Überblicksstudie über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur in ...

Bemerkenswert an den Kinderbüchern von Ottó Kiss ist, dass sie sowohl lustig-laute, aber
auch zarte, leiste Töne anschlagen können. Seit vielen Jahren gehört er damit zu den
wichtigsten ungarischen Lyrikern – sowohl für Erwachsene als auch für Kinder. Sein auch ins
Deutsche übersetztes „Mario, der Sternensammler“ (Csillagszedı Márió) wurde 2003 in
Ungarn zum Buch des Jahres gewählt und erzählt in gereimter Form von den leisen,
umherschweifenden Gedanken eines kleinen Mädchens. Die kindlich-assoziative Sicht auf die
Welt gibt nach und nach den Blick auf die Familie und das Leben der Kleinen frei, und es
zeigt sich, wie anders und phantasievoll die Wahrnehmung eines Kindes ist. Ottó Kiss ist
jedoch genauso für seine pointierten Kindergedichte bekannt, die natürlich um die kindliche
Erlebniswelt kreisen, dort jedoch Außergewöhnliches wahrnehmen. So bspw. das
Briefmarkengedicht, in dem ein Vater seine Sammlung wiederfindet und diese nun durch die
Lupe betrachtet… das Kind, aus dessen Perspektive erzählt wird, erklärt sich die ganze Sache
wie folgt: Der Vater ist im Vergleich zu dem Tag, an dem er die Briefmarken das letzte Mal
gesehen hat, gewachsen und muss sich darum nun mit der Lupe behelfen, um die nun kleinen
Fetzen betrachten zu können. Oder ein Junge lacht sich über die Eltern kaputt, die immer
heimlich zum Küssen in ein Extrazimmer gehen, aber als er selbst von einem Mädchen
geküsst wird, findet er Gefallen daran, denn es kribbelt wie Brause im Bauch… die lustigen
Illustrationen von András Baranyai verleihen den ohnehin schon guten Texten noch mehr
Pfeffer und Würze (Gedichte aus Emese almája/ „Emeses Äpfel“ und A nagypapa távcsöve/
„Großvaters Fernglas“).
In Zusammenarbeit mit Ungarns Illustrator Nummer eins entstand auch das komische „Wenn
Du mich fragst, sollten alle am Sonntag Nachmittag zuhause bleiben“ (Szerintem mindenki
maradjon otthon vasárnap délután), in dem ein ausflügelnder Vater endlich einmal zur Räson
gebracht wird und sonntags bei seiner Familie bleibt. Die Geschichte voll von absurdem
Nonsens zieht ihre Reize aus der Situationskomik in den einzelnen Familien- und
Ausflugsszenen des Vaters und ist eine spaßige Lektüre.
Ottó Kiss war 2011 Gast auf der Europäischen Kinderbuchmesse und bewegt sich seit Jahren
auf dem internationalen Literaturparkett.
In Auswahl:
A Nagypapa távcsöve. Ill. Paulovkin Boglárka. Budapest: Móra 2009. (KLyrik)
Szerintem mindenki maradjon otthon vasárnap délután. Ill. Baranyai András. Budapest:
Csodaceruza 2006. (BB ab 5)
Emese almája. Ill. Baranyai András. Budapest: Pagony 2006. (KLyrik)
Csillagszedı Márió. Ill. Paulovkin Boglárka. Budapest: Móra 2002. (KLyrik/KB ab 5)
> dt.: Mario, der Sternensammler. Tagebuch für meine Eltern. Ill. Paulovkin Boglárka.
Übers. Clemens Prinz. Passau: Schenk 2006. (KLyrik/KB ab 5)
7.3.5 Varró Dániel (*1977) und Tóth Krisztina (*1967)
Zusammen mit Anna T. Szabó haben zwei der wichtigsten Lyriker und Kinderlyriker Ungarns
Dániel Varró und Krisztina Tóth 2007 das lyrische ABC-Buch Kerge-ABC („Närrisches
ABC“) verfasst, das in Ungarn sowohl für die Gedichte als auch für die Bebilderung durch
sechs der führenden ungarischen Kinderbuchillustatoren hochgelobt wurde. Diese
Kompilation ist eine der außergewöhnlichsten Zusammenarbeiten der vergangenen Jahre in
Ungarn!
Seinen großen Durchbruch erlebte der „Rhythmusvirtuose“ Dániel Varró 2003 mit dem
ambitionierten Projekt einer Kindererzählung in antiken Versmaßen (Dante-Strophe,
Hexameter) Túl a Maszat hegyen („Jenseits des Schmuddelberges“). Die Erzählung schlug
hohe Verbreitungswellen, denn der Komponist Gábor Presser machte aus ihr eine Art
Kindermusical sowie ein Hörbuch. Im „Schmuddelberg“ geht es um Janka, mit der der Leser
in verschiedene Abenteuer einsteigt, in denen aber immer ein mannigfaltige Intertexte zu
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