178Red Chidgey„DIY-Feminismus handelt von jedem, der Feminismus selbst macht undVeränderungen vollbringt, wie klein diese auch immer auf den ersten Blickzu sein scheinen. Das bedeutet, nicht auf andere zu warten, auf ‚Profis‘ oderPolitiker, um die Welt Frauen-freundlicher zu machen und die mit dem Sexismusverbundenen Probleme zu lösen.“DIY-feministische Aktionen haben viele Formen, schließen aber zumeistFolgendes ein: das Produzieren aktivistischer Medien und Filme, die Besetzungvon Gebäuden, das Kreieren von Guerilla-Kunst, das Abhalten vonDiskussionsgruppen, die Unterstützung von Workshops, das Einführen vonPolitiken in Musik und Performance, das Skill-Sharing, das Organisieren vonStraßendemos und Protesten, und auszuprobieren, so selbstgenügsam wiemöglich zu sein. Organisierte Ereignisse sind häufig zeitlich begrenzte, ephemereInterventionen. Die Schaffung autonomer Zonen wie Festivals und Zusammenkünfteist integraler Bestandteil des DIY-Feminismus. Zu solchen Ereignissenzählen etwa das Feminist Health Gathering (GB), das Rdeãe zore/RedDawns Festival (Slowenien), das Love Kills Festival (Rumänien), Femfest (Kroatien),und Ladyfest (international). In diese Aktionen sind anti-kapitalistischeTendenzen eingebunden: Selbst- bzw. kollektiv produzierte Kultur, Politik undUnterhaltung und Arbeit werden als Ideal angesehen, und nicht-profit-orientierte,freiwillige, also aktivistische Arbeit bildet den Lebenssaft der Bewegung.Dieser Aufsatz betrachtet einige der wichtigsten Konzepte und Motivationendes DIY-Feminismus, wie sie in Worten und Schriften von AktivistInnenselbst zum Ausdruck gelangen. Durch Interviews und Artikel im Grrrl Zine<strong>Network</strong> (www.grrrlzines.net) und in Grassroots Feminism: TransnationalArchives, Resources and Communities (www.grassrootsfeminism.net), teilenDIY-FeministInnen, OrganizerInnen, Zine- MacherInnen und AgitatorInneneinander ihre Inspirationen, Leidenschaften und Visionen von sozialerGerechtigkeit mit. Typischerweise misstrauisch gegenüber organisierten Parteienoder der Mainstream-Politik, wählen diese jungen FeministInnen dasReich autonomer Kulturproduktion als ihren Kampfplatz. Auf diese Weisesind das <strong>Network</strong>ing, das (Mit-)Teilen von Informationen, die Zusammenarbeit,die Hebung des Bewusstseins und Kreativität ihre privilegierten Ausdrucksformen.Als Beispiel für solche Tendenzen zieht dieses Papier denSelbstverlag von Zine-Netzwerken durch DIY-FeministInnen heran.Keine Experten: Das Empowerment von Selbst und GemeinschaftEin eigenes Medium zu besitzen ist für jegliche soziale Bewegung von zentralerBedeutung. DIY-FeministInnen kommunizieren über anti-kommerziellePublikationen in kleinen Auflagen wie Zines, Zeitschriften und Blogs. VonMedienressourcen des Mainstreams und konventionellen Machtstrukturen
Individuelle und kollektive Akte des Widerstands179ausgeschlossen, bauen junge Frauenund Transfolks eigene Kommunikationskanälemit den Toolsund der Software, die ihnen zurVerfügung stehen. Computer, digitaleund mobile Handykameras,Photokopierer, das sind die alltäglichenTechnologien, die in Aktiongesetzt werden. Sich die Tools desKapitalismus aneignend, hoffendiese AktivistInnen, ihre antikonsumistischenBotschaften vonkultureller DIY-Aktion und Information(mit-) zu teilen. Zines, 2 z. B.,sind Zeitschriften oder Broschürenin kleinen Auflagen, von ihren MacherInnenauf nicht-kommerziellerBasis geschrieben, designed,illustriert, publiziert und distribuiert.Zumeist eine gering finanzierteÄsthetik und preiswerte Druckmethoden nutzend, wirken Zines als ein Medium,in welchem individuelle und kollektive Stimmen, Kunstwerke, politischeKommentare und Ressourcen (mit-) geteilt werden können. Sie agieren als eindemokratischer Medien-Kanal und als Mittel des Graswurzel-<strong>Network</strong>ings:„Jede(r) kann [Zines] schreiben und auf diese Weise zu einer Art nichtakademischer/nichtprofessioneller,aber doch sehr wertvoller DIY-politischenTheorie und Herstory 3 beitragen. Wie die FeministInnen in den 70er Jahren,die, nicht einverstanden mit der männlichen Vorherrschaft an Universitätenund in der Gesundheitskontrolle, ihre eigenen Klassen zur Wissensvermittlungund frauengeführte Gesundheitszentren schufen, können Zines die Informationskontrollewieder in die Hände von jedermann/jederfrau zurückverlegen. Zines können als alternatives partizipatorisches Medium zur Verbreitungalternativer Sichtweisen auf die Gesellschaft fungieren, die in den Mainstream-Mediennicht zu finden sind.“ Nina Nijsten (Belgien).„Zines, als eine der Praktiken von DIY, sind der sehr sichtbare Ausdruck von‚jede(r) kann es tun‘. Das ist eine Möglichkeit, Informationen, Ideen und Wissen(mit-) zu teilen und zu verbreiten, und ein Mittel zum Selbst-Lehren. Es ist auchein Weg, Menschen und Ideen zu verbinden.“ Love Kills Collective (Rumänien).Als einer der Schlüsselaspekte DIY-feministischer Bewegungen stellen Zinesdas Vorurteil in Frage, heutige junge FeministInnen würden sich ausschließlichmit ihren persönlichen Geschichten oder mit individueller Aktion befassen.