11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-WestfÃ¤lischer ...

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130 Forschungsstand zum Einsatz von Imidazol-/Azolderivaten bei der Schimmelpilzbekämpfung trug 15, 30, 60 bzw. 120 Minuten. Die Vorbereitung der Testpapiere erfolgte analog zur Tensid-Versuchsreihe. Auch diesmal war in fast allen Schalen bereits nach einer Woche wieder ein Wiederbewuchs festzustellen, unabhängig von Konzentration und Behandlungsdauer. Erst der Einsatz der hochkonzentrierten Lösung Voriconazol (VFEND), wie sie zur Behandlung systemischer Mykosen als Infusions- oder Injektionslösung verabreicht wird (10 mg/ml) zeigte in einer zweiten Versuchsreihe bei einem 36-stündigen Tauchbad im Wiederbewuchstest auch nach vier Wochen kein erneutes Pilzwachstum. Beim Einsatz einer entsprechend hochkonzentrierten Sempera®-Lösung hingegen kam es zu einem verzögerten Wiederbewuchs. 27 Stand und Perspektiven des Projekts Wie die Versuchsreihe zum Einsatz von Cyclodextrinen als Löslichkeitsvermittler gezeigt hat, ist es grundsätzlich möglich, wasserunlösliche Antimykotika des Imidazol- bzw. Azoltyps mit fungizider Wirkung bei der Bekämpfung papierrelevanter Schimmelpilze in einem wässrigenTauchbad einzusetzen. Die Versuchsreihen zeigen aber auch, dass noch weitere Anstrengungen erforderlich sind, hier zu einem Verfahren für die Praxis in Restaurierungswerkstätten und möglicherweise auch kleinerem maschinellen Einsatz zu kommen. In weiteren Versuchsreihen werden die beiden Alternativen Tensid (Einsatz anderer Tenside, Varianten bei der Tensidkonzentration und der Behandlungsdauer) und Cyclodextrine (u. a. Tests mit Triazol-Cyclodextrinkomplexen, Überprüfung der erforderlichen Behandlungsdauer und -konzentration) systematisch weiter erforscht. Die Ergebnisse werden stets an den Erfordernissen des Gesundheits- und Arbeitsschutzes sowie der Wirtschaftlichkeit zu messen sein. Hinweise zur Applikation Die hier vorgeschlagene Methode der Teilsterilisation von Papieren mit aktivem (keimfähigem) Schimmelbewuchs durch Einwirkung einer wässrigen Lösung bzw. Suspension von Clotrimazol (bzw. anderer Imidazol- / Azolantimykotika) eignet sich in erster Linie als Einzelblattverfahren, sei es bei einer Mengenbehandlung oder auch in kleineren Restaurierungswerkstätten. In Anbetracht typischer Schadensbilder bei Schimmelpilzbefall („Verbacken“ der Papierschichten) dürfte ohnehin in der Regel eine Einzelblattbehandlung erforderlich sein. Dabei werden die Blätter nach der Trockenreinigung an der Reinen Werkbank zwischen Sieben oder Siebgewebe stabilisiert in die Wirkstofflösung bzw. -suspension getaucht. Dabei wären die gängigen Möglichkeiten einer Fixierung von Schreibstoffen möglich. Bei Einsatz von Supensionen würde in jedem Fall ein anschließendes Spülen mit einem Wasserüberschuss erforderlich sein. Sofern die Papiere auch auf andere Weise konservatorisch oder restauratorisch behandelt werden sollen (z. B. Entsäuerung, Nachleimung, Fehlstellenergänzung, Einbetten in Japanpapier usw.) sind solche Schritte sinnvoll im Anschluss an die Teilsterilisation durchzuführen. Schließlich werden die Blätter getrocknet und gepresst. 28 Unter der Voraussetzung, dass die weiteren Versuche zum Einsatz wässriger Lösungen bzw. Suspensionen von Imidazol- Azolantimykotika wie Clotrimazol erfolgreich verlaufen, ergibt sich für den Umgang mit Schimmelbefall an Archivgut (Papier) die im Folgenden schlagwortartig formulierte Handreichung für die Praxis (hier auf archivische Belange hin ausgerichtet): Umgang mit Schimmelpilzbefall an Papier Schadensvermeidung • vorarchivischer Bereich: Beratung von abgabepfl ichtigen Stellen bei der (Alt-)Schriftgutverwaltung auch im Hinblick auf „sachgemäße Lagerung“ • Bewertung/Übernahme: angemessene Berücksichtigung von Problemen der Bestandserhaltung: Abwägung zwischen Archivwert und Erhaltungsaufwand; Kontrolle auf Schadensbilder im Rahmen der Zugangsbearbeitung vor der Magazinierung. • Magazinierung, v. a. regelmäßige Reinigung und Desinfektion der Räume und Regale, Klimatisierung (konstantes Raumklima: 50–55 % relative Luftfeuchtigkeit, 15–18 °C), regelmäßige Kontrolle (auch der Substratfeuchte von Papier < 10 %!) • bei akuten Wasserschäden: Notfallplan: Schockgefrieren im Kühlhaus, anschließend Gefriertrocknung Schadensbegrenzung • Schadenserhebung und -klassifi kation: Feststellung von Art und Umfang der Schadensbilder (Aufbau und Fortschreibung eines „Schadenskatasters“). Auf dieser Grundlage: – „Priorisierung“ anstehender Maßnahmen zur Bestandserhaltung – hier: Hohe Priorität bei Schimmelbefall angesichts der Gesundheitsgefährdung für Mitarbeiter/innen und Benutzer/innen und der fortschreitenden, sich ausbreitenden Materialschädigung – unverzügliche Meldung (auch in Verdachtsfällen) durch das Archivpersonal an die Referentin/den Referenten für Bestandserhaltung – sofortige und umfassende Separierung des betroffenen Archivguts aus dem Magazin (Schutzkleidung, Mundschutz!)/separate „Pilzräume“ Schadensbehebung • Trockenreinigung / Oberfl ächenreinigung an der Reinen Werkbank: auch nicht mehr aktive Sporen papierrestauratoren - endfassung130 130 31.01.2008 14:04:54
Johannes Kistenich 131 müssen wegen der mykoallergenen Wirkung entfernt werden; selbst vor einer anschließenden Verfi lmung sollte der Beschreibstoff trocken gereinigt werden, um die Gesundheitsgefährdung beim Umgang mit den Material zu senken und die Aufnahmequalität zu erhöhen • Entscheidung über weitere restauratorische Maßnahmen: Test im Rahmen der Trockenreinigung, ob es sich um keimfähige Sporen handelt, z.B. mit Wischtestern aktiver Befall/ keimfähige Sporen nein Teilsterilisierung nicht erforderlich ja Aufbewahrung im Original erforderlich ja Teilsterilisation erforderlich ja Einzelblattbehandlung möglich ja nein nein Mikroverfilmung als Ersatzverfilmung; ggf. zusätzliche Digitalisierung Vernichten des Originals Outsourcing: z.B. γ-Bestrahlung, Ethylenoxidbegasung, ... (Risiken beachten!) in Ethanol lösliche Schreibstoffe nein 2,5 min Tauchbad in 70%igem Ethanol anschließend 15 min Fließwässerung ja hoher Anteil in Ethanol löslicher Schreibstoffe ja Fixierung der Schreibstoffe, z.B. mit Rewin-Mesitol-Gemisch nein vorübergehender Schutz der Schreibstoffe mit Cyclododekanschmelze (Wirkung noch prüfen! ) wässriges Behandlungsbad; Einsatz von Imidazol- Azolantimykotika unter Lösungsvermittlung (z.B. Tensid, Cyclodextrine ...) weitere Maßnahmen erforderlich ja z.B. Entsäuerung/Nachleimen, Stabilisierung durch Papierspalten, Fehlstellenergänzung, Schutzverfilmung (Digitalisierung) für Benutzung ... nein Trocknen/Glätten Dokumentation der restauratorischen/ konservatorischen Maßnahmen / Qualitätskontrolle sachgemäße Lagerung/ Magazinierung (s.o.) papierrestauratoren - endfassung131 131 31.01.2008 14:04:54
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