Überblicksstudie über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur in ...

über einen kauzigen Kerl, der in einer alten Hütte in den Karpaten lebt. Zweifelsohne ist aber
„Die Übeltäter aus der Parallelwelt“ (Zločynci z paralel’nogo svitu) Halyna Malyks
wichtigstes Buch. In der Ukraine erhielt das aus zwei Teilen bestehende Kinder-/Jugendbuch
Auszeichnungen, Nominierungen und wurde auf der Kiever Buchmesse 2004 mit einem
Spezialpreis bedacht. Malyk selbst bekam 2003 den bedeutendsten ukrainischen
Kinderbuchpreis Lesja Ukraïnki. In den Übeltätern geht es um den obdachlosen Jungen
Chronja, der zusammen mit herumstromernden, ausgesetzten, entflohenen Tieren –
insbesondere dem Hund Reks – sich zusammen durchs Leben schlägt. Die Streuner hausen in
einem gemeinsamen Verschlag und nach und nach erfährt der Leser ihre Geschichten und
erlebt mit, wie sie Essen klauen gehen oder sich vor der Polizei flüchten. Im zweiten Teil
begibt sich der Leser zusammen mit Chronja und Reks in „die Zone“, die sich durch
Andeutungen als das radioaktiv verstrahltes Gebiet um Tschernobyl herauskristallisiert.
Chronja ist auf der Suche nach seiner eigenen Vergangenheit, die im „verlassenen Ort“
innerhalb der Zone zu liegen scheint. Halyna Malyk entwirft jene Zone als unheimlichen
Platz, an dem seltsame, gnomhafte Phantasiefiguren ihr Dasein fristen, aber auch Menschen,
die in verlassenen und verrammelten Hütten leben und von Kinderschieberbanden und
korrupten Polizisten bedroht werden. Die Zone wird zu einem gefährlichen „Spielplatz“, auf
dem sich Chronja und Reks bewähren müssen. Und es gehört zu den Stärken des Buches, dass
es einerseits einen spannenden Plot (Quest) entwickelt, unterschwellig aber auch
beängstigende, melancholische Töne darin untergebracht sind.
In Auswahl:
Abra & Kadabra. Ill. Hanna Ponomarenko. Užgorod: Poligrafcentr Lira 2011. (JB ab 12)
Zločynci z paralel’nogo svitu I & II. L’viv: Svit 2001, 2003/ Vinnycja: Teza 2007, 2008.
(KB/JB ab 11)
Vuiko Youi i Lyshynya. Kiev: Grani-T 2007. (KB ab 8)
Podorož Ali do kraïni sjak-takiv. 1997/ Vinnycja: Teza 2007, 2011. (KB ab 8)
Prigody Ali v kraïni Nedoladii. 1990/ Vinnycja: Teza 2006, 2011. (KB ab 8)
6.3.4 Natalka Snjadanko (*1973)
Die 38-jährige studierte Ukrainistin, Slavistin und Romanistin (u.a. in Freiburg) hat nicht nur
einen sehr erfolgreichen Kinderbucherstling Kraina polamanich igrašok ta inši podoroži
(„Das Land des kaputten Spielzeugs und andere Reisen“) und die Schriftstellerei für
Erwachsene im Gepäck, sie hat vor allem als Übersetzerin aus dem Deutschen einen Namen
(Kafka, Grass, Zweig, Dürrenmatt, Maron, Zaimoglu). Ihr Roman Sammlung der
Leidenschaften (im Original: Kolekcija prystrastej) erschien 2007 sogar in Deutschland; mit
ihm war Sniadanko zu Gast war auf dem Berliner Literaturfestival. 83
Ihr Kinderbuch dreht sich um den sechsjährigen Matvijko, der in seinem Wohnblock mit
sämtlichen Nachbarn vertraut ist, und zum Geburtstag ein Stofftierschwein bekommt. Mit ihm
begibt sich der Junge auf (Traum)reisen, u.a. zu Zeichentrickhelden, aber auch in das Land
des kaputten Spielzeugs. Dort wird es repariert und zu Weihnachten Kindern, die ohne
Spielzeug aufwachsen, geschenkt. Matvijko wird daraufhin selbst aktiv und beginnt, sein
Spielzeug nicht nur mit anderen Kindern zu teilen, sondern organisiert gar einen Kinderclub
und wohnt der „Konferenz der Stofftiere“ bei, auf der sein Schweinchen mit anderen Tieren
den richtigen Umgang mit Kindern bespricht (witzig!). Das bekannte märchenhafte Muster
des „Gutes tun“ wird von Snjadanko in einem humorigen Ton erzählt und ist trotz des ein
wenig erzieherischen Duktus, der aber beinah überall in den ukrainischen KJL zu finden ist,
83 (Unter dem Namen Natalka Sniadenko) Sammlung der Leidenschaften. Übers. Anja Lutter. München: dtv
2007. Der Roman verbindet ukrainische und deutsche Lebenswirklichkeit in einem satirischen Sujet. In der
Ukraine hatte der Roman eine junge begeisterte Leserschaft. Vgl.
http://www.literaturfestival.com/teilnehmer/autoren/2008/natalka-sniadanko.
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