Wissen was wirkt | Wirkungsprofile 2015 der Ashoka Fellows
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Hildegard Schooß<br />
Mehrgenerationenhäuser und Mütterzentren<br />
Was machen Mütterzentren und Mehrgenerationenhäuser?<br />
Mütterzentren und Mehrgenerationenhäuser sind offene<br />
Häuser – wie „öffentliche Wohnzimmer“ – in welchen<br />
alle Menschen Gelegenheiten zur Begegnung, Beratung,<br />
informellen Bildung und Beschäftigung sowie Dienstleistungen,<br />
Betreuung und Pflege finden.<br />
Hildegard Schooß etabliert mit Mütterzentren und<br />
Mehrgenerationenhäusern neue Orte <strong>der</strong> Begegnung,<br />
Betreuung und Pflege sowie <strong>der</strong> nachbarschaftlichen<br />
Unterstützung und ökonomischen Entfaltung. Ihr Motto:<br />
„Wir leben Leben.“<br />
Besucher werden von Gastgeberinnen empfangen. Sie<br />
schaffen eine familiäre Atmosphäre des Willkommens,<br />
somit kann sich vielfältige Begegnung und Aktivität entwickeln.<br />
Diese lebenserfahrenen Frauen sind Fachkräfte<br />
für offenes Lernen und Handeln. Sie teilen Menschen<br />
nicht in Problem- o<strong>der</strong> Zielgruppen ein, son<strong>der</strong>n stärken<br />
sie ganzheitlich. Die Gastgeberinnen vernetzen Generationen<br />
und helfen, Alltagsprobleme gemeinsam zu lösen.<br />
Bürgerschaftliches Engagement, Selbstorganisation und<br />
Eigenverantwortung bilden sich auf diese Weise verlässlich<br />
und nachhaltig. Das „Prinzip Gastgeberin“ ist in den<br />
Mütterzentren entstanden, aber auch auf an<strong>der</strong>e Einrichtungen<br />
mit offenen Strukturen übertragbar. Dazu wurde<br />
ein Curriculum erarbeitet, mit dem qualifizierte Trainerinnen<br />
praxisnahe Trainings anbieten.<br />
Die Sozialunternehmerin<br />
Aufgewachsen in einer Großfamilie übernahm Hildegard<br />
Schooß bereits mit 17 Jahren eine Filiale im Betrieb ihrer<br />
Eltern. Nach <strong>der</strong> Heirat – verbunden mit einem Wohnortwechsel<br />
– erlebte sie selbst, <strong>was</strong> es bedeutet, nicht<br />
in einer Nachbarschaft verankert zu sein.<br />
Als ihr erstes Kind auf die Welt kam, wollte sie sich für<br />
Familien einsetzen und Nachbarschaften stärken. 1980<br />
mietete sie einen Raum und eröffnete das erste Mütterzentrum<br />
in Deutschland, in das alle Menschen, wie in<br />
einer Großfamilie o<strong>der</strong> Dorfgemeinschaft, ihre Stärken<br />
einbringen, sich mit an<strong>der</strong>en austauschen und Unterstützung<br />
finden können.<br />
1985 gründete sie den Bundesverband <strong>der</strong> Mütterzentren<br />
und sorgte für die flächendeckende Verbreitung <strong>der</strong><br />
Einrichtungen, die als Vorbild für das Konzept Mehrgenerationenhäuser<br />
in Deutschland dienten. Bis 2004 war<br />
sie Leiterin des ersten Mütterzentrums in Salzgitter.<br />
Hildegard Schooß ist <strong>Ashoka</strong> Fellow seit 2010.<br />
Warum ist das wichtig?<br />
Gesellschaftliche Umbrüche erschweren eine verlässliche<br />
Betreuung von Kin<strong>der</strong>n, alten und kranken Menschen.<br />
Die Ursachen sind: <strong>der</strong> demografische Wandel, die Umbrüche<br />
in <strong>der</strong> Arbeitswelt und die gefor<strong>der</strong>te Mobilität,<br />
ökonomische und soziale Armut in Familien und im Alter<br />
sowie die Mehrbelastung durch steigende Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> Pflege alter und dementer Menschen. Hinzu<br />
kommen die Zunahme von Singlehaushalten und <strong>der</strong><br />
Wegfall solidarischer Nachbarschaftsstrukturen sowie<br />
sinnstiften<strong>der</strong> Institutionen.<br />
Die Zentren und Häuser geben Orientierung, beteiligen,<br />
bilden, stärken und för<strong>der</strong>n Menschen. Hier erfahren sie<br />
Zugehörigkeit und erleben Wertschätzung. Im institutionalisierten<br />
Bildungssystem fehlt es an offenen Gelegenheiten<br />
zum Lernen. Mütterzentren und Mehrgenerationenhäuser<br />
integrieren dagegen Bildung in den Alltag und<br />
stellen Lernorte in <strong>der</strong> Nachbarschaft her, wo handlungsorientiertes<br />
Lernen nach den individuellen Bedürfnissen<br />
Selbstverständlichkeit ist.