Überblicksstudie über die aktuelle Kinder- und Jugendliteratur in ...
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7. UNGARN<br />
7.1 Buchmarkt – Allgeme<strong>in</strong><br />
Nach e<strong>in</strong>er Krise zu Beg<strong>in</strong>n der 2000er Jahre wächst der ungarische Buchmarkt wieder, hatte<br />
2008 mit 15255 veröffentlichten Titeln e<strong>in</strong> Allzeithoch <strong>und</strong> hat sich 2010 auf gut 12997 Titel<br />
e<strong>in</strong>gependelt, davon waren 2008 10872 Novitäten, 2010 waren es 9610. 90<br />
In <strong>die</strong>sem Gefüge stellt sich der <strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchmarkt wie folgt dar: Auch hier ist 2008 e<strong>in</strong><br />
Höhepunkt mit <strong>in</strong>sgesamt 1407 erschienenen Titeln, 2010 s<strong>in</strong>d es 1229 Neuersche<strong>in</strong>ungen aus<br />
dem Bereich der k<strong>in</strong>derliterarischen Belletristik (Schulbuchmarkt ausgenommen). Damit hat<br />
der <strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchmarkt e<strong>in</strong>en Anteil von 9,2% (2008) <strong>und</strong> 9,4% (2010) am Gesamtmarkt.<br />
Die Zahlen wandeln sich rapide, wenn man weitere Modifizierungen vornimmt. So liegt der<br />
Anteil der von ungarischen, lebenden <strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchautoren 2008 bei 369 Titeln, 2010 bei 435. 91<br />
Damit stammt 2008 nur gut e<strong>in</strong> Viertel der KJL aus ungarischer Feder (26%), 2010 ist der<br />
Anteil deutlich gewachsen <strong>und</strong> liegt bei 35%.<br />
Die ansteigende Tendenz ungarischer KJL-Veröffentlichungen mag auch e<strong>in</strong>e Ursache <strong>in</strong> der<br />
sich wandelnden Verlagslandschaft Ungarns – bezogen auf den Bereich des <strong>K<strong>in</strong>der</strong>- <strong>und</strong><br />
Jugendbuches – haben. Galt bisher der ehemals staatliche <strong>und</strong> größte re<strong>in</strong>e <strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchverlag<br />
MÓRA als Platzhirsch, der <strong>die</strong> Regale <strong>in</strong> den Buchläden füllt <strong>und</strong> früher wie ke<strong>in</strong> anderes<br />
Haus mit der KJL assoziiert wurde, so ist Móras Verlagspolitik mit Wiederauflagen von<br />
Klassikern (Eva Janiszkovsky), Märchenveröffentlichungen sowie „Mädchenbüchern“<br />
zunehmend unter <strong>die</strong> Ägide des Traditionalistisch-Konservativen geraten, <strong>und</strong> erst seit ca.<br />
e<strong>in</strong>em Jahr gibt es Anzeichen für leichte Veränderungen. Das mag auch daran liegen, dass <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren neue <strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchverlage entstanden s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> sich sche<strong>in</strong>bar langsam vom<br />
angestaubten didaktischen Image lösen, das <strong>in</strong> Ungarn bzgl. der <strong>K<strong>in</strong>der</strong>literatur vorherrscht.<br />
Junge Verlage, <strong>die</strong> sich mit frischeren Programmen präsentieren, wie CSIMOTA, PAGONY,<br />
SCOLAR, VIVANDRA, NAPHEGY, HOLNAP, CERKABELLA, CERUZA, MAGVETÕ<br />
oder auch GENERAL PRESS haben sich erst vor drei Jahren zu e<strong>in</strong>em Verband zusammen<br />
geschlossen (Association of Hungarian Children’s Books Publishers) – e<strong>in</strong> Vorgang, der von<br />
der Professionalisierung des Marktes zeugt. Dennoch bef<strong>in</strong>det sich der ungarische <strong>K<strong>in</strong>der</strong>-<br />
<strong>und</strong> Jugendbuchmarkt sowohl <strong>in</strong>haltlich als auch strukturell <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Umbruchphase.<br />
Dass sich der Markt auf der Suche nach neuen L<strong>in</strong>ien <strong>und</strong> Perspektiven zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t, lässt<br />
sich auch daran ablesen, welche Titel aus dem Ausland <strong>über</strong>haupt <strong>über</strong>setzt werden, um<br />
entweder Lücken im e<strong>in</strong>heimischen Markt zu füllen oder um dessen Schwerpunkte weiter zu<br />
stärken. Neben deutschen (modernen) Klassikern wie (Ende, Maar, Preußler, Nöstl<strong>in</strong>ger oder<br />
Kästner) trifft man zunächst auf den tschechischen „Maulwurf“ von Zdenek Miler oder den<br />
englischen Bär Padd<strong>in</strong>gton (Michael Bond) oder Eric Carles „Raupe Nimmersatt“. Aus dem<br />
anglophonen Raum f<strong>in</strong>det man ansonsten natürlich „Harry Potter“, massenkompatible<br />
Mädchenbücher <strong>und</strong> Vampirliteratur (Darren Shan), aber auch auf e<strong>in</strong>en John Green. Aktuell<br />
werden aus dem Deutschen besonders Cornelia Funke, Janosch, Thomas Brez<strong>in</strong>a, Kai Meyer,<br />
aber auch Mirjam Pressler, Isabel Abedi, Rotraut Susanne Berner <strong>und</strong> Beate Teresa Hanika<br />
<strong>über</strong>setzt, <strong>und</strong> man kann erkennen, dass neben den noch dom<strong>in</strong>anten spielerischen<br />
<strong>K<strong>in</strong>der</strong>buchstoffen, auch gesellschaftskritischere Autoren (Pressler, Hanika) mittlerweile e<strong>in</strong>e<br />
Chance erhalten. Es ist nur e<strong>in</strong>e Frage der Zeit, wann auch <strong>die</strong> e<strong>in</strong>heimische ungarische KJL<br />
<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Bereich endgültig Fuß fasst.<br />
Wagt man noch den umgekehrten Blick aus Ungarn nach Deutschland, so fällt auf, dass trotz<br />
des seit Jahren bestehenden Trends, ungarische Erwachsenenliteratur <strong>in</strong> Deutschland zu<br />
veröffentlichen, kaum ungarische <strong>K<strong>in</strong>der</strong>bücher <strong>über</strong>setzt werden. Der Passauer Schenk-<br />
Verlag zeigt sich bisher am engagiersteten, <strong>und</strong> aus Ungarn selbst kommen viele<br />
90 Ungarisches Amt für Statistik: http://stat<strong>in</strong>fo.ksh.hu/Stat<strong>in</strong>fo/haViewer.jsp<br />
91 Ungarisches Amt für Statistik: http://stat<strong>in</strong>fo.ksh.hu/Stat<strong>in</strong>fo/haViewer.jsp<br />
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