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Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen

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3. Teil: Kindheit heute und Freinet-Pädagogik<br />

Vorbemerkung<br />

„Der mit Verstand Suchende ist immer <strong>der</strong>jenige, welcher <strong>der</strong> Einfachheit und dem Leben nachgeht.“<br />

C. Freinet 22)<br />

Ich fasse das bisherige <strong>noch</strong> einmal zusammen. Im ersten Teil ging es um die Frage, wie das Leben<br />

von Kin<strong>der</strong>n eigentlich anfangen sollte, was Kin<strong>der</strong> brauchen, um sich mit ihren Möglichkeiten zu entfalten.<br />

Es ging um die Entfaltung <strong>der</strong> Sinne, um Selbst-Bewusstsein und Erfahrung durch Arbeit, um<br />

innere Bil<strong>der</strong> und den notwendigen Umgang mit Traurigem. Im zweiten Teil habe ich versucht, ein Bild,<br />

sicherlich ein plakatives Bild, über Kindheit heute zu malen, also darüber, dass wir als Lehrer „den<br />

Wind von vom“ bekommen, dass die Verhältnisse so sind, dass Kin<strong>der</strong> immer weniger so aufwachsen,<br />

wie sie aufwachsen sollten.<br />

Daran kann Schule zunächst und unmittelbar nichts än<strong>der</strong>n. Diese Kin<strong>der</strong> kommen in die Schule, zu<br />

uns, wir müssen mit ihnen leben und arbeiten. Die Frage ist allerdings: wie? Und ich glaube, in <strong>der</strong><br />

Antwort liegt die Aktualität <strong>der</strong> pädagogischen Vorstellungen und Methoden des Franzosen Célestin<br />

Freinet. Seine Pädagogik ist für mich diejenige, die, wenn vielleicht keine Lösungen (denn gegenüber<br />

dem alltäglichen Wahnsinn sind die Möglichkeiten auch <strong>der</strong> besten Schule begrenzt), so aber doch<br />

sinnvolle Antworten auf die hier skizzierten gesellschaftlichen und pädagogischen Probleme enthält.<br />

3.1 Die Arbeitsschule<br />

Zunächst: Freinet-Pädagogik ist Arbeitspädagogik. „Die Arbeit schreibt Célestin Freinet wird das<br />

Prinzip, <strong>der</strong> Motor und die Philosophie <strong>der</strong> volkstümlichen Pädagogik sein. Durch Selbsttätigkeit wird<br />

aller Bildungserwerb erzielt.“ 23)<br />

Freinet sucht die Arbeitsmittel, Techniken und Unterrichtsideen, die die praktische Umsetzung dieser<br />

Idee ermöglichen. Die Exkursion, <strong>der</strong> freie Text, die Schuldruckerei, die Arbeitsbibliothek und<br />

die Korrespondenz gehören dazu. Hinzu kommt die Arbeit in den Ateliers, dem Kernbereich <strong>der</strong><br />

Arbeitsschule. Hermann Lietz, dessen Schule in Hamburg-Altona Freinet 1923 besucht, for<strong>der</strong>t:<br />

„Nicht Kenntnisse, Wissen, Gelehrsamkeit, son<strong>der</strong>n Charakterbildung; nicht alleinige Ausbildung des<br />

Verstandes und des Gedächtnisses, son<strong>der</strong>n Entwicklung aller... Kräfte, Sinne, Organe, Glie<strong>der</strong>... zu<br />

einer möglichst harmonischen Persönlichkeit... Warum behandelt man ihn (den Schüler) so, als wenn<br />

er nur Kopf wäre, nur Gehirn hätte, aber keine Hände und Arme, Beine, Augen, Ohren und vor allem<br />

kein Herz? Er sehnt sich ja nach Handarbeit, nach Spiel, nach Anschauung, nach Kunstausübung...“<br />

24) Freinet übernimmt diese Gedanken in dem Satz: „Wache Köpfe und geschickte Hände sind besser<br />

als mit Wissensstoff vollgestopfte Hirne.“ 25)<br />

Um das zu verwirklichen, soll <strong>der</strong> schulische Unterricht so gestaltet werden, dass das Kind eigene<br />

Erfahrungen machen kann, dass es ausprobieren und experimentieren kann. Darin liegt <strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong><br />

Arbeitsecken, <strong>der</strong> Ateliers. Aufgabe <strong>der</strong> Lehrerin, des Lehrers ist es jetzt vor allem, die Organisation <strong>der</strong><br />

26

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