Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
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<strong>Schwerpunkt</strong> <br />
Bis 1908 gilt lesbische Liebe<br />
we<strong>der</strong> als unmoralisch noch als krankhaft.<br />
In <strong>der</strong> Literatur wird ohne Umschweife<br />
über lesbische Lebensweise<br />
geschrieben.<br />
Dies än<strong>der</strong>t sich ab 1909, denn in<br />
diesem Jahr wird das erste Mal in <strong>der</strong><br />
Geschichte über eine Erweiterung des<br />
§ 175 auf Lesben debattiert. Es liegt sogar<br />
schon ein Vorentwurf eines neuen<br />
Strafgesetzbuches vor, <strong>der</strong> die Strafbarkeit<br />
weiblicher Homosexualität vorsieht.<br />
Dieser wurde verworfen.<br />
1935 wird nochmals eine Erweiterung<br />
des § 175 auf Frauen diskutiert<br />
und aus zweierlei Gründen verworfen:<br />
Erstens ~ wird die Zeugungskraft des<br />
Mannes bei Schwulen als Vergeudung<br />
angesehen, bei Lesben hingegen sei<br />
dies nicht in demselben Maße <strong>der</strong> Fall.<br />
Zweitens entziehe sich bei Lesben das<br />
"Laster" mehr <strong>der</strong> Beobachtung und<br />
sei deshalb unauffälliger und weniger<br />
beispielhaft. Dadurch seien die Gefahr<br />
und das Ver<strong>der</strong>ben durch Lesben geringer.<br />
Während des Nationalsozialismus<br />
wurden auch lesbische Frauen in<br />
Konzentrationslagern gefoltert und ermordet.<br />
Ihre Inhaftierung war erfolgt<br />
wegen<br />
... angeblicher Verführung Min<strong>der</strong>~<br />
jähriger<br />
... Wehrkraftzersetzung<br />
... angeblicher Asozialität<br />
... angeblicher Kriminalität.<br />
Liebe zwischen Frauen wird also<br />
nicht als solche wahrgenommen und<br />
als Unsittliches bestraft, son<strong>der</strong>n Lesben<br />
werden aus an<strong>der</strong>en Gründen <br />
etwa asozialem o<strong>der</strong> kriminellem Verhalten<br />
- verurteilt, so daß das Faktum<br />
<strong>der</strong> lesbischen Lebensform nie in den<br />
Blickpunkt <strong>der</strong> Öffentlichkeit geriet.<br />
Seit <strong>der</strong> Frauenbewegung 1970<br />
machten Lesben verstärkt auf sich aufmerksam.<br />
Aus dem Radikal-Feminismus<br />
und <strong>der</strong> Kritik <strong>der</strong> Zwangsheterosexualität<br />
entwickelt sich <strong>der</strong> neue<br />
Begriff "Lesbianismus" und ist Ausdruck<br />
<strong>der</strong> lesbischen Lebensform.<br />
1.4 Der Umgang mit Homosexualität<br />
in <strong>der</strong> <strong>Evangelischen</strong> Kirche und<br />
<strong>der</strong> <strong>Evangelischen</strong> <strong>Jugend</strong>arbeit<br />
a. Die Kirche ist in die Gesamt·<br />
geschichte des Umgangs mit homosexuellen<br />
Menschen tief eingewoben.<br />
Sie hat in <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Alten Kirche und<br />
des Mittelalters häufig die Begründ ung<br />
für Verfolgung und Diskriminierung geliefert;<br />
sie hat sich auch in <strong>der</strong> Neuzeit<br />
nur selten auf die Seite <strong>der</strong> Ausge·<br />
grenzten gestellt und bis heute keine<br />
offizielle Stel1ungnahme zur Verfolgung<br />
Homosexueller im Dritten Reich<br />
abgegeben. ,<br />
In <strong>der</strong> gegenwärtigen Diskussion<br />
sind zwei Fragestellungen leitend: zum<br />
einen ist zu klären, wie Kirchen anstellungsrechtlichmit<br />
homosexuellen Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern umgehen,<br />
zum an<strong>der</strong>en, ob und in welcher<br />
Weise sie' homosexuellen Paaren eine<br />
kirchliche Handlung wie z. B. eine Segnung<br />
ermöglichen können.<br />
b. In den Veröffentlichungen <strong>der</strong> Ev.<br />
<strong>Jugend</strong> nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
finden sich nur wenige Differenzen zu<br />
den beschriebenen Entwicklungen in<br />
Gesellschaft und Kirche. Das Thema<br />
Homosexualität wird weitgehend verschwiegen.<br />
Eigenständige Aussagen<br />
und For<strong>der</strong>ungen finden sich in einigen<br />
Publikationen seit .den späten sechziger<br />
Jahren. Viele Einstellungsverän<strong>der</strong>ungen,<br />
die sich in den letzten Jahrzehnten<br />
- auch im Zuge <strong>der</strong> Koedukationsdebatte<br />
- vollzogen haben, sind,<br />
nur spärlich eingeflossen in offizielle<br />
Stellungnahmen und Dokumentationen.<br />
Wenn auch die Bereitschaft zur<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Homosexualität<br />
und die Zusammenarbeit mit homosexuell<br />
lebenden Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern inzwischen in einem<br />
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