11 / 2007 - Arbeitskreis Nordrhein-Westfälischer ...
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Marcus Janssens<br />
75<br />
ließen sich bei Kleu ablichten. Auf Passbildern, Hochzeitsaufnahmen,<br />
Portraitfotos usw. lassen sich viele<br />
visuell von der Wiege bis an die Bahre verfolgen. Auch<br />
die Entwicklung in der Darstellung von Menschen ist<br />
zu verfolgen, so zum Beispiel die Darstellung der Frau<br />
vom wilhelminischen Zeitalter bis in die 1960er Jahre<br />
oder die der Babyfotografi e (Abb. 16 u. 17).<br />
Die ins Archiv gelangten Fotonegative gestatten einen<br />
umfassenden Blick auf die Neusser Bevölkerung<br />
zwischen den 1920er Jahren und Mitte der 1960er<br />
Jahre. Bereits eine erste unsystematische Sichtung<br />
des Bestandes nach der Übernahme erwies seinen<br />
außerordentlichen Wert für die Stadtgeschichte. Für<br />
viele Bürger der Neusser Geschichte ist durch die<br />
Übernahme der Kleu’schen Sammlung nun zum ersten<br />
Mal ein Portrait greifbar. Auch Neusser Juden,<br />
die Opfer des Nationalsozialismus wurden und deren<br />
Bilder für immer verloren geglaubt waren, verleiht<br />
das Archiv Kleu wieder ein Gesicht. Die Geschichte<br />
der Neusser Juden wurde anhand der Portraitbilder<br />
in der Kleu’schen Sammlung von Professor Rohrbach<br />
von der Universität Düsseldorf in einem Seminar<br />
aufgegriffen und im März <strong>2007</strong> in der viel beachteten<br />
Ausstellung „Geschichte in Gesichtern, Bildnisse<br />
Neusser Juden aus dem Fotoatelier Kleu 1935–1941“<br />
vorgestellt.<br />
Selbstverständlich fehlen auch nicht Aufnahmen<br />
vom Neusser Schützenwesen und den Schützen. Und<br />
Kleu fertigte nicht nur Portraits an, sondern machte<br />
darüber hinaus auch Fotos für Einzelhandel und Industrie<br />
und hielt Neusser Straßen, Plätze und Gebäude im<br />
Bild fest (Abb. 18). Über die Neusser Stadtgeschichte<br />
hinaus bietet ein solch geschlossener Fotobestand<br />
noch viele interessante Felder zukünftiger kulturhistorischer<br />
und restauratorischer Forschung. So wären<br />
die Negative mit ihren unterschiedlichen Kunststoffmaterialien<br />
ab 1948 noch für eine genauere Betrachtung<br />
in Hinsicht auf Konservierung und Restaurierung<br />
von Interesse.<br />
Mit der Übernahme stellten sich konservatorische<br />
und restauratorische Fragen die zu lösen waren. Fotosammlungen<br />
und besonders Glasplattennegative stellen<br />
ganz eigene Ansprüche an die Aufbewahrung und<br />
sind für jedes Archiv eine konservatorische Herausforderung.<br />
Glasplattennegative gehören in die Anfänge<br />
der photographischen Technik und sind als historisch<br />
relevante Dokumente zu betrachten. Nicht optimal gelagerte<br />
Originalplatten können eine Vielfalt an Schäden<br />
aufweisen.<br />
Erste Ansätze der konservatorischen Aufarbeitung<br />
waren schon zur Erhaltung der Sammlung angelaufen.<br />
Die Glasplatten wurden einer vorsichtigen Trockenreinigung<br />
unterzogen, diese erfolgte mit Druckluft<br />
und anschließend mit weichen Pinseln. Auf eine<br />
Nassreinigung wurde weitestgehend verzichtet. Im<br />
Anschluss erfolgt eine konservatorische Verpackung<br />
der einzelnen Platten in Spezialpapier-Umschläge und<br />
Klappkartons, worin sie stehend aufbewahrt werden<br />
(Abb. 19).<br />
Bei eingehender Literaturrecherche stellte sich heraus,<br />
dass die Problematik der Konservierung und<br />
Restaurierung von Glasplattennegativen noch nicht<br />
ausreichend bearbeitet worden ist. Aus diesem Grund<br />
war es für das Stadtarchiv Neuss ein großes Glück,<br />
dass die Kollegin Nadine Thiel dieses Thema in ihrer<br />
Diplomarbeit grundlegend aufgriff. Hierdurch ist gewährleistet,<br />
dass zukünftige Schritte entsprechend<br />
den Erfordernissen erfolgen.<br />
Nach Abschluss der notwendigen Arbeiten wird<br />
der Bestand in geeigneter Form der Neusser Öffentlichkeit<br />
vorgestellt und unter Beachtung der geltenden<br />
archiv- und urheberrechtlichen Bestimmungen<br />
zugänglich gemacht. Ziel ist die Erfassung sämtlicher<br />
Aufnahmen in einer Datenbank auf der Grundlage der<br />
Register- und Aufnahmebücher, um eine rasche und<br />
gezielte Recherche nach einzelnen Aufnahmen zu<br />
ermöglichen. Außerdem ist der gesamte Bestand in<br />
einem konservatorischen Optimum zu erhalten und<br />
zu lagern. An eine umfassende Digitalisierung der Negative<br />
wird nicht gedacht, diese erfolgt nur bei gezielten<br />
Anfragen nach Bildern und als Sicherung geschädigter<br />
Platten.<br />
Anmerkungen<br />
1 Stadtarchiv Neuss, A1350 (Einwohnermeldekartei).<br />
2 Die Information, Heinrich Kleu sei früh Waise geworden, stammt<br />
von Frau Dr. Christiane Bischoff, einer Enkelin Kleus.<br />
3 Die Information stammt von Frau Dr. Christiane Bischoff, einer<br />
Enkelin Kleus.<br />
4 Neußer Zeitung, 24. Oktober 1903, Stan, Z 1.<br />
5 Stadtarchiv Neuss, A1350 (Einwohnermeldekartei).<br />
6 Die Information über den Verkauf stammt von Wolfgang Bathe.<br />
7 Die Information, dass die Aufnahme- und Registerbücher von<br />
Marlies Kleu geführt wurden, stammt von Frau Dr. Christiane Bischoff,<br />
einer Enkelin Kleus.<br />
Literatur<br />
Vgl. auch: Annekatrin Schaller / Marcus Janssens: Gesichter Neusser<br />
Geschichte – Die Sicherung des Fotoarchivs Kleu im Stadtarchiv<br />
Neuss. In Novaesium 2005 – Neusser Jahrbuch für Kunst, Kultur<br />
und Geschichte, S. 201–209.<br />
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