11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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78 Restaurierungs- und Konservierungskonzept für den Glasplatten-Negativbestand Kleu des Stadtarchivs Neuss<br />
Schadensanalyse/-ursachen<br />
Durch eine Verknüpfung der historischen Informationen<br />
mit den erhobenen Zustandsdaten konnten die<br />
für den Bestand charakteristischen Schadensbilder<br />
analysiert werden. Zusätzlich wurden naturwissenschaftliche<br />
Untersuchungen hinsichtlich der Schadensursachen<br />
durchgeführt.<br />
Auf die in den letzten Jahrzehnten konservatorisch<br />
nicht einwandfreie Lagerung lassen sich die meisten<br />
Schäden zurückführen. Die meist starke oberfl ächliche<br />
Verschmutzung sowie die mechanischen Beschädigungen<br />
der Emulsionsschicht sind eindeutig Schäden<br />
durch die nicht staub- und schmutzfreie Aufbewahrung.<br />
Die Glasnegative lagen ungeschützt auf dem<br />
Dachboden in stark holzhaltigen Kartons, die teilweise<br />
selbst beschädigt waren. In Folge dessen konnte sich<br />
im Laufe der Zeit eine Staub- und Schmutzschicht auf<br />
die Glasnegative niederlegen deren organische und<br />
anorganische Bestandteile mechanische, chemische<br />
und biologische Schäden sowie optische Beeinträchtigungen<br />
verursachten.<br />
Chemische Veränderungen bzw. Schäden werden<br />
überwiegend in der bildgebenden Emulsion sichtbar. 1<br />
Die Schadensursachen können in zwei Gruppen unterteilt<br />
werden, in endogene und exogene. Endogene<br />
Schäden gehen vom photographischen Material<br />
selbst und seinen physikalischen und chemischen<br />
Eigenschaften aus, die die Stabilität der bilderzeugenden<br />
Substanzen und der übrigen Bestandteile<br />
entscheidend bestimmen. Dagegen zählen zu den<br />
exogenen Schadensursachen Faktoren wie ungünstige<br />
klimatische Aufbewahrungsbedingungen, schadstoffhaltige<br />
Verpackungs- und Ausstellungsmaterialien<br />
oder zu helle Beleuchtung.<br />
Für eine Schädigung ist die Anwesenheit von oxidierend<br />
bzw. reduzierend wirkenden Stoffen Vorraussetzung.<br />
Diese können bspw. bei schlechter Verarbeitung<br />
aus dem Photomaterial selbst stammen, aus<br />
Stoffen, mit denen die Photographien direkte Berührung<br />
haben, wie Verpackungsmaterialien, Klebstoffe,<br />
Aufziehkartons oder aus der Umgebung, wie Mobiliar,<br />
Wandanstrich sowie verschmutzter Atmosphäre.<br />
Wie jede chemische Reaktion wird auch die Zerstörung<br />
der bildgebenden Substanzen stark durch die<br />
Temperatur beeinfl usst. Ein weiterer wesentlicher Faktor<br />
ist die relative Luftfeuchte. Zu hohe Feuchtigkeit<br />
begünstigt in Verbindung mit zu geringem Luftaustausch<br />
nicht nur das Mikroorganismenwachstum,<br />
sondern auch das Entstehen saurer Salze und deren<br />
Diffusion durch die Bildschicht. 2<br />
Mit Hilfe zweier chemischer Analysemethoden wurden<br />
die eben aufgeführten Ursachen für das Entstehen<br />
chemischer Veränderungen der bildgebenden Substanzen<br />
untersucht. Das Vorhandensein von Restchemikalien<br />
aus dem Verarbeitungsprozess konnte mit Hilfe der<br />
Polarographie 3 ermittelt werden. Des weiteren wurden<br />
die Aufbewahrungsmaterialien, in denen die Glasnegative<br />
bis zur Übernahme in das Stadtarchiv gelagert waren,<br />
auf das Vorhandensein von Schadstoffen mit Hilfe<br />
des Photographic Activity Test 4 geprüft. In allen untersuchten<br />
Negativen konnten Restchemikalien nachgewiesen<br />
werden. Zudem war festzustellen, dass die zur<br />
Aufbewahrung benutzten Originalkartons silberoxidierende<br />
und silberreduzierende Schadstoffe enthalten.<br />
Um sich darüber hinaus einen Überblick über die<br />
klimatischen Bedingungen während der jahrzehntelangen<br />
Lagerung auf dem Dachboden zu verschaffen,<br />
wurde ein Thermohygrograph für jeweils einen Monat<br />
im Frühjahr und im Sommer auf den Dachboden des<br />
Photoateliers aufgestellt. Die so aufgezeichneten klimatischen<br />
Bedingungen zeigen deutlich, welch stark<br />
schwankende Temperatur und relative Luftfeuchte auf<br />
dem Dachboden des Ateliers herrschten.<br />
Diese stark schwankenden klimatischen Bedingungen<br />
begünstigten und potenzierten die chemischen<br />
Veränderungen in der empfi ndlichen photographischen<br />
Emulsion der Glasnegative. Vor allem<br />
Restchemikalien aus dem Verarbeitungsprozess in<br />
Verbindung mit einer über Jahrzehnte nicht optimalen<br />
Lagerung haben die chemischen Veränderungen und<br />
Schäden der Emulsionsschicht in dem vorliegenden<br />
Glasnegativbestand verursacht.<br />
Experimentelle Untersuchungen<br />
zur Erarbeitung eines Restaurierungsund<br />
Konservierungskonzept<br />
Der dargestellte Zustand der Glasnegative zeigt die<br />
Notwendigkeit von Restaurierungs- und Konservie-<br />
Abb. 3: Klimaaufzeichnung für den Zeitraum vom 22.03.2006 bis 28.04.2006 auf dem Dachboden des ehemaligen Photoateliers Heinrich<br />
Kleu. Deutliche Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen zwischen 5 °C und 22 °C beziehungsweise zwischen 45 % relativer Luftfeuchte<br />
(rF) und 83 % relativer Luftfeuchte (rF) innerhalb eines Monats<br />
papierrestauratoren - endfassung78 78 31.01.2008 14:04:25