11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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Robert Fuchs<br />
<strong>11</strong>5<br />
sachgemäßer Behandlung sind schnell auch andere<br />
Tinten oder Farbmittel entfernt oder das Papier<br />
bekommt einen unnatürlichen Weißgrad oder weitere<br />
Flecken.<br />
Bekämpfung eines Schimmelbefalles<br />
Ein akuter Schimmelbefall kann mit sehr unterschiedlichen<br />
Sterilisationstechniken behandelt werden. Es<br />
kann versucht werden alle Teile eines Schimmels zu<br />
sterilisieren. Auch ist eine Abtötung nur der lebenden<br />
Schimmelteile möglich. Häufi g wird eine „Desinfektion“<br />
beschrieben. Letztere ist die kurzfristige Behandlung<br />
einer glatten Oberfl äche mit einem Desinfektionsmittel;<br />
beispielsweise mit 70 %igem Ethanol. Per<br />
Defi nitionem geht das nur bei einer dichten glatten<br />
Oberfl äche: es kann ein Metallgegenstand in einem<br />
Operationsraum in einer Klinik desinfi ziert werden.<br />
Doch schon die Anwendung von Desinfektionsmittel<br />
auf der rauen Handoberfl äche kann nur vorübergehend<br />
für eine Desinfektion sorgen. So ist es auch mit<br />
Papier. Papier muss fast mit Ethanol getränkt werden,<br />
um eine kurzzeitige Desinfektion, d. h. das Abtöten<br />
der meisten aktiven Schimmelteile zu erreichen. 3 Eine<br />
Abtötung der Sporen wird damit nicht erreicht. Für die<br />
schnelle Behandlung eines akut befallenen Bestandes<br />
und zur Unterstützung einer Reinigung hilft das Abtupfen<br />
mit Ethanollösung. Es muss aber gleichzeitig<br />
gesichert sein, dass die klimatischen Bedingungen<br />
anschließend drastisch verbessert werden, sonst werden<br />
die Schimmelpilze wieder nachwachsen.<br />
Neue Untersuchungen haben gezeigt, dass nur<br />
durch Baden des Papieres in 60 %igem Ethanol das<br />
aktive Schimmelwachstum gestoppt werden kann. So<br />
wie der Mediziner die Hände immer wieder desinfi zieren<br />
muss, müsste dies bei einem Archivbestand auch<br />
immer wieder gemacht werden, wenn die Klimabedingungen<br />
für die Aufbewahrung dauerhaft schlecht<br />
sind.<br />
Vollsterilisation<br />
Für eine Vollsterilisation von schimmelpilzbefallenem<br />
Archivgut spricht der Arbeitsschutz. Menschen können<br />
durch verschimmelte Akten in ihrer Gesundheit<br />
beeinträchtigt werden. Es werden immer noch drei<br />
verschiedene Techniken angewendet: 4<br />
a) Begasung mit Ethylenoxid (ETO) oder Propoxid<br />
Diese Methode ist auch bei der späteren Nutzung für<br />
den Menschen schädlich! Reste von ETO sind gesundheitsschädlich<br />
für Mensch und Tier, doch auch<br />
die Reaktionsprodukte von ETO mit Papier sind Ausgangspunkt<br />
für den weiteren Zerfall. Mit Feuchtigkeit<br />
kann u. a. Glycerol entstehen, das hygroskopisch ist<br />
und erneuten Mikrobenbefall fördert. Auch wird das<br />
Archivgut in Folge der Behandlung stark geschwächt.<br />
Man kann davon ausgehen, dass nach jeder ETO-Behandlung<br />
Papier, Bindemittel oder Druckerschwärzen<br />
um 10–25 % geschwächt sind.<br />
b) Dampfsterilisation (bei ca. 130 °C im Wasserdampf)<br />
In manchen Restaurierungsabteilungen werden verschimmelte<br />
Buchblöcke im Sterilisator mit 130 °C<br />
heißem Wasserdampf behandelt. Nicht jedes Archivgut<br />
kann so sterilisiert werden. Papier schrumpft dabei,<br />
Tinten können auslaufen. Nur gedrucktes Schriftgut<br />
auf gutem Hadernpapier übersteht die Prozedur<br />
relativ unberührt. Bücher müssen sich für diese Art der<br />
Behandlung im ungebundenen Zustand befi nden.<br />
c) Bestrahlung mit γ-Strahlen (bspw. Kobalt-60)<br />
Das Bestrahlen von Archivgut mit harter Strahlung<br />
sterilisiert sehr gut. Ganze Paletten können bei ausreichend<br />
hoher Strahlungsdosis behandelt werden. In<br />
vielen Untersuchungen musste jedoch auch festgestellt<br />
werden, dass Papier, Leder und Pergament stark<br />
geschädigt wird. Das Schriftgut verliert bis zu 50 % (!!)<br />
seiner Festigkeit, was bei saurem Papier nahezu das<br />
Ende bedeutet. Nicht selten werden ganze Bibliotheks-<br />
oder Archivbestände auf Paletten verpackt und<br />
an die einschlägigen Anbieter gegeben. Selten kommen<br />
die Bestände geprüft bzw. versehen mit einem<br />
Strahlungsprotokoll wieder zurück. Bei einer Prüfung<br />
werden verschimmelte Testbögen in einer Kunststofftüte<br />
eingeschweißt und an unterschiedlichen Stellen<br />
der Palette (Außen und Innen) beigelegt und hinterher<br />
die biologische Aktivität der Testbögen überprüft.<br />
Strahlungsprotokolle beinhalten Angaben wie Dosisleistung<br />
und Zeit der Behandlung. Für eine nachfolgende<br />
Beurteilung sind diese Angaben von größter<br />
Bedeutung. In jedem Falle ist die Bestrahlung ein äußerst<br />
harter Eingriff in das Gefüge der Objekte. Besonders<br />
bei stark befallenem Papier ist die Grundfestigkeit<br />
schon stark beeinträchtigt und es bedarf einer<br />
genauen Abschätzung des Risikos, ob sich derartige<br />
Papiere überhaupt für eine Bestrahlung eignen.<br />
Eine Oberfl ächenreinigung, eine Entfernung der<br />
abgetöteten Schimmelteile muss auch bei der Bestrahlung<br />
angeschlossen werden, da auch abgetötete<br />
Hyphen ein großes Gesundheitsrisiko darstellen.<br />
Da die Flecken aus den Stoffwechselendprodukten<br />
der Schimmelpilze bei keiner der genannten Behandlungen<br />
verschwinden, besteht ein hohes Risiko, dass<br />
Papiere mit Schimmelfl ecken durch Bibliothekare nicht<br />
richtig beurteilt und mehrmals nacheinander sterilisiert<br />
werden (Abb. 4). Wenn man bedenkt, dass dabei jedes<br />
Mal die Festigkeit abnimmt, ist irgendwann die<br />
völlige Zerstörung vorprogrammiert.<br />
In den Magazinen herrschen nie sterile Bedingungen.<br />
So sind durch Totalsterilisation behandelte<br />
papierrestauratoren - endfassung<strong>11</strong>5 <strong>11</strong>5 31.01.2008 14:04:48