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11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...

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Bert Ja ek<br />

91<br />

partners noch länger in den Materialien verbleiben.<br />

Dabei können sie Radikalnester bilden und schädigende<br />

Alterungsreaktionen induzieren (Microspots)<br />

und beschleunigen.<br />

Bei sterilisierten Büchern (Bestrahlungen zwischen<br />

1998 und 2002) wurde wieder ein frischer Befall mit<br />

Schimmelpilzen entdeckt, was ein Beweis dafür ist,<br />

dass letztlich nach einer Schimmelpilzbehandlung<br />

das Hauptaugenmerk immer auf eine konservatorische<br />

Lagerung zu richten ist. Ebenfalls verlieren Barytabzüge<br />

bis zu einem Viertel ihrer Bruchfestigkeit,<br />

wie in Tests nachgewiesen wurde 28 . Auch wenn die<br />

Fotografi en unter normalen Bedingungen nicht mechanisch<br />

strapaziert werden, wird deren Lebensdauer<br />

durch eventuell mehrmalige Behandlungen erheblich<br />

verkürzt.<br />

Desinfektion mit Alkoholen 29<br />

Die mikrobiozide Wirkung von Alkoholen ist schon lange<br />

bekannt. Sie wirken sehr schnell, sind einfach anzuwenden,<br />

haben ein breites Wirkungsspektrum und<br />

benötigen keinen großen apparativen Aufwand (Absaugmöglichkeit<br />

für die Dämpfe schaffen).<br />

Von den aliphatischen 30 Alkoholen sind die mit 2<br />

bis 8 C-Atomen die wirksamsten. Obwohl die mit 5–8<br />

C-Atomen am effektivsten sind, haben sich nur Ethanol<br />

(2 C-Atome) und die Propanole (3 C-Atome) in<br />

der Restaurierungspraxis durchgesetzt. Die längerkettigen<br />

Alkohole weisen zu lange Verdunstungszeiten<br />

auf, haben einen unangenehmen Geruch und können<br />

schnell über die Haut (respektive Schleimhäute) gesundheitsschädigend<br />

aufgenommen werden 31 . Prinzipiell<br />

wirken die Alkohole durch das Denaturieren der<br />

Eiweißstrukturen in den lebenden Pilzteilen. Des weiteren<br />

wird die Eiweiß- und die Zellwandsynthese behindert.<br />

Auch fi ndet die Blockierung des Stoffwechsels<br />

durch falsche Reaktionspartner statt.<br />

Wichtig beim Einsatz von Alkoholen ist jedoch,<br />

dass diese nicht zu hochprozentig verwendet werden.<br />

Die Zellwände verfügen über Mechanismen zum Verschließen<br />

ihrer Öffnungen, wodurch das Eindringen<br />

des Alkohols blockiert wird. Die Ansichten über eine<br />

sporizide Wirkung gehen auseinander. Da die Sporen<br />

ohnehin weitestgehend abgenommen werden müssen,<br />

ist dieser Aspekt nicht so relevant.<br />

Bei feuchtem Gut setzt eine mikrobiozide Wirkung<br />

schon ab 30 %iger Konzentration von Ethanol ein,<br />

bei trockenem Gut sind 60–70 % Ethanol in Wasser<br />

am effektivsten. Allerdings muss darauf hingewiesen<br />

werden, dass eigentlich das Abwischen der Oberfl<br />

äche mit dieser Lösung nicht für eine Desinfektion<br />

ausreicht! Soll tatsächlich eine Desinfektion erfolgen,<br />

müssen die Fotografi en mindestens 90 sec mit einem<br />

80 %igen Ethanol-Wasser-Gemisch benetzt sein 32 . Allerdings<br />

werden bei einer „Reinigung mit einem Desinfektionsmittel“<br />

die aufl iegenden Hyphen und Sporen<br />

abgenommen, was ausreicht, wenn die Fotografi en<br />

danach trocken genug gelagert werden.<br />

Besser geeignet als Ethanol sind n-Propanol und<br />

Isopropanol (2-Propanol), wobei zweiteres mikrobiell<br />

am wirksamsten ist. Beide Propanole wirken bei<br />

60–70 %iger Konzentration und zweimaliger Anwendung<br />

von 2,5 min mit einer Abtötungsrate um 98 % 33 .<br />

Sie haben auch den Vorteil, dass sie langsamer als<br />

Ethanol verdunsten und dadurch die Einwirkzeit länger<br />

ist. Bei einer kurzen Behandlungsdauer wird nur<br />

das Luftmycel desinfi ziert. Über die „Tiefenwirkung“<br />

bis ins Substratmycel konnten keine Angaben gefunden<br />

werden.<br />

Zu berücksichtigen ist bei der Verwendung alkoholischer<br />

Lösungen, dass ein gewisser Wasseranteil<br />

bspw. in die Gelatine eingebracht wird. Wie empfi ndlich<br />

eine Oberfl äche auf die Feuchtigkeit und das „Reiben“<br />

reagiert, muss an einer unauffälligen Stelle zuvor<br />

getestet werden. Möglich sind auch der Einsatz<br />

von Klimakammern oder Aerosolgeräten, die die Objekte<br />

mit der Desinfektionslösung bedampfen 34 . Eine<br />

zu hohe Konzentration des Alkohols (über 90 %) sollte<br />

vermieden werden, da dies zum Austrocknen von Gelatine<br />

und so zu Abplatzungen und Rissen führen kann.<br />

Weiterhin verdunstet dieses Gemisch sehr schnell und<br />

die Verdunstungskälte kann zu Spannungen, z. B. bei<br />

Glasplatten, führen 35 . Negative Auswirkungen durch<br />

die Retentionszeiten der Lösungsmittel wurden noch<br />

nicht beobachtet 36 . Die alkoholische Desinfektion von<br />

Kollodium- oder Firnisschichten ist durch deren Lösungsverhalten<br />

ausgeschlossen.<br />

Die Anwendung von Desinfektionsbädern ist nur<br />

nach einer vorigen Härtung der Gelatine denkbar, damit<br />

eventuell abgebaute Gelatine nicht verloren geht.<br />

Mit einer Härtung durch Formaldehyddämpfe geht<br />

eine gleichzeitige, ausreichende Sterilisierung der Mikroorganismen<br />

einher.<br />

Teilsterilisation durch Vakuumierung<br />

Es gibt sehr gute Erfahrungen beim Einsatz dieses<br />

Verfahrens in Bibliotheken und Archiven, dennoch wird<br />

die Praxis der Vakuumierung noch recht selten angewandt.<br />

Dabei können mit ihr sehr bequem zwei Ziele<br />

erreicht werden: sowohl die Trocknung der Objekte,<br />

als auch die Abtötung aller lebenden Mikroorganismen<br />

und –teile (einschließlich des Substratmyceles) 37 .<br />

Mit dem Evakuieren der Luft dehnt sich das Zellplasma<br />

der Hyphen aus und bringt die Zellen zum<br />

Platzen. Dafür muss allerdings ein recht hohes Vakuum<br />

angelegt werden. Dies funktioniert nicht bei bereits<br />

eingefrorenem Gut: Viele Mikroorganismen sind<br />

dann zwar inaktiv, können aber unter günstigen Lebensbedingungen<br />

wieder vital werden. In der Vakuumkammer<br />

entstehen bei einer schnellen Evakuierung<br />

unter 0,26 mbar schockartig Temperaturen von bis<br />

zu – 23 °C, was für Kollodiummaterialien und gefi r-<br />

papierrestauratoren - endfassung91 91 31.01.2008 14:04:33

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