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11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...

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Ingrid Kohl<br />

45<br />

Schlussbetrachtungen<br />

Abb. 8: Akte vor und nach der Warmlufttrocknung ohne Veränderungen<br />

des Erscheinungsbildes<br />

Eierkartons zwischen die Akten gestellt (Abb. 7). Vergleichend<br />

wurde eine der Akten gefriergetrocknet.<br />

Im Trocknungszeitraum von 24 h konnte eine erfolgreiche<br />

Reduzierung der Feuchtigkeit in allen Akten<br />

erreicht werden. Der Trocknungsverlauf unterschied<br />

sich je nach Stärke der Akte. Wie in Abbildung 8 deutlich<br />

sichtbar, traten durch die Trocknung keine Veränderungen<br />

des optischen Erscheinungsbildes auf.<br />

Die begleitenden mikrobiologischen Untersuchungen<br />

wurden unter der Fragestellung durchgeführt,<br />

ob die vorhandenen Schimmelpilze durch die<br />

Warmlufttrocknung ausreichend inaktiviert werden,<br />

dass sich eine Trockenreinigung unmittelbar anschließen<br />

kann. Luftkeimmessungen und die direkte Beprobung<br />

der Objekte ergaben eine eindeutige Wachstumshemmung,<br />

da infolge der hohen Temperaturen<br />

und der niedrigen Luftfeuchte den Mikroorganismen<br />

die Wachstumsbedingungen entzogen wurden. Eine<br />

Abtötung der Keime ist mit diesen Temperaturen nicht<br />

möglich, jedoch auch nicht erforderlich. Die vergleichend<br />

durchgeführte Gefriertrocknung führte zu den<br />

gleichen Ergebnissen wie die Warmlufttrocknung.<br />

Um die Inaktivierung der Schimmelpilze zu überprüfen,<br />

wurden zusätzlich ATP-Messungen durchgeführt.<br />

Adenosintriphosphat (ATP) ist ein wichtiges<br />

Stoffwechselmolekül lebender Zellen und kann daher<br />

als Indikator für deren Aktivität genutzt werden. 3 Es<br />

konnte festgestellt werden, dass sowohl Warmlufttrocknung<br />

als auch Gefriertrocknung eine ähnlich starke<br />

Reduzierung der Schimmelpilzaktivitäten bewirkt,<br />

d. h. dass bei feuchten Beständen eine gleichwertige<br />

Eignung beider Methoden besteht.<br />

Es muss noch einmal deutlich gemacht werden,<br />

dass sowohl bei der Warmlufttrocknung als auch bei<br />

der Gefriertrocknung schimmelpilzgeschädigter Bestände<br />

eine anschließende Oberfl ächenreinigung unerlässlich<br />

ist.<br />

Die Warmlufttrocknung kann durchaus als Alternative<br />

zur Gefriertrocknung bestimmter Bestände gelten.<br />

Anhand der Versuche erscheinen 55–60 °C bei<br />

nicht regulierter Feuchtigkeit und somit ca. 10 % r. F.<br />

als geeignete Parameter. Diese Werte können durch<br />

die so genannte Dachstuhlbehandlung erzielt werden.<br />

Bedenkenlos zu trocknen sind Akten sowie moderne<br />

Buchbestände, nicht jedoch Leder- oder Pergamenteinbände<br />

und Kunstdruckpapiere.<br />

Die Auswirkungen eines Wasserschadens sind<br />

immer verheerend und können nicht rückgängig gemacht<br />

werden. Durch eine schnelle Reaktion und die<br />

Wahl der geeigneten Trocknungsmethode können die<br />

Folgen jedoch eingedämmt werden. Weder die Warmlufttrocknung<br />

noch die Gefriertrocknung sind optimal<br />

für alle Materialien, doch nach heutigem Stand der<br />

Technik geeignet.<br />

Abschließend sollen noch einmal die Vor- und<br />

Nachteile der Warmlufttrocknung mit den oben genannten<br />

Parametern hervorgehoben werden.<br />

Vorteile<br />

Warmlufttrocknung<br />

• Geringer logistischer Aufwand<br />

• Mobiles System<br />

• Trocknung vor Ort im Regal<br />

• Kein Einfrieren erforderlich<br />

• Schnelle Trocknung möglich,<br />

dadurch rasche Verfügbarkeit<br />

der Bestände<br />

• Keine Bildung von Mikroorganismen<br />

bei schneller Reaktion<br />

• Austrocknung bereits vorhandener<br />

Mikroorganismen<br />

• Kosten betragen etwa ein Drittel<br />

der Gefriertrocknung<br />

Nachteile<br />

Tab. 2: Vor- und Nachteile der Warmlufttrocknung<br />

Anmerkungen<br />

• Nicht geeignet für<br />

Leder- und Pergamenteinbände,<br />

Kunstdruckpapiere<br />

und Einbandmaterialien<br />

mit<br />

stark geschlossener<br />

Oberfl äche<br />

• Bildung von Schmutzrändern<br />

durch Diffusion<br />

des Wassers möglich<br />

• Etwas stärkere Verformungen<br />

als bei<br />

Gefriertrocknung<br />

1 Siehe auch www.irt-lippstadt.de<br />

2 Als Nährmedien wurden Malzextrakt-Agar und DG18-Agar mit<br />

Chloramphenicol verwendet. Diese unterscheiden sich u. a. in<br />

ihrem Wassergehalt. DG–18-Agar enthält weniger Wasser, so<br />

dass sich in erster Linie xerophile (trockenheitsliebende) Pilze mit<br />

einem geringen Wasserbedarf auf diesem Nährmedium siedeln.<br />

Des Weiteren enthält DG18-Agar einen Bakterienhemmer.<br />

3 Mit Hilfe eines Lumineszenzverfahrens (basierend auf dem<br />

Leuchtstoff Luciferin aus Leuchtkäfern und Glühwürmchen)<br />

kann der ATP-Anteil einer Zelle sichtbar gemacht werden.<br />

papierrestauratoren - endfassung45 45 31.01.2008 14:03:53

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