11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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120 Forschungsstand zum Einsatz von Imidazol-/Azolderivaten bei der Schimmelpilzbekämpfung<br />
1963 an das Staatsarchiv Detmold. Diese Akten werden<br />
seit der Ordnung und Verzeichnung 1968/69 unter<br />
den Archivsignaturen 672–927 geführt und weisen<br />
entsprechend der Bestandsaufnahme im Jahre<br />
2000 keinen Pilzbefall auf. Ganz anders verhält es<br />
sich bei denjenigen Teilen des Bestandes, die 1965<br />
im Rahmen von Aussonderungsarbeiten im Landgericht<br />
Paderborn als archivwürdig ins Staatsarchiv<br />
Detmold übernommen wurden (Zugang 80/1965). Es<br />
handelte sich dabei fast ausnahmslos um fünf Aktengruppen:<br />
Testamente, sowie Personal-, Grund-,<br />
Vormundschafts- und Nachlassakten (Signaturen 1–<br />
671, 928–1069). Der ganz überwiegende Teil dieser<br />
Kartons weist einen mittelstarken bis starken Schimmelpilzbefall<br />
auf. Daraus lässt sich klar ersehen, dass<br />
der ursprüngliche Schaden noch innerhalb der (Alt-<br />
) Registratur bei Gericht entstanden ist. Da so unterschiedliche<br />
Aktentypen wie Testamente, Personalakten<br />
und Grundakten betroffen sind, die (bis heute)<br />
von verschiedenen Abteilungen eines Gerichts (Nachlassabteilung,<br />
Verwaltung, Grundbuchamt) bearbeitet<br />
werden und in aller Regel auch angesichts des massenhaften<br />
Anfalls von Unterlagen über je eigene Aktenräume<br />
verfügen, liegt es nahe, dass es sich nicht<br />
um einen begrenzten, sondern die Mehrzahl der Altregistraturräume<br />
umfassenden Wasser-/Feuchtigkeitsschaden<br />
gehandelt hat. Im Falle von Paderborn wäre<br />
etwa an die weiterreichende Zerstörung der Gerichtsgebäude<br />
im Stadtzentrum während des Bombenangriffs<br />
auf Paderborn am 27. März 1945 zu denken<br />
oder allgemeiner an wechselnde, schlechte Lagerungsbedingungen<br />
in der Übergangszeit bis zum Umzug<br />
in das neue Gerichtsgebäude 1953. 5<br />
Im Zusammenhang der Übernahme der Akten<br />
1965, bei den anschließenden intensiven Ordnungsund<br />
Verzeichnungsarbeiten bis 1969 und auch im<br />
Rahmen der durchaus regen Benutzung des Bestandes<br />
fehlt jeder Hinweis auf ein derart eklatantes Schadensbild,<br />
wie es 2000 vorgefunden wurde. Konservatorische<br />
oder restauratorische Arbeiten am Bestand<br />
wurden den Quellen zufolge nicht in Erwägung gezogen.<br />
Hätte man es über einzelne Stockfl ecken hinaus<br />
mit einer solchen Dimension eines Schimmelschadens<br />
zu tun gehabt, so müsste man in den Akten zur Übernahme<br />
oder im Findbuch irgendeinen Hinweis darauf<br />
fi nden. Die Erstellung des Findbuchs wäre unter den<br />
heute bestehenden Bedingungen regelrecht unmöglich<br />
gewesen (stark abgebautes und verblocktes Papier).<br />
Das hießt aber im Umkehrschluss, dass trotz<br />
kontinuierlicher Lagerung in einem Archivzweckbau,<br />
seit 1990 in einem mit moderner Klimatechnik ausgestatteten<br />
neuen Magazintrakt, der Schaden erheblich<br />
größer geworden, d. h. der Schimmelpilzbefall deutlich<br />
zugenommen hat. 6 Die anderen in den denselben<br />
Magazinräumen gelagerten Archivalien ohne „Vorbelastung“<br />
durch einen älteren Schimmelschaden „überstanden“<br />
die vorübergehenden Klimaschwankungen<br />
ohne erkennbare Spuren, während der Bestand M 8<br />
mit keimfähigem Altschaden massiven Wiederbewuchs<br />
aufzeigt.<br />
Ergänzend zur erforderlichen Trockenreinigung auf<br />
eine Teilsterilisierung, d. h. die Abtötung des zum Zeitpunkt<br />
der Behandlung im Papier befi ndlichen keimfähigen<br />
Materials, zu verzichten heißt also, eine „tickende<br />
Zeitbombe“ im Magazin zu lagern, die selbst bei<br />
kurzfristigen, vorübergehenden Klimaschwankungen<br />
(z. B. durch Ausfall oder Fehlfunktionen der Klimatisierung,<br />
kurzzeitigem Anstieg der Luftfeuchtigkeit durch<br />
Unglücksfälle wie Rohrbrüche oder Wassereinbruch<br />
durch poröse Fensterdichtungen bei Gewitterregen<br />
usw.) zu einem explosionsartigen Wiederbewuchs<br />
führen kann. Zudem ist zu bedenken, dass längst<br />
nicht alle Archive und Bibliotheken über (ausreichend)<br />
Magazinräume verfügen, in denen über Jahreszeiten<br />
und Witterungskapriolen hinweg kontinuierlich die erforderlichen<br />
klimatischen Bedingungen exakt eingehalten<br />
und immer die erforderlichen Verpackungen<br />
angeschafft werden können. Um das Risiko eines<br />
Wiederbewuchses an verpilzten Unterlagen auf ein<br />
Normalmaß zu senken, ist also eine Teilsterilisierung in<br />
Fällen mit keimfähigen Altschäden angezeigt. Die Herausforderung<br />
bleibt, dafür Verfahren zu fi nden, die unter<br />
den Gesichtspunkten von zuverlässiger / „breiter“<br />
fungizider Wirkung, Schonung der Schreib- und Beschreibstoffe,<br />
Gesundheits-, Arbeits- und Umweltschutz<br />
sowie Wirtschaftlichkeit praktikabel und vertretbar<br />
sind. Hierzu einen Beitrag zu leisten, ist das<br />
Ziel eines laufenden Forschungsprojekts im Landesarchiv<br />
<strong>Nordrhein</strong>-Westfalen, über dessen Stand hier<br />
berichtet wird. Darüber hinaus sind im Technischen<br />
Zentrum ab <strong>2007</strong> Versuchsreihen zur Untersuchung<br />
von Trockenreinigunsmethoden und deren Wirkung<br />
auf einen Wiederbefall geplant.<br />
Ausgangspunkt<br />
Im Rahmen des 15. Fachgesprächs der NRW Papierrestauratoren<br />
im März 2001 in Walberberg wurde<br />
über erste Ergebnisse eines damals begonnenen Forschungsprojekts<br />
am Staatsarchiv Detmold zum Einsatz<br />
pharmazeutisch genutzter Antimykotika zur Bekämpfung<br />
papierrelevanter Schimmelpilze berichtet:<br />
Eine Versuchsreihe hatte ergeben, dass das seit 1973<br />
pharmazeutisch als Breitbandantimykotikum eingesetzte<br />
Clotrimazol bei einer Einzelblattbehandlung in<br />
einem Tauchbad mit einer 10 %-igen alkoholischen<br />
Lösung und einer Behandlungszeit von maximal<br />
30 Minuten zuverlässig den Befall von vier typischen<br />
Vertretern unterschiedlicher Gruppen papierrelevanter<br />
Schimmelpilze (Aspergillus versicolor, Cladosporium<br />
herbarum, Penicillium brevicompactum und Trichderma<br />
virens) abtötet. Die fungizide Wirkung des Clotri-<br />
papierrestauratoren - endfassung120 120 31.01.2008 14:04:49