Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
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es in sich lebendige Energie, und es kann nicht so wie wir damit umgehen: sich hinsetzen und zuhören,<br />
wie die <strong>Zeit</strong> vergeht. Es läuft wie<strong>der</strong> nach draußen, um zu spielen, und man muss es mehrmals rufen,<br />
um es seiner neuen Aktivität zu entreissen... Es kommt heim:<br />
Schluss! Es schläft sofort ein... eine natürliche Reaktion...<br />
Und wenn Sie ein Kind sehen, das abends brav bei seinen Eltern sitzt, während man im Halbdunkel<br />
das Geschrei <strong>der</strong> Teufelsbanden auf dem Platz hört, können Sie sicher sein: Das ist ein krankes Kind.<br />
Wenn es sich immer so verhält, ist es ein unnormales Kind, verbraucht, ohne Leben, gealtert vor dem<br />
Alter; es erträgt nur einen eingeschränkten Erlebnisspielraum; das Laufen, das Schreien, die Schläge,<br />
die Spannung ermüden und belästigen es. Es ist keineswegs ein braves Idealkind, wie manche meinen;<br />
ein vergreistes Kind ist es, seit seiner Geburt auf dem absteigenden Ast des Lebens.<br />
Ich freue mich immer, wenn meine Kin<strong>der</strong> spielen, das zeigt mir, dass ihr Blut kräftig zirkuliert und sie<br />
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<strong>Immer</strong> über das Maß hinausschießen, das ist das Beson<strong>der</strong>e am Kind wie beim Sturzbach: manchmal<br />
ganz ausgetrocknet, dann wie<strong>der</strong> überschäumend und heftig. Wenn es ruhig und maßvoll ist, gleicht<br />
es dem Fluss und nicht mehr dem Bach.<br />
Was ich Ihnen hier sage, hilft Ihnen vielleicht, das Verbindende und die Unterschiede zu verstehen, die<br />
wir zwischen den beiden fundamentalen Elementen des aktiven Handelns <strong>der</strong> ARBEIT und dem SPIEL<br />
feststellen können.<br />
Wenn meine Theorie stimmt lei<strong>der</strong> muss man sich auf diesem Gebiet mit Theorien zufrieden geben<br />
-, wenn das Spiel nur Ventil für überschüssige Energie ist, könnte man es als Ersatz ansehen, als<br />
Korrektiv und Ergänzung <strong>der</strong> Arbeit und formulieren: „DAS KIND SPIELT, WENN DIE ARBEIT SEINE<br />
ENERGIE NICHT GANZ AUFBRAUCHEN KONNTE!“<br />
„Dann wäre das Spiel, das gemeinhin als Erholung angesehen wird. Ihrer Meinung nach eine beson-<br />
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auszutoben. Aber woher kommt es dann, dass alle Menschen in jedem Alter so begierig sind zu spielen,<br />
oft genug auf Kosten <strong>der</strong> Arbeit? Das geht so weit, dass wir uns in Schule und Gesellschaft gegen<br />
die Spielsucht wie gegen einen Feind wehren müssen, den wir versuchen, für uns zu gewinnen und in<br />
unsere Dienste zu stellen/‘<br />
„Jetzt sehen Sie die Dinge vom Standpunkt des Erwachsenen, vom Standpunkt einer Gesellschaft, die<br />
sich nie um die Wünsche und Bedürfnisse des Kindes gekümmert hat. <strong>Immer</strong> war sie nur beherrscht<br />
von <strong>der</strong> Sorge, das Kind frühzeitig an ihre Bedürfnisse anzupassen.<br />
Wir wollen versuchen, mit etwas mehr gesundem Menschenverstand an die Sache heranzugehen und<br />
uns dabei aufrichtig und mit gutem Willen in die Situation des Kindes einfühlen. Nicht, damit das Kind<br />
nun <strong>der</strong> neue Götze sei, vor dem sich die Erwachsenen und die Gesellschaft neigen sollen, son<strong>der</strong>n<br />
nur, um die Dinge so zu sehen, wie sie sind und nicht, wie wir sie uns vorstellen o<strong>der</strong> wünschen.<br />
Genau hinzusehen ist immer <strong>der</strong> erste Schritt. Erinnern wir uns an unsere Jugend. Gab es nicht<br />
Arbeiten, die uns stärker gefesselt haben als Spiele und die wir auch nicht für die allerverführerischste<br />
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