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11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...

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90 Schimmelpilze auf Fotografi en – Siedlungsbedingungen und spezielle Behandlungsmöglichkeiten<br />

aufgrund gesetzlicher Vorschriften nur gering variiert<br />

werden.<br />

Das Ethylenoxid reagiert vornehmlich mit den funktionellen<br />

Gruppen von Eiweißen, an den Carboxygruppen,<br />

Schwefelgruppen, Aminogruppen und Hydroxygruppen.<br />

Dadurch entstehen chemische und<br />

sterische Veränderung an den Enzymen, der DNS, an<br />

Zellorganellen und Zellwänden, die den Stoffwechsel<br />

und die Fortpfl anzungsfähigkeit verhindern. Als unmittelbare<br />

Reaktionsprodukte entstehen Ethylenglykole<br />

und Glykolether. Als allmählich entstehende Folgeprodukte<br />

sind Glyoxal, Dioxolan, Dioxan, Ethylenchlorhydrin<br />

und Ester der Glykoldialkylether anzutreffen. 27<br />

Darunter sind die für den Menschen sehr giftigen<br />

Ethylenglykole, das Ethylenchlorhydrin und das Glyoxal,<br />

die in Mengen an der Nachweisgrenze vorliegen.<br />

Möglicherweise gasen das Ethylenoxid und andere<br />

Substanzen länger aus, als bisher angenommen, was<br />

beim Menschen kanzerogen und fruchtschädigend<br />

wirken kann. Gelegentlich klagen Bearbeiter entsprechend<br />

behandelter Bestände über merkwürdige Gerüche.<br />

Die Desorbtion des Ethylenoxids erfolgt bei<br />

PVC-Materialien, Polyester- und Acetatträgern über<br />

einen sehr langen Zeitraum, der bis zu 30 Tagen dauern<br />

kann. Weiterhin sind die entstehenden Alkylether<br />

Lösungsmittel für Druck- und Kugelschreiberfarben.<br />

Auch wurden Veränderungen von synthetischen und<br />

natürlichen Farbmitteln beobachtet. Bedauerlicherweise<br />

werden bei dieser Begasung weitere polare<br />

Gruppen eingefügt, die die Wasserzügigkeit der Objekte<br />

erhöhen und damit den Wiederbefall auch unter<br />

Normalbedingungen fördern!<br />

Vor der Entscheidung, das Gut mit Ethylenoxid<br />

begasen zu lassen, sollten die Vorteile (vollständige<br />

Sterilisation, für kleine und große Mengen geeignet,<br />

vorerst geringer personeller Aufwand) den Nachteilen<br />

(Klimastress, Erhöhung der Wasseraffi nität, Verringerung<br />

der Bruchfestigkeit, Restausgasungen,<br />

evtl. großer logistischer Aufwand) gegenübergestellt<br />

werden.<br />

Nach der Sterilisation müssen die Sporen und Hyphen<br />

abgenommen werden, da sie Allergien auslösen<br />

können (vgl. Trockenreinigung).<br />

Sterilisation mit Gamma-Strahlen<br />

Die Gamma-Strahlung ist energiereichste ionisierende<br />

Strahlung. Bei der Bestrahlung von Kulturgut werden<br />

Strahlendosen eingesetzt, die keine Radioaktivität an<br />

den Objekten induziert.<br />

Das Bestrahlungsgut muss in stabilen Kartons<br />

verpackt werden. Die Packungseinheiten werden auf<br />

EURO-Paletten maximal 1,80 m hoch gestapelt und<br />

so in eine Bestrahlungskammer gestellt. Die Fotografi<br />

en müssen rutschfest verpackt werden, da die Paletten<br />

mit Gabelstaplern gefahren werden. Dem Dienstleister<br />

müssen materialtechnische Angaben zu den<br />

Fotografi en gemacht werden, damit er die erforderliche<br />

Strahlendosis ermitteln kann. Sie richtet sich<br />

nach der Art und Dichte des Materials und der Dichte<br />

der Packung.<br />

In der Literatur werden für Bücher und Archivalien<br />

allgemein Strahlendosen von 5–12 kGy beschrieben.<br />

Dies seien die Erfahrungswerte der Betreiber. Soll dagegen<br />

das Auftragsprotokoll ausgefüllt werden, werden<br />

18 kGy empfohlen. Tatsächlich ist man in dieser<br />

Hinsicht dem Dienstleister ausgeliefert, da er nur<br />

bei Übernahme seiner Vorgaben auch die entsprechenden<br />

Garantie – vollständige Sterilisation – geben<br />

wird. Eine Untersuchung des bestrahlten Gutes auf<br />

die Effi zienz wird standardmäßig nicht durchgeführt.<br />

Prinzipiell ist die maximale Strahlenresistenz von<br />

Mikroben, die bei 3 kGy liegt, zu beachten. Dies erscheint<br />

wenig, jedoch muss diese Dosis im Inneren<br />

des Paketes ankommen. Die Strahlendosis wird demzufolge<br />

bei größerer Packdichte und größerem Packvolumen<br />

erhöht, da die Strahlungsintensität nach innen<br />

hin abnimmt. Somit werden die äußeren Einheiten<br />

wesentlich stärker bestrahlt, als die inneren. Wie sich<br />

die Erfahrungen der Betreiber aus dem Archiv- und<br />

Bibliothekssektor auch auf Fotografi en übertragen<br />

lassen, ist nicht geklärt. Soll tatsächlich eine größere<br />

Menge Silberfotografi en bestrahlt werden, müßte<br />

die Strahlendosis wesentlich erhöht werden, da Silber<br />

sehr gut Röntgenstrahlen absorbiert. Daher wäre zu<br />

klären, ob die Strahlung überhaupt in einer sinnvollen<br />

Dosis im Inneren einer größeren Packmenge auf die<br />

Mikroorganismen trifft.<br />

Die Palette wird am „Quellenkäfi g“ (zweidimensionales<br />

Rohrsystem, welches die Strahlung emittiert)<br />

vorbeigeführt. Durch drei 90°-Drehungen wird eine<br />

homogene Dosisverteilung erreicht. Bei Anlagen ohne<br />

Kammerkühlung kann eine Erwärmung bis zu 6 Kelvin<br />

eintreten. Das Bestrahlgut wird mit einem Bestrahlungsprotokoll<br />

wieder zurückgegeben. Vor der Reinigung<br />

müssen die Objekte noch getrocknet werden<br />

(falls dies nicht schon vor der Bestrahlung passiert ist).<br />

Zum einen verhindert dies den baldigen Neubefall, da<br />

eine Reinigung in einem sterilen Raum kaum möglich<br />

sein wird. Andererseits erleichtert es das unbedingte<br />

Abnehmen der Sporen und Hyphen.<br />

Die energiereiche Strahlung führt u. a. zu Vernetzungsreaktionen<br />

an Kunststoffen und zum Depolymerisieren<br />

von organischen Molekülen. Dadurch werden<br />

Eiweißstoffe denaturiert, insbesondere die DNS. Von<br />

den Betreibern wird gern die Zunahme der Festigkeit<br />

bei thermoplastischen Kunststoffen als positiver Effekt<br />

beschrieben, was durch Quervernetzungen verursacht<br />

wird. Allerdings geht dies einher mit der zunehmenden<br />

Versprödung der Materialien (PE-Abzüge<br />

und Kunststoffhüllen). Auch entstehen dabei freie Radikale,<br />

die wiederum nicht sofort vollständig reagieren,<br />

sondern bis zum Auffi nden eines Reaktions-<br />

papierrestauratoren - endfassung90 90 31.01.2008 14:04:32

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