Immer noch der Zeit voraus - Universität Bremen
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Wir sagen: diese Spiele haben kein Ziel. Sie haben aber unbewusst dasselbe Ziel wie die Arbeit. Das<br />
Katzenkind, das mit einem raschelnden Blatt spielt, macht die notwendigen Bewegungen mit solchem<br />
Ernst und solcher Hingabe, als wäre dieses Blatt eine echte Maus. Das Menschenkind, das <strong>noch</strong> seinen<br />
Instinkten gemäß lebt, führt seine Bewegungen mit demselben Ernst aus, den es bei einer seinen<br />
Bedürfnissen entsprechenden Arbeit hätte; nur ist ihm diese Verwandtschaft nicht bewusst. Die Illusion<br />
ist vollständig, und nur wir wären in <strong>der</strong> Lage, sie in ihre Teile zu zerlegen. Eine Art zweites Leben<br />
entsteht im Bereich <strong>der</strong> Einbildungskraft und <strong>der</strong> Träume; ihre möglichen Beziehungen zur bewussten<br />
Aktivität und sozialen Nützlichkeit haben wir angedeutet.<br />
Sehen Sie sich genau an, wie Kin<strong>der</strong> spielen: man sieht, dass sie in ihrer Arbeit völlig bei <strong>der</strong> Sache<br />
sind, in einer an<strong>der</strong>en Welt versunken, in <strong>der</strong> sie schließlich ihren Bedürfnissen und ihrem Rhythmus<br />
entsprechend leben ... Greifen die Erwachsenen ein, ist <strong>der</strong> Zauber gebrochen.<br />
Scheint es Ihnen nicht so, dass wir in diese Frage ein bisschen Licht gebracht haben? Wir müssen<br />
unsere Überlegungen <strong>noch</strong> überprüfen und sehen, ob die Verbindung ARBEIT SPIEL gerechtfertigt ist,<br />
wenn wir sie auf verschiedene bekannte Spiele anwenden. Wir werden sehen, ob wir für das, was uns<br />
betrifft, daraus einiges lernen können.<br />
(...)<br />
Wir müssen sehen, ob unsere Auffassung vom Spiel mit Arbeitscharakter einen Rahmen abgibt, in den<br />
wir ohne intellektuelle Tricks die Spiele <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> integrieren können.<br />
Welche Spiele sind das?<br />
Ich kann hier keine komplette Liste aufstellen. Ich sage hier nur meine Meinung, zunächst aufgrund<br />
meiner Erinnerungen und dann auch aufgrund meiner Beobachtungen.<br />
Als erstes müsste man sich fragen, welches die wesentlichen Triebe sind, die das Kind befriedigen will.<br />
Weil wir wissen, dass die kleine Katze später Mäuse fangen wird, kennen wir im Voraus die Spiele, die<br />
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täuschen uns nicht. Vielleicht kommen wir mit diesem Ansatz auch beim Menschen weiter.<br />
Meines Erachtens werden die Kin<strong>der</strong> zu ihren Spielen mit Arbeitscharakter durch dieselben Bedürfnisse<br />
und Neigungen motiviert wie die Erwachsenen zu ihrer Arbeit. Ich spreche nicht von <strong>der</strong> aufgezwungenen,<br />
son<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> menschlichen Arbeit, die wir Bauern zum Beispiel machen.<br />
Alle diese Bedürfnisse kann man in einem zentralen Bedürfnis zusammenfassen, das freilich immer<br />
mehr vielfältige und differenzierte Zweige hervorgebracht hat. Ihr Charakter ist immer weniger zu erkennen,<br />
je weiter sie sich vom Stamm entfernen und je schwieriger sich in <strong>der</strong> Folge dessen, was wir<br />
Zivilisation nennen, die Beziehungen zwischen Einzelnen und dann zwischen Gruppen gestalten. Es<br />
geht um das Bedürfnis, das Leben zu erhalten, es so stark wie möglich zu machen und es weiterzugeben<br />
also den Selbsterhaltungstrieb des Individuums und <strong>der</strong> Gattung.<br />
Zur Selbsterhaltung gehört die Notwendigkeit, sich zu ernähren. Daher kommen die Bewegungen<br />
und Verhaltensweisen des Kletterers, des Sammlers, des Jägers, des Fischers und des Viehzüchters:<br />
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