Qualitätsmanagement im Call Center - Prospektiv Gesellschaft für ...
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Kapitel 6: Das Exper<strong>im</strong>ent: "Selbstorganisation <strong>im</strong> <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>"<br />
Ein Erklärungsversuch da<strong>für</strong> weist auf die Profilierungssucht und den Versorgungsanspruch<br />
hin, welche diese widersprüchliche Haltung befördern. Der Entzug des Soziotops<br />
und der ökonomischen Nische wird zunächst kompensiert durch enorme öffentliche<br />
Aufmerksamkeit, die der Eitelkeit schmeichelt und viele gebrochene Biografien<br />
aufwertet, welche die biographische Kontinuität einer Erzählung von David gegen<br />
Goliath als Kompensation, beispielsweise einer stagnierenden Entwicklung der Karriere,<br />
ass<strong>im</strong>ilieren.<br />
Hinzu kommt die Auflehnung gegen Autoritäten und Hierarchien. Erst nach diesem<br />
Impuls schärft sich der Blick <strong>für</strong> das Potenzial dieser Auflehnung. Der `normale´ Prozess<br />
des Entwachsens aus der Pubertät, in der das gegenseitige Geschäft von Eltern<br />
und Kindern darin besteht, dass die Kinder den Verzicht auf Mündigkeit (und damit auf<br />
das Rütteln an Herrschafts- und Definitionsansprüchen) mit Totalversorgung bekommen,<br />
wird als beispielgebende unternehmerische Perspektive <strong>für</strong> einen <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>-<br />
Betrieb gesehen und wirft folgende Fragen auf:<br />
� Ist nicht die Standardisierung der Kundenkommunikation, die Unterbindung<br />
interner Dialoge in <strong>Call</strong> <strong>Center</strong>-Belegschaften durch die hermetische mediale<br />
Abriegelung des Agents <strong>im</strong> Kundengespräch, die Reduzierung der Sprechenden<br />
auf Produzenten von Sprachhülsen ohne Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum<br />
höchster Ausdruck einer Entmündigung nicht nur der Beschäftigten,<br />
sondern auch der Kunden?<br />
� Ist nicht die Verzicht auf die Entfaltung der individuellen Potenziale der einzelnen<br />
Beschäftigten in und außerhalb des Kundengespräches und in und außerhalb<br />
der Telefonie nicht erstens ökonomischer Irrsinn und zweitens eine totale<br />
Uniformierung des Kundendialogs, da nur aus Vielfalt Kundenprofile generiert<br />
werden können?<br />
� Ist nicht der Verzicht auf die Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit der Beschäftigten<br />
und eines freien, internen Dialogs, sowie das Beharren auf starren<br />
Hierarchien und Top-Down-Entscheidungen ohne Konsultation der eigentlichen<br />
Experten des Kundendialogs - der Agenten - zeit- und kostspielig und<br />
daher gerade von einem Start Up, unabhängig von ideologischen Argumenten,<br />
gar nicht zu erbringen?<br />
Das dem so ist, war eine Grundannahme und ist es bis heute – aber die richtige Einsicht<br />
wurde motiviert durch den Trennungsschmerz von einem „falschen Leben“, nach<br />
dem man sich zurücksehnte.<br />
2. Selbstorganisation - eine Illusion?<br />
Bei der Tekomedia lag also eine idealistisch geprägte Vorstellung vom selbstorganisierten<br />
Unternehmen vor. Überdies herrschte weitgehend über folgende Kernelemente<br />
Konsens:<br />
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