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Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen

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chen Briefen hatten wir große Entzifferungsschwierigkeiten. Diese Kin<strong>der</strong> hatten lediglich lautähnlich<br />

geschrieben, an<strong>der</strong>e schon lautgetreu und manche hatten bereits damit begonnen, Rechtschreibregeln<br />

anzuwenden. Da die Kin<strong>der</strong> nach Reichen 8) unterrichtet wurden, lag nahe, sich dessen Konzept näher<br />

anzuschauen. Die drei Phasen fanden wir dort wie<strong>der</strong> und konnten sie mit dem Phasenmodell von<br />

Günther vergleichen, das Sassenroth anschaulich beschreibt. 9)<br />

Die Briefe zeigten nicht nur bezüglich <strong>der</strong> Schrift, wie unterschiedlich das Entwicklungsniveau <strong>der</strong><br />

einzelnen Kin<strong>der</strong> war. Auch inhaltlich gingen die Texte weit auseinan<strong>der</strong>. Von Bernhard Sdun erfuhren<br />

wir, dass die Kin<strong>der</strong> zuerst nicht viel mit dem Brief <strong>der</strong> Studentinnen anzufangen wussten. Ihnen<br />

war zwar klar, dass <strong>der</strong> Brief einer Antwort bedurfte, aber was man da schreiben könnte, musste<br />

mit manchen Kin<strong>der</strong>n erst besprochen werden. Schließlich verwendeten einige ihre Tagebücher, um<br />

daraus etwas zu entnehmen. Während ein Mädchen sehr plastisch über seine Gesteinssammlung<br />

berichtete und darüber, dass es regelmäßig mit seinen Eltern Messen für wertvolle Steine besuche,<br />

stellten an<strong>der</strong>e lediglich in zwei Sätzen ihren Hund vor. Wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e bezogen sich auf den Brief einer<br />

Klassenkameradin o<strong>der</strong> schrieben über gemeinsame Spiele, so dass wir schon erste Freundschaften<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> erkennen konnten. Später entdeckten wir bei Howard Gardner die Aussage, dass Kin<strong>der</strong><br />

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diese Unterschiede dann erleben.10)<br />

Nun beantwortete jede Studentin ihren Brief und versuchte, dem Kind Fragen zu stellen, anhand <strong>der</strong>er<br />

sie mehr über dessen Interessen und Lebensumfeld erfahren konnte. Die Studentinnen verabredeten<br />

einen bestimmten Tag, an dem sie die Briefe zur Post bringen wollten, damit diese einigermaßen<br />

gleichzeitig in Artlenburg ankamen. Lei<strong>der</strong> passierte eine Panne, so dass ein Kind seinen Brief erst<br />

nach einer Woche erhielt, was ihm sehr viel Geduld abfor<strong>der</strong>te. Den<strong>noch</strong> antwortete die Klasse wie<strong>der</strong>.<br />

Diesmal enthielten die Briefe schon viel mehr Informationen, beispielsweise über die eigene Familie.<br />

Es beginnen inhaltliche Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />

Die Studierenden hatten sich zwischenzeitlich auf <strong>der</strong> Karte darüber informiert, wo Artlenburg liegt. Sie<br />

wollten nun von den Kin<strong>der</strong>n mehr über diesen Ort wissen und äußerten in ihrer Antwort die Vermutung,<br />

dass Artlenburg ein kleines Dorf sei. Dieser Behauptung wi<strong>der</strong>sprachen die Schülerinnen und Schüler<br />

in ihren Antworten auf das schärfste. Ihr Ort sei nicht klein, was man daran sehen könne, dass es dort<br />

zwei Bäcker gäbe. Daraufhin fühlten sich die Studierenden herausgefor<strong>der</strong>t, mehr über Osnabrück zu<br />

schreiben und holten entsprechende Informationen bei <strong>der</strong> Stadtverwaltung, <strong>der</strong> Bäckerinnung und<br />

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ihnen unmissverständlich klar machen sollten, dass Osnabrück gegenüber Artlenburg riesengroß ist.<br />

Verpackt in eine auch optisch riesige Stadtcollage präsentierten sie ihre Briefe mit den entsprechenden<br />

Zahlen und mit einer Einladung versehen: 150.000 Einwohner, fünf Schwimmbä<strong>der</strong>, Zoo, Schloss... .<br />

Bernhard Sdun berichtete mir, dass die Kin<strong>der</strong> sehr gut begriffen haben, dass Osnabrück eine große<br />

Stadt sein muss. Hauptbeweis waren die fünf Schwimmbä<strong>der</strong>! Aber auch die große Einwohnerzahl<br />

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