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152Barbara Rauchwarterchern und vor dem Missbrauch von Macht schützen. Die Gruppe von Menschen,die davon am meisten gefährdet war, wird mit „Witwen, Waisen undFremdlingen“ zusammengefasst, deren Verletzlichkeit ohne Schutz der Großfamiliein einem Unrechtssystem besonders groß war. „Vulnerable people“ – sonennt die UNICEF diese Menschen heute. Viele Rechtstexte sprechen ihnenim Namen Gottes besondere Privilegien zu: Das in der Tora festgelegte Armenrechtgarantierte das Überleben u.a. aus der Kasse des Armenzehnten (Dtn14,28), in die alle einzahlten.10 % sind sehr viel an Abgabe. ATTAC wäre mit0,5 % Tobinsteuer zufrieden, um dem Hunger in der Welt entgegenzuwirken.Das Recht auf Nachlese auf Getreidefeldern, in Olivenhainen und Weinbergensorgte für eine Art bedingungslosen Grundeinkommens (Dtn 24, 20–22). Auchdas Pfandrecht schützte die Lebensinteressen: Der Betroffene selbst entschied,was er entbehren könne, ausdrücklich verboten war es, Mühlsteine oder Obergewandals Pfand zu belegen. 11 In diesen Bestimmungen wird deutlich, dass hiernicht von oben herab entschieden, sondern immer im Interesse der Unterprivilegiertenein Recht gesetzt wird, das die Habgier der Privilegierten beschränkensoll. Gott stellt sich also an ihre Seite – nur nicht, um mit einem guten Jenseitszu vertrösten, wie es in der christlichen Frömmigkeitsgeschichte häufig versuchtwurde; sondern Gott bindet sich an diese Frage nach den Gründen der Armut,die im Diesseits zu suchen und zu finden sind. Die soziale Gerechtigkeit ist inder Bibel keine von der Gottesbeziehung getrennte Kategorie, vielmehr gibt esjenseits von Recht und Gerechtigkeit keine Beziehung zu Gott. 12„Justitia“ und „Shalom“Das ist auch der Sinn der Sozial- und Kultkritik der Propheten. Gerechtigkeit istein zentrales Leitwort der Bibel und steht im krassen Gegensatz zu dem antikenBegriff der „Justitia“, dessen Allegorie mit Augenbinde und Waage scheinbarohne Ansehen der Person mit dem Schwert „Recht“ zumisst. Die Bibel erhebtEinspruch gegen das aristotelische Motto „Jedem das Seine“, 13 also Zuteilungnach einem abgestuften Leistungs- und Lohndenken. Der Gegenbegriff dafürist biblisch „Shalom“, Frieden, was nicht nur Abwesenheit von Krieg meint,sondern „Zufriedensein“ im Sinne von: „Jedem und jeder das, was er oder siebraucht“. Genau diese Sinngebung der Entfaltung menschlichen Lebens liegtJohan Galtungs Definition von struktureller Gewalt zugrunde: „Gewalt liegtdann vor, wenn Menschen so beeinflusst werden, dass ihre aktuelle somatischeund geistige Verwirklichung geringer ist als ihre potentielle Verwirklichung.“ 14Jedem und jeder, was er oder sie braucht: Das ist Thema der zahlreichen biblischenSpeisungsgeschichten, deren Vorbild die Mannaerzählung Ex 16 ist:ausreichend Nahrung in der Wüste. 15 Das „Brot“ ernährt das Wüstenvolk. Esist genug vorhanden, man kann sich satt essen. Das bedeutet für die Mangel-

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