Klangsynthese und Physical Modeling - Brothers in Music
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DIPLOMARBEIT HENRI HAGENOW<br />
3.6.2 Torsionswellen<br />
Geht man davon aus, daß die Saite e<strong>in</strong>e endliche Ausdehnung (e<strong>in</strong>en Radius a) hat, so<br />
muß man e<strong>in</strong>en weiteren Freiheitsgrad der Wellenpolarität berücksichtigen. Beim<br />
Anstreichen e<strong>in</strong>er Saite tritt die Reibungskraft des Bogens auf die Saite am Kontaktpunkt<br />
zwischen Bogen <strong>und</strong> Saite auf. Die Kraft der Massenelemente der Saite wirkt aber auf die<br />
Saitenachse, also auf den Massenmittelpunkt. Dadurch entsteht e<strong>in</strong> von der Kraft<br />
abhängiges Drehmoment M, das e<strong>in</strong>en Teil der Energie <strong>in</strong> Torsionswellen überführt (Abb.<br />
3.21). Die Fortpflanzungsgeschw<strong>in</strong>digkeit dieser Wellen ist - abhängig von Material <strong>und</strong><br />
Stärke der Saite - ungefähr um den Faktor vier größer als die der transversalen Wellen<br />
[Schelleng, 1973]. Auch die Impedanz der Saite für Torsionswellen unterscheidet sich von<br />
der transversaler Wellen.<br />
Abb. 3.21: Darstellung des Querschnitts e<strong>in</strong>er mit der Kraft F B angestrichenen<br />
Viol<strong>in</strong>ensaite zur Veranschaulichung des Entstehungsprozesses des<br />
zu Torsionsschw<strong>in</strong>gungen führenden Drehmoments M.<br />
Die E<strong>in</strong>beziehung der Torsionswellen <strong>in</strong> das Instrumentenmodell erfordert eigentlich e<strong>in</strong>e<br />
Implementierung weiterer Verzögerungsleitungen, deren Verzögerungszeiten entsprechend<br />
der größeren Wellenausbreitungsgeschw<strong>in</strong>digkeit kürzer se<strong>in</strong> müßten als die der<br />
transversalen Verzögerungsleiter. Auch ihr Reflexionsverhalten unterscheidet sich; der<br />
Reflexionsfilter im Torsionswellenleiter würde e<strong>in</strong>e eigene Reflexionsfunktion<br />
beanspruchen.<br />
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die Torsionswellen als für den Klangverlauf<br />
unwesentlich angenommen <strong>und</strong> vernachlässigt.<br />
3.7 Die Kopplung mehrerer Saiten über den Steg<br />
Alle Saiten e<strong>in</strong>es Saiten<strong>in</strong>strumentes (Gitarre, Viol<strong>in</strong>e, Piano usw.) s<strong>in</strong>d über denselben<br />
Steg an e<strong>in</strong>en Resonanzkörper gekoppelt. Diese geme<strong>in</strong>same Verb<strong>in</strong>dung führt zu e<strong>in</strong>er<br />
Kopplung der Saiten untere<strong>in</strong>ander. Die Kopplung der Saiten über den Steg erzeugt e<strong>in</strong>e<br />
Onl<strong>in</strong>e-Version 1.0 62