Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
���������������������������������������������������������������� -<br />
daktische Versuche beschreiben. Für solche Verän<strong>der</strong>ungen gibt es Vorbil<strong>der</strong>, beispielsweise in <strong>der</strong><br />
Arbeit <strong>der</strong> Lernwerkstätten, im Projektstudium <strong>der</strong> wie<strong>der</strong> eingestellten einphasigen Lehrerausbildung<br />
an den <strong>Universität</strong>en Oldenburg und Osnabrück o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Aktionsforschung rund um die Öffnung des<br />
Unterrichts.<br />
In <strong>der</strong> Praxis wurden die hochschuldidaktischen Verän<strong>der</strong>ungen allerdings nicht wie die Reihenfolge<br />
<strong>der</strong> Darstellung in diesem Artikel suggerieren mag unmittelbar aus theoretischen Zusammenhängen<br />
abgeleitet. Eine solche Deduktion von praktischen Verfahrensweisen aus theoretischen Vorgaben ist<br />
ohnehin logisch nicht möglich. Die einzelnen Pädagoginnen und Pädagogen in <strong>der</strong> Initiativgruppe kamen<br />
induktiv auf <strong>der</strong> Basis ihrer praktischen freinetpädagogischen Vorerfahrungen zu methodischen<br />
Verän<strong>der</strong>ungen ihrer universitären Lehre.<br />
„Am Anfang je<strong>der</strong> Eroberung“, schreibt Freinet, „steht nicht das abstrakte Wissen das kommt normalerweise<br />
in dem Masse, wie es im Leben gebraucht wird son<strong>der</strong>n die Erfahrung...“ 2). Ganz in diesem<br />
Sinne war es unsere Absicht, „die Schulräume“ zu verlassen, uns dem Leben draußen, den Kin<strong>der</strong>n,<br />
zuzuwenden, Erfahrungen zu machen, die uns helfen, unsere praktischen wie theoretischen Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten zu entwickeln. Schließlich zeichnet sich Freinet-Pädagogik dadurch aus, dass sie ein<br />
dynamisches, erfahrungsbasiertes Konzept präsentiert und somit permanent an <strong>der</strong> Erweiterung pädagogischer<br />
Handlungsmöglichkeiten in <strong>der</strong> sich verän<strong>der</strong>nden Welt arbeitet.<br />
Dieser Artikel soll ein kleiner Beitrag dazu sein. Er beschreibt im ersten Teil die guten Gründe für eine<br />
Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hochschulpraxis, stellt im zweiten Teil Beispiele vor und versucht im dritten Teil aus<br />
beidem die zugrundeliegenden Prinzipien herauszuholen.<br />
Warum sich nur sinnvolles Studium lohnt<br />
„Wir sind keine Theoretiker, son<strong>der</strong>n Praktiker, Praktiker, die gleich den Handwerkern an ihrer Werkbank<br />
���������������������������������������������������������� -<br />
nen, sich Handbewegungen ausdenken, Verfahrensweisen ausprobieren, die sie dann später syste-<br />
����������������������������������������������������������� -<br />
len.“‘ 3)<br />
Dieses Zitat Freinets kann leicht missverstanden werden. So, aus dem Zusammenhang gerissen, wäre<br />
es heute Wasser auf die Mühlen <strong>der</strong>jenigen, die für eine Verlagerung <strong>der</strong> Lehrerausbildung an die<br />
Fachhochschulen plädieren. Wogegen Freinet sich mit dem Begriff des „Theoretikers“ wendet, ist ein<br />
von Erfahrungen und tätiger Praxis losgelöstes Theoretisieren, ist eine abstrakte „Wissensvermittlung“,<br />
die vor allem <strong>der</strong> Selektion und damit <strong>der</strong> Reproduktion sozialer Unterschiede dient. 4)<br />
Erfahrungsorientiertes Lernen und die damit zusammenhängenden Verfahrensweisen zur entwickelnden<br />
Erforschung <strong>der</strong> eigenen Arbeit haben Lehramtsstudierende während ihrer eigenen Schulzeit in<br />
<strong>der</strong> Regel nicht kennen gelernt. Sie sind ihnen so fremd wie seinerzeit den französischen Lehrkräften,<br />
denen Freinet seine Arbeitsweise erklären wollte. 5)<br />
92