Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
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Nur zwischen leibhaftig und geistig sich zugewandten Personen sowie im eigenmächtigen Gebrauch<br />
<strong>der</strong> Dinge und einer werkzeughaften Technik könnte Bildung, die diesen Namen verdient, geschehen.<br />
Der Glaube, gegen die enteignende Macht <strong>der</strong> neuen Dinge erziehen zu können und ihrer entfremdenden<br />
Produktion und Konsumtion gleichzeitig dienstbar zu sein, hat sich als mo<strong>der</strong>ner pädagogischer<br />
Bildungswahn herausgestellt. In ihm wird die gängige Vorstellung von Produktion, Tausch und<br />
Verbrauch auf die Herstellung „des Menschen“ zur Verwertung als „Humankapital“ übertragen. Dies<br />
geschieht bei gleichzeitiger Leugnung <strong>der</strong> destruktiven Wirkungen verdinglichter Betriebsamkeit, zu<br />
<strong>der</strong>en Aufrechterhaltung erzogen werden soll. Diese Wirkungen aber sind mächtiger als jede ideologi-<br />
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<strong>Immer</strong>hin werden die Beschädigungen, die vor allem den Kin<strong>der</strong>n auch durch die Schulen angetan<br />
werden, inzwischen als bedrohlich angesehen; und sei es nur, weil sie den ungestörten Fortgang <strong>der</strong><br />
Geschäfte behin<strong>der</strong>n könnten. Ging es bisher darum, die Menschen durch Erziehung und Schulung<br />
zu brauchbaren Staatsbürgern, Produzenten und Konsumenten zu machen, geht es jetzt auch <strong>noch</strong><br />
um die pädagogische Begrenzung <strong>der</strong> verheerenden Schäden, die durch eben diese Produktions- und<br />
Konsumtionsweise in und zwischen den Menschen angerichtet worden sind. Insofern ist dieser mo<strong>der</strong>ne<br />
Bildungswahn im Sinne des Wortes Re-Aktion: Er reagiert erstens auf die Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />
Verhältnisse mit moralischen Wertmaßstäbe und will doch die Menschen den entwertenden<br />
Umständen anpassen, nicht die Umstände dem menschlichen Maß. Er richtet zweitens seine<br />
For<strong>der</strong>ungen vornehmlich an die „bewährten Erziehungsinstitutionen“ Familie und Schule, ohne <strong>der</strong>en<br />
produzierte Ohnmacht gegenüber <strong>der</strong> Erziehungsmacht von warenhaften Dingen und Umständen zu<br />
erkennen o<strong>der</strong> realistisch einzuschätzen. Familie und Schule sollen den destruktiven pädagogischen<br />
Wirkungen <strong>der</strong> Erziehung durch die Umstände entgegenwirken und gleichzeitig den gesellschaftlichen<br />
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len können, auch weil sie ein Teil des Problems sind, das sie lösen sollen.<br />
In dem Masse, wie die bisherigen Aufgaben <strong>der</strong> Bildungsinstitutionen zunehmend in <strong>der</strong> Waren-Markt-<br />
Gesellschaft ungelöst aufgelöst werden, wird die Frage nach den zukünftigen Orten, den Wegen und<br />
den Mitteln <strong>der</strong> Bildung von ihrer Fixierung auf die Schulen entbunden. In gewisser Weise geschieht<br />
das bereits, indem den Schulen immer deutlicher therapeutisch-kompensatorische Aufgaben einer<br />
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Markt und den Betrieben übernommen wird - tritt hinter den „Erziehungsauftrag“ zurück. Die Schulen<br />
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Sorge um den Nachwuchs zu entsorgen. Es mag sein, dass es zu dieser trostlosen Perspektive, die<br />
ich hier nicht weiter ausmalen will, gegenwärtig keine akzeptierte Alternative gibt.<br />
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weil ihnen die Richtung missfällt, und an<strong>der</strong>erseits die Rebellion <strong>der</strong>er, die nicht mitlaufen können, weil<br />
ihnen die Fortbewegungsmittel verweigert bleiben. Dieser Aufstand <strong>der</strong> Sitzenbleiber des Fortschritts<br />
trägt dessen barbarische Züge offen zur Schau, die sonst so vornehm verhüllt sind. Die begründete<br />
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