11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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52 Stärkeether in der Papierrestaurierung – Eigenschaften und Einsatzmöglichkeiten<br />
Neue Produkte mit veränderten<br />
Eigenschaften<br />
Die in Europa im Wesentlichen aus Kartoffelstärke hergestellten<br />
Stärkeether sollen über folgende veränderte<br />
Eigenschaften verfügen:<br />
• Niedrigere Verkleisterungstemperatur<br />
• Höhere Klebkraft<br />
• Verbesserte Flexibilität des Klebefi lms<br />
• Geringere Viskosität<br />
• Viskositätsstabilität<br />
Die verbesserte Viskositätsstabilität zeichnet sich<br />
durch ein geringeres oder vollständiges Ausbleiben<br />
von Wasseraustritt nach längeren Standzeiten der angesetzten<br />
Lösung aus (Abb. 2). Dieses vor allem von<br />
stark verdünnten Kleistern bekannte Phänomen wird<br />
als Retrogradation (= Rückordnung) oder set back<br />
bezeichnet und ist auf Rekristallisationsvorgänge der<br />
Stärkemoleküle nach der Verkleisterung und dem anschließenden<br />
Abkühlen zurück zu führen.<br />
Abb. 2: 4 %iger Weizenstärkekleister wurde mit Wasser auf die<br />
1,5fache Konzentration verdünnt. Innerhalb kurzer Zeit fi el die<br />
Stärke aus<br />
Hydroxyethylstärken (HES) und Hydroxypropylstärken<br />
(HPS) werden in hohem Maße in der Textil- und<br />
Papierindustrie sowie im Lebensmittelbereich eingesetzt.<br />
Die guten Filmbildungseigenschaften lassen sie<br />
als hervorragendes Schlichtemittel zur verbesserten<br />
Verspinnbarkeit von Garnen sowie zur Oberfl ächenleimung<br />
in der Papierherstellung einsetzen. Niedrigviskose<br />
Sorten werden bevorzugt zur Herstellung von<br />
Nassklebebändern eingesetzt. Die hohe Gefrier-/ Taustabilität<br />
der HPS wird besonders als Zugabe von kaltquellenden<br />
Süßspeisen und Tiefkühlkost geschätzt.<br />
Carboxymethylstärke (CMS) wird zur Faserschlichte,<br />
als Verdickungsmittel in Textildruckfarben oder auch<br />
als Überzug von Tabletten eingesetzt. In der Klebstofftechnik<br />
wird sie als Zusatz in Klebestiften verwendet.<br />
Durch den ionischen Charakter wird sie zunehmend<br />
als Waschhilfsstoff mit hoher biologischer<br />
Abbaubarkeit eingesetzt. Bei der Papierherstellung<br />
werden kationische Stärkeether in der Masse- und<br />
Oberfl ächenleimung eingesetzt, da sie hohes Faserbindungsvermögen<br />
aufweisen und sich rasch und<br />
gleichmäßig im Faserfi lz verteilen. Sie steigern die<br />
Blattfestigkeit und verbessern das Retentionsvermögen<br />
für Pigmente und Füllstoffe. In der Textilindustrie<br />
verbessern diese Stärkederivate die Gleitfähigkeit und<br />
Abriebfestigkeit der Fasern.<br />
Ansätze in der Restaurierung<br />
Diese verbesserten Eigenschaften fanden bereits verschiedentlich<br />
die Aufmerksamkeit von Restauratoren,<br />
die ionische Stärkeether beim maschinellen Anfasern 1<br />
zugaben oder diese zur Nachleimung von wässrig behandelten<br />
Papieren empfahlen 2 . Im Bereich der Textilrestaurierung<br />
führten Festigungsversuche mit in Säure<br />
hydrolysierter Weizenstärke an versprödeter Seide zu<br />
überzeugenden Ergebnissen 3 , die auch in einer nachfolgenden<br />
Untersuchung wiederholt und verbessert<br />
werden konnten.<br />
Auf der Suche nach einem geeigneten Festigungsmittel<br />
für ein brüchiges, bemaltes Mumientuchfragment<br />
stieß Isabella Waltriný auf den Hydroxyethylstärkeether<br />
Kollotex 1250 und fand in ihm ein – im<br />
Vergleich 4 – ideales Mittel zur Konsolidierung der gelockerten<br />
Malschicht. 5<br />
Während die drei älteren Ansätze mehr oder weniger<br />
in Vergessenheit geraten sind, hat die Arbeit von<br />
Isabella Waltriný die Stärkeether erneut zur Diskussion<br />
gebracht und letztlich zu dieser ersten grundlegenden<br />
Beschäftigung mit dieser Stoffgruppe geführt.<br />
Stärkeether im Vergleich mit bewährten<br />
Festigungs- und Klebemitteln<br />
Die Datenblätter von Celluloseethern geben in aller Regel<br />
Auskunft über Polymerisationsgrad, Viskosität und<br />
den für die konservatorische Beurteilung so wichtigen<br />
Salz- oder Aschegehalt 6 des jeweils vorliegenden Produktes.<br />
Diese Angaben sind jedoch bei den Stärkeethern<br />
vergeblich zu suchen. Die Ermittlung des DP ist<br />
bei Stärkeprodukten aufgrund der stark variierenden<br />
Anteile von Amylose und Amylopektin im Stärkemolekül<br />
extrem aufwändig und kostenintensiv, so dass<br />
diese Untersuchungen nicht durchgeführt werden. Die<br />
Messung der Viskosität ist insofern problematisch, da<br />
es sich bei Stärkekleistern um strukturviskose Nichtnewtonsche<br />
Flüssigkeiten 7 handelt, deren Viskosität<br />
bei zunehmender Schergeschwindigkeit und -dauer<br />
abnimmt und darüber hinaus von der Temperatur abhängig<br />
ist. Da Viskositätsmessungen meist bei unterschiedlichen<br />
Konzentrationen und Temperaturen<br />
durchgeführt werden, wird die Vergleichbarkeit der<br />
Produkte untereinander zusätzlich erschwert. Die Angabe<br />
des Aschegehaltes scheint für die üblichen in-<br />
papierrestauratoren - endfassung52 52 31.01.2008 14:04:01