Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Schwerpunkt</strong> <br />
Freud und weibliche<br />
Homosexualität<br />
Auch Freud kommt nicht umhin, sich<br />
<strong>der</strong> bohrenden Frage seiner Kollegen<br />
zu stellen, inwieweit homosexuelle<br />
Frauen männliche Charaktereigenschaften<br />
aufweisen. Er distanziert sich<br />
eindeutig von seinen Kollegen, die<br />
homosexuelle Frauen als Mannweiber<br />
begreifen,und bezichtigt sie offen <strong>der</strong><br />
"tendenziösen Literatur", die den "Einblick<br />
in die wahren Verhältnisse er·<br />
schwert",<br />
Frau wird zu einer Facette weiblicher<br />
Homosexualität.<br />
Zusammenfassung<br />
... Der männliche Diskurs über weibliche<br />
Homosexualität konstruiert die<br />
Männlichkeit <strong>der</strong> lesbischen Frau und<br />
trägt dazu bei, die Liebe von Frauen zu<br />
Frauen unsichtbar zu machen.<br />
... Sexualwissenschaftliche Theorie-,<br />
bildung wird dazu benutzt, den Zusammenschluß<br />
von Frauen in <strong>der</strong> Frauenbewegung<br />
zu pathologisieren.<br />
Freud versucht nicht wie seine Kol·<br />
legen, die Männlichkeit homosexuell<br />
leben<strong>der</strong> Frauen durch Wiegen und<br />
Vermessen <strong>der</strong> Genitalien, des Körperbaues,<br />
<strong>der</strong> Stimmlage und des Rachens<br />
zu belegen. Für ihn ist die Psychogenese<br />
weiblicher Homosexualität ein<br />
multifunktionelles Geschehen, bei dem<br />
verschiedene Entwicklungsprozesse<br />
eine Rolle spielen können.<br />
Im Gegensatz zu seinen Kollegen<br />
nimmt Freud Frauenliebe nicht ausschließlich<br />
unter dem Aspekt <strong>der</strong> Ab·<br />
wendung von Männern, son<strong>der</strong>n auch<br />
unter dem <strong>der</strong> Zuwendung von Frau zu<br />
Frau in den Blick. Er beschreibt Frauen·<br />
liebe zwar als Liebe zwischen zwei<br />
Frauen, unterstellt ihr jedoch eine infantile<br />
Beziehungsstruktur, in <strong>der</strong> die<br />
Mutter-Kind-Beziehung reproduziert<br />
würde. Nähere Ausführungen, warum<br />
psychoanalytisch gesehen die Liebe<br />
einer Frau zu einer Frau eher eine Mut·<br />
ter·Kind-Beziehung reproduziert als<br />
die Liebe eines Mannes zu einer Frau,<br />
macht er nicht.!l<br />
Er löst in diesem Punkt die starre<br />
Fixierung seiner Zeitgenossen auf das<br />
Männliche auf. Nicht Männetfeindlichkeit<br />
o<strong>der</strong> das Männlich-sein-Wollen,<br />
son<strong>der</strong>n die Bindung von Frau zu<br />
Wie Frauen über Frauenliebe<br />
dachten ...<br />
Wie haben Frauen sich selbst zur<br />
Frauenliebe geäußert Wie erlebten<br />
die, die bislang unbehelligt in· <strong>der</strong><br />
Selbstverständlichkeit einer innigen<br />
Frauenbeziehung gelebt haben, die<br />
von <strong>der</strong> Sexualwissenschaft vorgenom·<br />
me Psychatrisierung<br />
Frauenliebende Frauen schreiben<br />
über sich ...<br />
1901 erschienen im "Jahrbuch für sexuelle<br />
Zwischenstufen", dem zentralen<br />
Publikationsorgan <strong>der</strong> neuen Sexual·<br />
wissenschaft, zwei Beiträge von<br />
Frauen. Beide beschreiben aus eigenem<br />
Erleben die Gefühle von Frauenliebe.<br />
"Wie ich es sehe", von M. F.12<br />
M. E, die sich schon als Mädchen<br />
immer wie<strong>der</strong> in ihre Lehrerinnen ver<br />
11 Freud, Bd. 12, S. 300, und Bd. 15, S. 140<br />
12 M. F.• 1901. S. 308-312<br />
80