11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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Bert Ja ek<br />
89<br />
Dies sind nur einige Beispiele aus den vielen Kombinationsmöglichkeiten,<br />
die zur Ursache der Besiedlung<br />
führen können und aus denen ein Behandlungskonzept<br />
abzuleiten ist.<br />
Definition von Desinfektion – Sterilisation –<br />
Konservierung<br />
Die Anforderungsprofi le für die Sterilisations- und<br />
Desinfektionsverfahren sind einander sehr ähnlich:<br />
Sie müssen eine dem Ziel entsprechend tödliche Wirkung<br />
auf die Hyphen und / oder Sporen haben, aber<br />
für den Anwendenden und später Benutzenden gesundheitlich<br />
möglichst unbedenklich sein. Des Weiteren<br />
dürfen sie das Behandlungsgut nicht beschädigen<br />
(Materialverträglichkeit vorher prüfen!). Aufgrund<br />
der Vielzahl von Schimmelpilzarten und deren (Über-<br />
)Lebensformen auf Kulturgütern sollen die eingesetzten<br />
Verfahren und Mittel ein breites Wirkungsspektrum<br />
aufweisen (im Gegensatz zur Behandlung von<br />
bspw. Menschen).<br />
Mit einer Desinfektion „… wird ein Gegenstand in<br />
einen Zustand versetzt, in dem er nicht mehr infi zieren<br />
kann (lat. infi cere: vergiften). Desinfektionsmaßnahmen<br />
sollen die Abtötung bzw. irreversible Inaktivierung<br />
von Keimen an und in kontaminierten Objekten<br />
sowie die Unterbrechung von Infektionsketten bewirken“<br />
21 . Weiter als die Inaktivierung geht die Sterilisierung:<br />
Da aber auch im medizinischen Bereich eine<br />
vollkommene Sterilität nicht erreichbar ist, wird noch<br />
an einer sinnvollen Defi nition gearbeitet. Das Deutsche<br />
Arzneibuch bezeichnet aktuell die Sterilisation<br />
als „… das Freimachen eines Gegenstandes von vermehrungsfähigen<br />
Organismen“. Auch eine vollständige<br />
Sterilisierung bietet nur einen temporären<br />
Schutz gegen einen Neubefall. 22<br />
Daher hat die Konservierung zur Aufgabe, einen<br />
Gegenstand über einen längeren Zeitraum unverändert<br />
zu bewahren. Zu diesem Zweck müssen alle<br />
schädigenden und verderblichen Einfl üsse ferngehalten<br />
werden 23 .<br />
Die TRBA 240 „Schutzmaßnahmen bei Tätigkeiten<br />
mit mikrobiell kontaminiertem Archivgut“ weist aus,<br />
dass die Sterilisation die letzte Methode der Wahl ist.<br />
Ihr ist die Dekontaminierung durch eine Reinigung<br />
grundsätzlich vorzuziehen. 24<br />
Behandlungsmöglichkeiten<br />
Forschungen über die Sterilisierung und Desinfektion<br />
in Hospitälern und in der Lebensmittelindustrie wurden<br />
schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts durchgeführt.<br />
Aus dem großen Fundus der medizinischen<br />
und großtechnischen Praktiken haben sich einige in<br />
der Restaurierung bewährt. Allgemein können die Behandlungsmöglichkeiten<br />
von Schimmelpilzen in drei<br />
Kategorien unterteilt werden. Dies sind die chemisch,<br />
die physikalisch und die mechanisch wirkenden Verfahren.<br />
25, 26<br />
Zu den chemischen Verfahren gehört die Begasung<br />
mit Ethylenoxid, Formaldehyd oder Blausäure, sowie<br />
die Behandlung mit Alkoholen, Säuren (z. B. Essigsäure,<br />
Peressigsäure), Silberverbindungen und das Bleichen<br />
(Kaliumpermanganat, Chlorbleichen). Physikalisch<br />
können Schimmelpilze mit elektromagnetischer<br />
Strahlung (UV-Strahlung, Mikrowellen und Röntgenstrahlen),<br />
durch Vakuumierung und durch Trocknung<br />
behandelt werden. Auf mechanischem Wege können<br />
Mikroorganismen durch Zentrifugieren und Filtern separiert<br />
werden. Profan, aber nicht weniger wichtig, ist<br />
das Abtragen von Sporen und Hyphen durch Absaugen,<br />
Abfegen oder Ähnlichem.<br />
Die biozide Behandlung mit Formaldehyd, Blausäure,<br />
mit Mikrowellen, UV-Strahlen, Säuren und Bleichen<br />
ist für Fotografi en ungeeignet und wird daher<br />
nicht weiter beschrieben. Die Wirkung von Silber und<br />
Silberverbindungen wird u. a. bei der Trinkwasseraufbereitung<br />
genutzt, jedoch scheint die Wirksamkeit<br />
fotografi sch verwendeten Silbers eingeschränkt. Das<br />
Filtern bzw. Zentrifugieren ist nur bei der Reinigung<br />
von Raumluft einsetzbar.<br />
Sterilisation mit Ethylenoxid<br />
Ethylenoxid ist ein farbloses, süßlich riechendes Gas.<br />
Es reagiert mit Luft zu einem explosiven Gemisch. Es<br />
ist ein technisch hergestelltes Gas und kommt in der<br />
natürlichen Atmosphäre nicht vor. Die Moleküle sind<br />
sehr reaktionsfreudig, weshalb sie eine sehr hohe Abtötungsrate<br />
aufweisen. Für den Menschen sind sie<br />
sehr toxisch und können – je nach Verträglichkeit –<br />
zu Leber- und Nierenschäden, Bewusstlosigkeit und<br />
Atemstillstand führen.<br />
Das Behandlungsgut wird in normalen, stabilen<br />
Packsystemen verpackt (Vorgaben des Dienstleisters<br />
erfragen). Nachdem es dem Dienstleister übergeben<br />
wurde, wird eine hermetische Kammer mit<br />
den Verpackungseinheiten (meist palettenweise) befüllt.<br />
Dann wird die Temperatur darin auf 42–55 °C erhöht.<br />
Des weiteren wird die Luftfeuchtigkeit erhöht,<br />
um die Sporen zu quellen und anzukeimen. Danach<br />
wird ein Vakuum angelegt (ca. 1mbar) und anschließend<br />
das Ethylenoxid für die Dauer von ca. 2 h eingelassen.<br />
Um die Explosivität gering zu halten, werden<br />
Gasgemische mit bis zu 90 % Kohlenstoffdioxid eingeleitet.<br />
Nun wird das Ethylenoxid evakuiert und mit<br />
atmosphärischer Erdluft 2–3 mal belüftet. Dabei wird<br />
6–12 h lang mit Druckluft gespült. Eine längere Exposition<br />
beansprucht auch einer längere Desorbtionsphase.<br />
Die abschließende Freigabe des Sterilisationsgutes<br />
erfolgt durch ein unabhängiges Institut, wenn<br />
der MAK-Wert des Ethylenoxids von 1 ppm nicht<br />
überschritten wird. Die Verfahrensparameter können<br />
papierrestauratoren - endfassung89 89 31.01.2008 14:04:32