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Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend

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<strong>Schwerpunkt</strong><br />

wortete kürzlich die Psychologin<br />

Sophie Freud, die Enkelin von Sigmund<br />

Freud, in einem Interview: 17 "Wir sollten<br />

hier von Leidenschaft sprechen<br />

statt von Liebe. Leidenschaft ist, was<br />

man Verliebtheit nennt. Ich sehe Leidenschaft<br />

als Sucht. ... Ich glaube, man<br />

kann sich gegen alle Süchte schützen,<br />

wenn man sich dagegen entscheidet.<br />

... Es gibt einen Entscheidungspunkt<br />

bei jedem Verlieben, an dem man entwe<strong>der</strong><br />

nachgeben kann o<strong>der</strong> weggehen".<br />

Und auf die nochmalige Frage, ob<br />

Liebe nicht doch etwas sei, das sich<br />

kopflos ereigne: "Nichts ereignet sich<br />

ohne Kopf", und vorher: "Es kommt<br />

darauf an, was die Menschen im Kopf<br />

haben, auf ihre LebensvorsteUungen,<br />

ihre Ansprüche, ihre Erwartungen".<br />

Wenn nun abweichendes Sexualverhalten<br />

nicht biologisch vorherbestimmt<br />

ist, dem Menschen nicht durch<br />

Gene o<strong>der</strong> Hirnkerne aufgezwungen<br />

ist, wenn Studien an Tieren nicht so<br />

ohne weiteres auf den Menschen<br />

übertragbar sind, weil menschliches<br />

Sexualverhalten so sehr durch Phantasie<br />

und innere Bil<strong>der</strong> gespeist wird,<br />

dann besteht die Chance, daß Homosexualität<br />

etwas ist, das wir verstehen<br />

können, dann sind homosexuelle und<br />

lesbische Gefühle einfühlbar, weil sie<br />

menschlich sind.<br />

Dann sind sogenannte "Homosexuelle"<br />

und "Lesben" aber auch nicht<br />

mehr die unverstandene, weil unverständliche<br />

Min<strong>der</strong>heit. Dann müssen<br />

homosexuell orientierte Männer und<br />

Frauen ihre selbstmitleidige Klage<br />

"an<strong>der</strong>s zu sein", - die auf einem tiefen<br />

Gefühl des Abgelehntseins beruht, auf<br />

Gefühlen, die aus <strong>der</strong> Kindheit stammen<br />

und auf die Gesellschaft übertragen<br />

werden - dann müssen sie diese<br />

Klage aufgeben.<br />

Dann gibt es auch keinen Grund<br />

mehr, an dem Mythos vom sogenannten<br />

dritten Gesch/echP8 festzuhalten.<br />

Dann müssen aber auch die sogenannten<br />

"Heterosexuellen" sich die<br />

Frage gefallen lassen, ob sie nicht viel<br />

mehr Ähnlichkeiten mit den sogenannten<br />

"Homosexuellen" haben, als sie<br />

bisher glaubten.<br />

Dann sind wir alle nur noch<br />

Frauen und Männer, unabhängig davon,<br />

ob wir homosexuell, bisexuell,<br />

heterosexuell, transsexuell, pädophil<br />

. o<strong>der</strong> sonst etwas f~hlen (o<strong>der</strong> ob wir<br />

gar nichts fühlen) - und für uns alle<br />

geht es zutiefst um die Gestaltung un- .<br />

seres Leb~ns. Wir alle haben tiefe Bedürfnisse<br />

nach Beziehung und Ergänzung.<br />

Wir alle möchten unsere Einsamkeit<br />

überwinden. Für uns alle geht es<br />

um die Beziehung zu uns selbst, zu<br />

unserem eigenen Geschlecht, als dem<br />

Eigenen und zum an<strong>der</strong>en Geschlecht<br />

als dem An<strong>der</strong>en.<br />

Wir alle verlieben uns nicht in das,<br />

was uns vertraut ist, son<strong>der</strong>n in das<br />

An<strong>der</strong>e, Fremde, Geheimnisvolle und<br />

Prickelnde. Der homosexuell Orientierte<br />

verliebt sich in sein eigenes<br />

Geschlecht. Das eigene Geschlecht ist<br />

für ihn so erotisch-sexuell anregend<br />

und aufregend, weil es ihm geheimnisvoll<br />

vorkommt, weil es ihm eben nicht<br />

vertraut ist.<br />

Gefühle sind immer vergangenheitsorientiert,<br />

sie wie<strong>der</strong>holen das<br />

Bekannte, sie sind das am meisten<br />

träge Element in unserem Leben, die<br />

eingefahrenen Gleise. Es ist wichtig,<br />

sie zu verstehen, aber sie dürfen keine<br />

Leitfunktion für die Gestaltung unserer<br />

Zukunft übernehmen.<br />

Für uns alle geht es um die Frage: Was<br />

soll aus unserem Leben herauskom­<br />

17 FAZ-Magazin vom 24.5.1996. Interview<br />

von Sibylle Tamin mit Sophie Freud<br />

18 Siehe Manfred Bruns: "Toleriert, aber nicht<br />

akzeptiert" in: "Was auf dem Spiel steht",<br />

hrsg. von B. Kittelberger et al, Claudius.<br />

München 1993. S. 53<br />

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