58 Haris Golemis, Elena Papadopoulouwiederum in Griechenland haben? Und zu guter Letzt: Sind radikale linkeParteien, Gewerkschaften und soziale Bewegungen in Griechenland (und inden Nachbarländern des Balkans) an einer internationalen, europäischen Solidaritätoder an einer Solidarität gegenüber dem Balkan interessiert ebensowie an gemeinsamen Aktionen, um den Folgen der Krise entgegenzuwirken?2. Warum ist griechisches Bankenkapital für die Märkte der Balkanländerinteressant?Die Tatsache, dass Griechenlands geographische Nachbarn den Übergangzu kapitalistischen Ökonomien im Zuge eines Prozesses, den man zu Rechtökonomischen Imperialismus nennen kann, bewerkstelligt haben, ist größtenteilsauf griechisches Kapital zurückzuführen. Derzeit haben schätzungsweise8 000 griechische Unternehmen in den Balkanländern investiert, wobeidort ca. 20 % ihres Jahresumsatzes erzielt wird. Dieser Artikel würde zu weitgehen, wenn wir aufzeigten, wie die Ökonomien dieser Länder von griechischemKapital „überschwemmt“ wurden. Hier beschränken wir uns auf dieBankbranche, nicht nur um uns kurz zu fassen, sondern auch, weil es einmoderner und gewinnbringender Sektor der griechischen Wirtschaft ist, derfür die Entwicklung der Krise in Griechenland und in anderen Balkanländernausschlaggebend ist.a) Wir möchten ein besonderes Augenmerk auf die Balkanländer richten,in denen griechische Banken große Marktanteile besitzen und indenen sie viele Filialen und Beschäftigte haben. Mit anderen Worten:die Länder, in denen griechisches Bankenkapital seit den 90er Jahrenvermehrt vertreten war. Diese Länder sind: Albanien, Bulgarien, Rumänien,FYROM und Serbien 2 . Die Hauptgründe für vermehrte Investitionengriechischer Banken in diesen Ländern sind folgende:Die hohen Wachstumsraten im Balkan und das vorhandene, unterentwickelteund ineffiziente heimische Bankensystem, das einem großen Privatisierungsprogrammunterlag. Diese beiden Faktoren boten aufgrundder ansteigenden Nachfrage sowohl von Privathaushalten als auch vondiversen, vorwiegend ausländischen Unternehmen aus dem Dienstleistungs-und Produktionssektor gewinnbringende Chancen. Ein Großteildavon waren griechische Unternehmen.In den letzten 5–10 Jahren war die jährliche Wachstumsrate des BIP in denoben genannten Balkanländern bedeutend höher als die Durchschnittsratein der EU mit 27 Mitgliedstaaten: 5–10 % im Gegensatz zu 1–3 %(s. Tabelle 1 und Bild 1);
Griechische Banken auf dem Balkan59Tabelle 1: Reales BIP-Wachstum in den Balkanländern, EU 27 undEurozone1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009Albanien -10,9 8,6 13,2 6,5 7,1 4,2 5,8 5,7 57 5,5 6,2 6,9 1,2Bulgarien -5,6 4,0 2,3 5,4 4,1 4,5 5,0 6,6 6,2 6,3 6,2 6,0 -3,0FYROM 1,4 3,4 4,3 4,5 -4,5 0,9 2,8 4,1 4,1 4,0 5,9 5,0 -1,3Rumänien -6,1 -4,8 -1,1 2,1 5,7 5,1 5,2 8,5 4,2 7,9 6,0 7,1 -4,0Serbien 10,1 1,9 -18,0 5,2 5,1 4,5 2,4 9,3 6,3 5,5 6,9 5,4 -3,0EU-27Durchschnitt 3,0 3,9 2,0 1,2 1,3 2,5 2,0 3,1 2,9 0,9 -4,0 (f)Eurozone 2,9 3,9 1,9 0,9 0,8 2,1 1,7 2,9 2,7 0,7 -4,0 (f)Quelle: eigene Ausarbeitung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Ent wicklung EBWE [Wirtschaftsstatistikenund Prognose] und Daten von EurostatQuelle: eigene Ausarbeitung von Daten der EBWE [Wirtschaftsstatistik und Prognose]b) die so genannte „Reife“ des griechischen Bankenmarkts, der begann, Gewinnspannenzu unterdrücken;c) die Notwendigkeit, dem Wettbewerb gegenüber Banken anderer europäischerLänder, vorwiegend Österreich, Frankreich, Italien und DeutschlandStand zu halten, die aus denselben Gründen wie die Griechen, ebenso bedachtdarauf waren, Anteile im Bankensektor des Balkans zu ergattern;d) niedrige Arbeitskosten in den jeweiligen Ländern (doppelt oder um einMehrfaches niedriger als in Griechenland und 30 % bis 70 % der entsprechendenKosten in Mittel- und Osteuropa);