein Keimen der Sporen muß eine Wasseraktivität<br />
von 0.6 bis 0.99 vorliegen, d. h. die lokale<br />
Wassermenge muss mindestens zwischen 60 und<br />
99 % liegen (Abb. 1). Die lokale Wasseraktivität hängt<br />
sehr stark von der weiteren Aufnahmefähigkeit des<br />
Wassers an der gegebenen Stelle ab: Wird ein aufgetropfter<br />
Wassertropfen aufgrund der Materialbeschaffenheit<br />
schnell weitergeleitet, kann sich lokal keine<br />
hohe Objektfeuchte einstellen. D.h. bei den meisten<br />
offenporigen faserigen Papiermaterialien schlägt die<br />
Feuchtigkeit auf die umliegenden Stellen durch und<br />
die Wasseraktivität bleibt unter 0.6. Ist das Papiermaterial<br />
dicht und beispielsweise durch einen kunstharzhaltigen<br />
Strich versiegelt, bleibt der Wassertropfen auf<br />
der Oberfl äche eine Zeit lang stehen und die Wasseraktivität<br />
beträgt dann dort 1.0. Man spricht im letzten<br />
Fall von Kondenswasserbildung. Kann sich die hohe<br />
Objektfeuchtigkeit für eine bestimmte Zeit halten, keimen<br />
die vorhandenen Sporen aus und das Schimmelpilzwachstum<br />
beginnt (Abb. 2).<br />
Aus den geschilderten Gründen fi ndet sich Schimmelbefall<br />
bei einem akuten Wassereinbruch immer<br />
erst an den Stellen, die das Wasser nicht gut weiterleiten<br />
und bei erhöhter Temperatur. Das ist in einem<br />
Bücherregal immer auf dem Einband der Fall, dort<br />
wo die Oberfl äche mit Klebstoff, Kunststofffolie oder<br />
Kunstharzen wasserundurchlässig gemacht wurde<br />
(Abb. 3).<br />
Die Sporen von Schimmelpilzen sind ubiquitär,<br />
d. h. sie sind in jeder normalen Zimmerluft vorhan-<br />
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