umweltrechtliche Belange - Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
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Aktuelle Rechtsprechung des OVG Mecklenburg-Vorpommern zum Baugesetzbuch<br />
Zum Untergang des Bestandsschutzes im Baurecht wird vom Bundesverwaltungsgericht insbesondere<br />
die Auffassung vertreten, dass nach ca. drei Jahren einer Nichtnutzung von einem Erlöschen des Bestandsschutzes<br />
ausgegangen werden muss ("Zeitmodell", vgl. auch OVG <strong>Greifswald</strong>, U. v. 23.2.2005 - 3<br />
K 6/02 -). Wird dies zugrunde gelegt und wäre die Nutzung im Jahre 1999 tatsächlich aufgegeben worden,<br />
so wäre im Jahre 2003 nach der Verkehrsauffassung grundsätzlich nicht mehr mit einer Weiternutzung<br />
zu rechnen gewesen. Allerdings kann nach Auffassung des Senates die Verkehrsauffassung im<br />
vorliegenden Fall durch das Bestreben der Antragstellerin, das in Rede stehende Gebiet überplanen zu<br />
lassen, einen längeren Zeitraum bis zum Erlöschen des Bestandsschutzes rechtfertigen. Es wird daher<br />
für die Entscheidung der Hauptsache auch insoweit im Wesentlichen auf die Ergebnisse der dort vorzunehmenden<br />
Beweiserhebung ankommen. Vorzugswürdig erscheint - nach gegenwärtigem Erkenntnisstand<br />
- daher die o.g. Auffassung, dass der Bestandsschutz nicht unter dem Gesichtspunkt der Nutzungsaufgabe<br />
vollständig entfallen sein dürfte.<br />
Weil auch nach den Ausführungen der Antragstellerin die tatsächliche Nutzung ein Stück weit zurückgegangen<br />
ist, hat die Beschwerde vom 03.11. 2004 nicht in vollem Umfang Erfolg. Der Senat sieht es als<br />
überwiegend wahrscheinlich an, dass über einen mehrjährigen Zeitraum die volle im Jahre 1966 genehmigte<br />
Nutzung mit vier Booten nicht ausgeübt worden ist. Wenn ab 1994 lediglich noch von Anwohnern<br />
- mehr oder weniger autorisiert durch den Grundstückseigentümer - der Steg genutzt worden ist und<br />
das im Durchschnitt nur mit zwei Booten der Fall gewesen sein mag, so sieht der Senat im vorliegenden<br />
summarischen Verfahren - wegen des eventuellen Ergebnisses in einer Beweisaufnahme im Hauptsacheverfahren<br />
zum Umfang eines eventuell noch verbliebenen Bestandsschutzes - es als wahrscheinlich<br />
an, dass in einem Hauptsacheverfahren sich nur der Fortbestand eines eingeschränkten Bestandsschutzes<br />
ergeben wird. (…)<br />
Das Erlöschen des Bestandsschutzes ist wohl auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Verlustes der<br />
Substanz eingetreten100 . Auch insoweit wird es letztlich auf das Ergebnis der Beweisaufnahme ankommen. Es ist<br />
aber davon auszugehen, dass bei einem Bootssteg aus einer langlebigen Stahlkonstruktion mit einer Holzbeplankung<br />
die tragende Stahlkonstruktion das Wesentliche ist und der Bohlenbelag zwar für die Funktion erforderlich ist,<br />
aber durchaus auch einmal komplett ausgetauscht werden darf, ohne dass dies eine wesentliche Änderung oder gar<br />
Neuerrichtung des Steges wäre101 . Die Stahlkonstruktion ist die "Hauptsache" i.S. der Bestandsschutzrechtsprechung<br />
des Bundesverwaltungsgerichts102 . Der Bestandsschutz im naturschutzrechtlichen Sinne umfasst<br />
auch die Unterhaltung und teilweise Erneuerung, nicht jedoch eine Neuerrichtung oder Erweiterung<br />
von Nutzungen oder Anlagen103 . Von einer Neuerrichtung kann hier aus den o.g. Gründen daher<br />
nicht gesprochen werden. Die vorliegende Sachverhaltskonstellation unterscheidet sich somit auch von<br />
dem Zaunerneuerungsfall104 , in dem der VGH Mannheim eine Neuerrichtung bei vollständiger Erneuerung<br />
des Maschendrahts bejaht hat.<br />
Der Senat sieht sich an der von ihm vorgenommenen Interessenabwägung auch nicht deshalb als gehindert<br />
an, weil sich aus den Regelungen der materiellen Beweislast eine eindeutige Entscheidung zugunsten<br />
oder zulasten der Antragstellerin ergeben könnte. Auch die Heranziehung der Grundsätze über die<br />
materielle Beweislast im Hinblick auf den im vorliegenden Fall streitigen Bestandsschutz führen zu kei-<br />
100 vgl. hierzu OVG <strong>Greifswald</strong>, B. v. 27.8.1998 - 3 M 65/98 -, LKV 1999, 197 = NordÖR 1999, 375<br />
101 vgl. hierzu OVG <strong>Greifswald</strong>, B. v. 18.2.1998 - 3 M 134/95 -, Juris<br />
102 vgl. BverwG, U. v. 17.1.1986 - 4 C 80/82 -, BVerwGE 72, 362<br />
103 Hünnekens in Johlen/Oerder, Münchener Anwaltshandbuch Verwaltungsrecht, 2003, § 11 Rn. 76<br />
104 vgl. VGH Mannheim, B. v. 01.7. 1998 - 8 S 1678/98 -, NuR 1999, 109<br />
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