Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Schwerpunkt - Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>Schwerpunkt</strong><br />
zugehören. Es bildet sich die Geschlechtsidentität,<br />
das Wissen, daß<br />
man ein Mädchen o<strong>der</strong> ein Junge ist.<br />
Der Säugling ist noch in einer ganz<br />
engen (symbiotischen) Beziehung zur<br />
Mutter, er fühlt sich noch eins mit ihr.<br />
Jenseits des Säuglingsalters beginnt<br />
das Kind wahrzunehmen, daß die Welt<br />
um es herum eingeteilt ist in männlich<br />
und weiblich. Im Alter von 18 Monaten<br />
kann ein Kleinkind schon unterscheiden,<br />
ob ein Bild eine Frau o<strong>der</strong> einen<br />
Mann darstellt.<br />
Der kleine junge, <strong>der</strong> entdeckt<br />
hat, daß die Menschen in männliche<br />
und weibliche eingeteilt sind, weigert<br />
sich oft zunächst, eine Entscheidung<br />
zu treffen. In seiner Vorstellung kann<br />
er einen Penis haben und Kin<strong>der</strong> bekommen.<br />
Aber die Wirklichkeit des<br />
Lebens steht diesen Phantasien ebenso<br />
im Wege wie die Sprache die ja zur<br />
selben Zeit erlernt wird - und die von<br />
"ihr" und "ihm", von "er" und "sie"<br />
redet.<br />
Die Annahme <strong>der</strong> eigenen Geschlechtlichkeit<br />
ist ein Reifeschritt. Es<br />
ist die Annahme von Grenzen, <strong>der</strong> Abschied<br />
vom androgynen Allmachtstraum.<br />
Die Psychoanalytikerin Fast hat<br />
das so formu liert: "Der Geschlechtsunterschied<br />
ist mit einer Entwicklung<br />
gleichzusetzen, die von <strong>der</strong> narzißtischen<br />
Annahme, daß ihm sämtliche<br />
sexuellen und geschlechtlichen Eigenschaften<br />
zugänglich sind, hin zur Wahrnehmung<br />
<strong>der</strong> Grenzen führt, die durch<br />
die reale Beschaffenheit und die Funktionsweise<br />
seines Körpers gesetzt wer·<br />
den."20 Bei homosexuell orientierten<br />
Männern fällt immer wie<strong>der</strong> auf, daß<br />
sie auch als Erwachsene noch beides,<br />
Mann und Frau gleichzeitig, sein möchten.<br />
(Lesbisch empfindende Frauen<br />
wollen oft noch Mutter und Baby<br />
gleichzeitig sein, ihre Verschmelzungswünsche<br />
haben ihre Ursache in nie entwickelten<br />
klaren Grenzen zwischen<br />
Mutter und Kind.)<br />
An<strong>der</strong>s als das Mädchen - und<br />
das ist wohl einer <strong>der</strong> Gründe, warum<br />
es mehr männliche als weibliche Homosexualität<br />
gibt - muß <strong>der</strong> Junge<br />
nicht nur lernen, daß er getrennt ist von<br />
<strong>der</strong> Mutter, son<strong>der</strong>n auch daß er verschieden<br />
von ihr ist und daß diese<br />
Verschiedenheit darauf beruht, daß er<br />
ähnlich ist wie <strong>der</strong> Vater. Der junge<br />
steht vor <strong>der</strong> zusätzlichen Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
sich mit dem Vater identifizieren<br />
zu müssen. Das ist ein anstrengendes<br />
Unternehmen. Vater und Mutter müssen<br />
dabei zusammenarbeiten, wenn<br />
<strong>der</strong> Entwicklungsschritt gelingen soll.<br />
Der junge sieht den Vater zunächst<br />
mit den Augen <strong>der</strong> Mutter:<br />
Welches Bild vermittelt sie vom Vater<br />
Tut er etwas, das Achtung verdient Ist<br />
er wichtig für die Familie Die Mutter<br />
muß auf ihre Weise vermitteln, daß<br />
Männlichkeit etwas ist, wonach es sich<br />
auszustrecken lohnt. Sie muß den<br />
Sohn auch loslassen können. Wenn es<br />
z. B. zu einem Konflikt zwischen Vater<br />
und Sohn kommt, darf sie nicht vorschnell<br />
Partei ergreifen für ihren Sohn<br />
und ihn damit in ihren Schoß zurückziehen.<br />
Die Gefahr besteht, daß er<br />
diesen sicheren Schoß nie mehr verlassen<br />
möchte. Die männliche Welt bleibt<br />
ihm dann unter Umständen für immer<br />
fremd.<br />
Wichtiger' noch als die Mutter<br />
ist <strong>der</strong> Vater. Die Aufgabe des Vaters<br />
ist es, den Jungen zu ermutigen, ihn<br />
herauszufor<strong>der</strong>n, die sich im Jungen<br />
entwickelnde Männlichkeit zurückzuspiegeln,<br />
zu bestätigen und zu bestärken.<br />
DerVater muß dem kleinen Jungen<br />
helfen, durch Identifizierung mit <strong>der</strong><br />
Geschlechtsrolle des Vaters seine eigene<br />
männliche Identität zu entdecken<br />
und zu entwickeln. Dazu müssen Vater<br />
und Sohn etwas zusammen tun.<br />
20 Fast, I. (1991). zit. nach Friedman. R.:<br />
..Männliche Homosexualität". Springer,<br />
Berlin 1993. S. 258<br />
64